Bankenregulierung 4.0 – Noch mehr regulieren oder gar nicht mehr?

CDU/CSU zur Bundestagswahl 2017

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Die Union will in den nach der Bundestagswahl beschlossene Regeln evaluieren. Besonderheiten des deutschen Bankensystems sollen stärker in der Regulierung berücksichtigt und die sogenannte „Small Banking Box“ eingeführt werden.   

 

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Parteien zur Bundestagswahl 2017

Die finanzpolitischen Sprecher der im Bundestag vertretenen Parteien wurden eingeladen, den Lesern des Bank Blog die für die Finanzdienstleistungsbranche relevanten Inhalte ihres Programms zur Bundestagswahl 2017 vorzustellen. Im folgenden finden Sie den Beitrag der CDU/CSU.

„Banken „verzocken“ das Geld der Kunden, schaffen neue Gebühren und am Ende müssen die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler sowieso die Zeche zahlen“, sagen die einen und fordern mehr Regulierung.

„Die Zinsen sind zu niedrig, es ist zu viel Bürokratie und wir können uns bei so viel Verbraucherschutz nicht mehr auf das eigentliche Bankgeschäft konzentrieren“, sagen die anderen und fordern eine Regulierungspause.

Die Wahrheit liegt wie immer in der Mitte: Die Folgen aus anhaltender Negativzinsphase, den Kosten der Regulierung und dem steigenden Wettbewerbsdruck – auch von sogenannten FinTechs – sind in der Tat die drängendsten Probleme der Banken, Versicherungen und Bausparkassen und haben natürlich auch Auswirkungen auf die Kunden. Die Bewältigung dieses Spannungsfeldes dürfte alle Beteiligten – auch die Politik – in den nächsten Jahren vor große Herausforderungen stellen. Als Union haben wir hier einen klaren Kompass!

Es wird Zeit: Ausstieg aus der Negativzinsphase einleiten!

Wir als Politik haben keinen Einfluss auf die Höhe der Zinsen. Dies kann nur die Europäische Zentralbank (EZB). Die ist aber unabhängig. Unabhängigkeit bedeutet aber nicht, dass man Risiken ausblenden darf. Insbesondere dürfen nicht einfach gut funktionierende Langfristfinanzierungssysteme in Deutschland ohne Rechtfertigung in Schwierigkeiten gebracht werden. Die EZB kontert: Deutschland ist nicht allein in Europa und der Rest Europas braucht niedrige Zinsen. Selbstverständlich darf in der Debatte nicht übersehen werden, dass die EZB nicht nur für Deutschland tätig wird, sondern für Europa. Selbstverständlich muss aber auch sein, dass die EZB anerkennt, dass die anhaltende Negativzinsphase den deutschen Langfristfinanzierungs-systemen nachhaltig Schaden zufügen kann. Angesichts der wieder steigenden Inflation ist die Zeit reif, um den Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik einzuleiten. Ein erster Schritt könnte die Abschaffung des negativen Einlagenzinses sein. Dann müssten wir auch nicht mehr über höhere Gebühren oder schmale Tagesgeldzinsen reden.

Regulierung macht auch mir keinen Spaß!

Wir haben seit dem Ausbrauch der Finanzkrise Vieles reguliert: z. B. mehr Eigenkapital, Haftungskaskade, bessere Aufsicht. Da mussten sich die Banken und Versicherungen schon Einiges gefallen lassen. Man darf aber nicht vergessen, dass die Regulierung kein Selbstzweck ist und als Konsequenz aus der weltweiten Finanzkrise notwendig war. Viel Vertrauen ist auf dem Weg verlorengegangen. Dieses Vertrauen hat nicht die Politik oder der Kunde verspielt, sondern die Banken selbst. Hätten alle Banker verantwortungs-bewusst gehandelt und beraten, würden wir nur über Finanzmarktförderung und nicht über Regulierung schreiben. Es war daher richtig, die Regulierung nach der Lehman-Krise zügig voranzutreiben, um das verlorengegangene Vertrauen zurückzugewinnen. Dies ist zu großen Teilen auch gelungen.

Besser regulieren, nicht mehr!

Die Regulierung der Finanzmärkte muss aber vor allem zielgerichtet sein und jederzeit die Wechselwirkungen zwischen den Maßnahmen berücksichtigen. Dies müssen wir jetzt evaluieren und analysieren. Dies gilt umso mehr, als das deutsche Bankensystem von vielen Besonderheiten geprägt ist.

Eine Besonderheit sind die vielen regional begrenzt tätigen Finanzinstitute, die ihre Region mit Krediten versorgen: unsere Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken. Bei der Umsetzung der Basler Eigenkapitalvorschriften in europäisches Recht wollen wir daher, dass eine proportionale Regulierung ermöglicht wird, die der Finanzstabilität, der Finanzierung sowie der Wettbewerbsfähigkeit der Realwirtschaft und insbesondere des Mittelstandes, sowie der Struktur und den bewährten Besonderheiten der deutschen Kreditwirtschaft angemessen ist. Dabei fordern wir die Europäische Kommission auf zu prüfen, für welche Institute aufgrund ihrer Größe, Komplexität und ihres Geschäftsmodells eine volle Implementierung anzustreben ist.

„Small Banking Box“ einführen!

Wir wollen, dass die Regulierung eine Differenzierung zwischen den Banken dergestalt berücksichtigt, dass kleinere, nicht international tätige Banken wegen ihrer verminderten systemischen Risikoanfälligkeit und Komplexität von sie belastenden Regeln ausgeschlossen oder zumindest in nur geringerem Maße betroffen werden („Small Banking Box“).

Beschlossene Maßnahmen umsetzen und Regeln einhalten!

Wolfgang Schäuble sagt häufig: Es wäre gut, wenn wir das, was wir gemeinsam beschlossen haben, auch einhalten. Das ist leider nicht überall so. Die Rettung der spanischen Banco Popular ist ein gelungenes Beispiel dafür, dass unsere Regeln auch wirken. Leider gab es aber auch die Beispiele in Italien. Um das mit den europäischen Regeln für vereinbar zu erklären, muss man schon sehr kreativ sein.

Erst, wenn beschlossene Regeln wirken, können neue in Angriff genommen werden!

Beschlossen haben wir zum Beispiel, dass alle Mitgliedstaaten in der EU nationale und bankenfinanzierte Einlagensicherungsfonds aufbauen, damit im Entschädigungsfall Bankeneinlagen der Kunden bis zu 100.000 € garantiert sind. Bis 2024 sollen diese grundsätzlich mit 0,8 Prozent der national gesicherten Einlagen ausgestattet werden. Obwohl wir von funktionierenden Systemen in vielen Mitgliedstaaten noch weit entfernt sind, möchte die Europäische Kommission über mehr Einlagensicherung sprechen. Dies ist kaum nachvollziehbar. Ich kann verstehen, wenn Banker hierbei das Gefühl haben, dass man in Deutschland dafür bestraft wird, dass Banken über Jahre und Jahrzehnte Vorsorge getroffen haben.

Wichtig ist vielmehr, dass wir jetzt mutig und zügig die Reduzierung von Risiken und die Einhaltung der bislang beschlossenen Regeln angehen, bevor wir über weitere Schritte der Bankenunion nachdenken. Unser Ziel bleibt, Steuerzahlerinnen und Steuerzahler möglichst nicht mehr für Bankenpleiten zahlen zu lassen.

Digitalisierung des Finanzsektors fördern!

Innovation und Fortschritt unterstützen wir. Wir wollen daher für FinTechs Rahmenbedingungen schaffen, die das Spannungsverhältnis zwischen Nutzerfreundlichkeit und Einhaltung aufsichtsrechtlicher Pflichten berücksichtigt und lösen können.

Was die Regulierung der FinTechs betrifft, so gilt unser altbewährter Grundsatz: So wenig wie möglich, so viel wie nötig. Bei etwaigen Regulierungslücken, bei denen Verbraucher und/oder Wettbewerber geschädigt werden, wo keine Transparenz herrscht, werden wir handeln. Aus unserer Sicht darf es aber keine Regulierungsunterschiede geben – Gleiches muss auch gleich behandelt werden. Es muss auch hier ein „level-playing-field“ geben.

Fazit: Der Kompass der Union steht auch in Zukunft auf zielgerichteter Regulierung, wo immer es nötig ist. Es wäre aber im Sinne aller, wenn kein Anlass für diese Notwendigkeit gesetzt würde!


Der Beitrag ist Teil einer Serie „Parteien zur Bundestagswahl 2017“. Dazu wurden die finanzpolitischen Sprecher aller im Bundestag vertretenen Parteien eingeladen, einen Gastbeitrag für den Bank Blog zu verfassen. Ziel soll es sein, zu präsentieren und zu erläutern, was Banken, Sparkassen und FinTechs sowie deren Kunden von den jeweiligen Parteien – im Fall einer Regierungsbeteiligung – zu erwarten haben. Dies betrifft regulatorische Themenstellungen ebenso wie volkswirtschaftliche und ordnungspolitische Rahmenbedingungen mit entsprechender Relevanz.

Die Serie ist als Beitrag zur Meinungsbildung gedacht.

Gehen Sie am 24. September wählen oder nutzen Sie die Möglichkeit zur Briefwahl!

Über den Autor

Antje Tillmann

Antje Tillmann ist Steuerberaterin und Diplom-Finanzwirtin und seit 2002 Mitglied des Deutschen Bundestages. Sie kandidiert im Wahlkreis „Erfurt, Weimar und das Grammetal". Sie war von 2011 bis 2013 stellvertretende Finanzausschussvorsitzende und ist seit 2014 finanzpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Sie war Koordinatorin ihrer Fraktion in der Arbeitsgruppe Finanzbeziehungen im Rahmen der Föderalismuskommission I, Berichterstatterin in der Föderalismuskommission II und Verhandlungsführerin zur Einführung der Schuldenbremse. Ihr Leitgedanke in der Finanzmarktregulierung ist: „So wenig wie möglich, so viel wie nötig."

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