Kurz Erklärt: Chancen im Rahmen des Kontext-Bankings

Beispiele und Erkenntnisse aus der Finanzbranche und der Wissenschaft

Abonnieren Sie den kostenlosen Bank Blog Newsletter

Viele Dinge, die Menschen sich leisten wollen, sind ziemlich teuer. Wie kostspielig es wird, das realisieren viele Kunden erst dann, wenn sie ganz konkret vor der Kaufentscheidung stehen. Dies ist für die Hausbank des Kunden eine Chance und ein Risiko zugleich.

Kontextbezogene Analysen ermöglichen Banking beim Einkaufen

Kontextbezogene Analysen ermöglichen die Kombination von Finanzprodukten mit Shopping.

Partner des Bank Blogs

Horváth ist Partner des Bank Blogs

Egal ob Fernseher, Küche oder Auto: Meistens haben sich die Kunden bereits im Fachhandel in das Objekt in ihrer Begierde verliebt und suchen nach Finanzierungsmöglichkeiten, falls ihre Ersparnisse nicht ausreichend sind. Hierbei werden häufig Konsumentenkredite als bequeme Lösung gewählt. Dies bedeutet eine riesige Chance für die Hausbank, wenn sie in diesem Moment den passenden Kredit anbieten kann. Dies wäre mit Hilfe der verschiedenen Banking Apps technologisch leicht machbar, jedoch haben die Banken in der Regel derzeit noch Schwierigkeiten den jeweiligen Kontext des Kundenhandelns rechtzeitig zu verstehen.

Gleiches gilt natürlich auch für den Online-Kanal, wo viele Händler inzwischen selbstverständlich auch Ratenkredite oder 0-Prozent-Finanzierungen im Check-Out-Prozess anbieten. Die Plätze als Finanzierungspartner sind heißbegehrt. Häufig haben die großen Marken bereits eigene Finanzinstitute wie z.B. die Mercedes-Benz Bank oder die Ikano Bank (Ikea) erschaffen, weshalb die jeweiligen Hausbanken der Kunden immer häufiger das Nachsehen haben. Während sie darauf warten, dass der Kunde zu ihnen in die Filiale kommt, um ein Vergleichsangebot einzuholen, werden die Kredite als alternative Zahlungsweise am Point of Sale integriert.

Bequeme Bezahlprozesse bedeuten häufig weniger Sichtbarkeit für Banken

Hinzu kommt noch, dass Plattformen wie Mytaxi, Uber oder Airbnb Bezahlfunktionen direkt in ihre App integriert haben. Ziel ist es, den Kunden den Bezahlprozess so einfach und bequem wie möglich zu machen, damit dieser nicht vom eigentlichen Nutzungserlebnis ablenkt. Hierdurch verlieren die Hausbanken jedoch ihre Sichtbarkeit und werden zu einem reinen Dienstleister im Hintergrund.

Trotzdem werden sich nicht einmal Banker die Zeiten zurückwünschen, in denen in den oben genannten Beispielsituationen mit Bargeld oder per Überweisung bezahlt werden musste. Denn durch den nahtlosen Übergang und der zuvor beschriebenen angenehmen User Experience des Bezahlprozesses steigt auch die Anzahl der genutzten dahinterliegenden Bankdienstleistungen. Finanzdienstleistungen werden so immer tiefer in Vertriebsprozesse der Unternehmen und somit in das alltägliche Leben der Menschen integriert.

Die Übergänge von der Lifestyle-App zum Bezahlprozess der Bank sind fließend, wie die oben genannten Plattformen zeigen. Google Pay und Apple Pay sind zwei weitere Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit für die Verschmelzung von Marken und Bezahlprozessen. Viele Banken haben in diesem Zusammenhang Angst, dass ihre Dienstleistungen austauschbar werden, wo nur noch der günstigste Preis zählt. Doch wie können Banken diesen Trend zu ihren Gunsten nutzen?

Kontext-Banking bedeutet nie zuvor dagewesene Kundenzentriertheit

Eine Möglichkeit wäre es, auf den bestehenden Trend des Kontext-Bankings aufzuspringen. Hierbei wird der Hauptfokus weg vom Vertrieb der eigenen Produkte auf die Schaffung von Mehrwert für den Kunden verschoben. Dementsprechend ist die relevante Frage nun nicht mehr, welche Produkte die Bank dem Kunden verkaufen will, sondern in welchen Kontext der Kunde die Bank benötigt.

Die Bank muss sich einer absoluten Kundenzentriertheit verschreiben und entsprechendes Verständnis für den Kundenalltag aufbauen. Ziel ist es, die Anzahl an Marketingansprachen zu verringern und diese dafür gezielter auszusteuern, um den Kunden das richtige Produkt zur richtigen Zeit am richtigen Ort über den richtigen Kommunikationskanal anzubieten.

Das bedeutet einen grundlegenden Kulturwandel für die Kreditinstitute. Die Bank tritt mit ihren Produkten in den Hintergrund und muss es schaffen, sich möglichst barrierefrei und ohne Medienumbrüche als Dienstleister in den Alltag der Kunden und in die Prozesse anderer Unternehmen einzubinden, um so dem Kunden einen konkreten Mehrwert bieten.

Für erfolgreiches Kontext-Banking werden Partnerunternehmen notwendig

Banken müssen in diesem Zusammenhang verstehen, dass sie für ein erfolgreiches Kontext-Banking mit Partnerunternehmen zusammenarbeiten müssen, die näher am alltäglichen Leben der Bankkunden sind als die Banken selbst. Viele Banken verfolgen derzeit den Aufbau einer eigenen Finanzplattform mit Lifestyle-Elementen als großes Ziel, haben bisher jedoch häufig nur mäßigem Erfolg, da viele andere Apps des täglichen Lebens hierfür deutlich besser prädestiniert sind. Vergleicht man beispielsweise die tägliche Nutzungsdauer von beliebten Apps wie WhatsApp mit der täglichen Nutzungsdauer der Banking Apps, wird dies besonders sichtbar.

Erfolgsversprechender erscheint in diesem Zusammenhang der Ansatz, dass man den Lifestyle-Plattformen das Kunden-Frontend überlässt und als Dienstleister im Hintergrund die Plattform um Finanzprodukte anreichert. Der Vorteil ist, dass es bereits viele interessierte Unternehmen gibt, die den Mehrwert für das ergänzende Angebot von kontextuellen Finanzdienstleistungen erkannt haben. Für diese Unternehmen muss nur eine passende Kooperationsform gefunden werden, was den Aufbau eines solchen Öko-Systems erleichtert.

APIs sind die kritischen Erfolgsfaktoren im Kontext-Banking

Besonders für kleinere und mittlere Banken gilt es, Kooperationspartner mit entsprechenden Nutzerzahlen zu finden, mit denen man die eigenen Produkte skalieren kann. Der besondere Charme dieses Ansatzes entfaltet sich, wenn die Bank zeitgleich Dienstleister im Hintergrund von mehreren Lifestyle-Plattformen mit unterschiedlichen Zielgruppen ist und so ihre Produktabschlüsse signifikant erhöhen kann. Die Partnerplattformen profitieren wiederum davon, dass die jeweiligen Finanzprodukte als kontextueller Banking-Service schneller und vereinfacht von den Kunden genutzt werden können. Der Konsumentenkredit kann schneller genehmigt und mit individuellen Sonderkonditionen vergeben werden, da der Kreditnehmer bereits über eine andere Lifestyle-Plattform bekannt ist.

Der Zwang zu offenen Schnittstellen im Rahmen der PSD2 sollte hierbei als Ertragschance und nicht als regulatorische Pflicht begriffen werden. Denn mit Hilfe dieser APIs erschaffen die Banken eine echte Plattform im Sinne der Plattformökonomie, selbst wenn sie hierbei nur im Hintergrund agieren.

Banking ist für Kunden häufig nur ein Mittel zum Zweck

Für die Mehrheit der Kunden werden Finanzen auch in Zukunft kein spannendes Produkt sein. Viele Kunden haben Freude daran, zwanzigmal den gleichen Sneaker mit unterschiedlichen Farben zu vergleichen, sind jedoch nicht auch nur ansatzweise bereit, einen solchen Zeitaufwand beim Vergleich von Finanzprodukten zu betreiben. Menschen wollen sich lebensnotwendige, nützliche oder schöne Dinge kaufen, in ferne Länder reisen oder die Traumimmobilie erwerben. Banking ist hierbei nie Selbstzweck, sondern immer nur Mittel zum Zweck, nämlich dem Kauf und Handel von Gütern.

Aus dieser Perspektive tritt das klassische Banking in den Hintergrund und das gekaufte Produkt oder der genutzte Service in den Fokus. Wer im Wettbewerb erfolgreich sein möchte, darf deshalb nicht darauf warten, dass die Kunden dank Produktwerbung zu ihm kommen. Er muss vielmehr geräuschlos bereitstehen, wenn der Kunde ihn braucht.

Damit die Hausbank wieder erster Ansprechpartner für Konsumentenkredite bleibt, ist der mobile Kommunikationskanal äußerst wichtig. Denn das Smartphone ist immer in der Tasche, in der Regel nur eine Armlänge von der nächsten potenziellen Kundeninteraktion entfernt und der stetige Begleiter der Kunden im Alltag. Dies ist auch einer der Gründe, warum die comdirect bank AG konsequent auf mobiles Banking setzt. Wir bieten in diesem Zusammenhang bereits erfolgreich unseren 3-Raten-Service an, der den Kunden ermöglicht, Kreditkartenzahlungen ab 300 Euro in drei monatliche Raten zu splitten. Durch eine SMS wird der Kunde direkt nach der Kartenzahlung auf diesen Dienst hingewiesen, wodurch comdirect erfolgreich mit den Konsumentenkrediten am POS konkurriert und den eigenen Kunden eine attraktive Alternative anbietet.

Verhaltensmuster durch KI erkennen, die dem Kunden selbst nicht bewusst sind

Um den Kunden das richtige Produkt zur richtigen Zeit am richtigen Ort anbieten zu können, werden viele Banken bei der Auswertung ihrer bestehenden Big Data-Schätze mit Technologieunternehmen kooperieren. Es gilt hierbei zu verstehen, warum der Kunde beispielsweise immer bei EDEKA und Lidl, jedoch nie bei REWE oder Aldi einkaufen geht. Mit Hilfe von KI sollen Verhaltensmuster verstanden werden, die im Idealfall dem Kunden selbst nicht bewusst sind. Hierbei werden die Standorte der jeweiligen POS sowie die GPS-Daten der Smartphones eine immer wichtigere Rolle spielen.

Diese Daten datenschutzkonform auszuwerten wird zudem eine zusätzliche Herausforderung. Wichtig ist hierbei, dass das Verständnis für die jeweilige Lebenssituation der kritische Erfolgsfaktor sein wird. Man muss sich immer wieder vor Augen führen, dass jede Lebenssituation so individuell wie der Mensch selbst ist. Denn eine Verknüpfung von beliebigen oder falschen Ableitungen mit der jeweiligen Lebenssituation wird den gewünschten Handlungsimpuls bei den Kunden nicht auslösen. Neben KI sind APIs die technische Basis des Kontext-Bankings. Durch die APIs können moderne Finanzdienstleistungen in das bestehende Angebot von Partnerunternehmen integriert und überall dort zur Verfügung gestellt werden, wo der Kunde diese benötigt.

Dies ist auch einer der Gründe, warum comdirect inzwischen sowohl eine Trading- als auch eine Banking-API anbietet und diese Partnerunternehmen anbietet. Durch die offenen API-Strukturen können die Partnerunternehmen flexibel neue Finanzprodukte anbinden und ihr Produktportfolio erweitern. Neben Startups werden auch immer mehr etablierte Unternehmen ihre Wertschöpfung durch Finanzprodukte erweitern, wodurch die Nachfrage nach Banking-as-a-Service-Angebote signifikant steigen wird. Die Kunden profitieren so von einem zeitgemäßen Angebot und können Dienste nutzen, die ansonsten nicht von Banken angeboten werden, müssen jedoch nicht auf die mit Banken verbundene Sicherheit verzichten.

Über den Autor

Pidder Seidl

Pidder Seidl ist Head of comdirect Startup Garage und arbeitet bei der comdirect bank im Innovationmanagement und Business Development. Vor seiner Zeit bei der comdirect bank hatte er sein eigenes Startup gegründet und war als selbstständiger Unternehmensberater tätig

Vielen Dank fürs Teilen und Weiterempfehlen


Mit dem kostenlosen Bank Blog Newsletter immer informiert bleiben:

Anzeige

Get Abstract: Zusammenfassungen interessanter Businessbücher

Kommentare sind geschlossen

Bank Blog Newsletter abonnieren

Bank Blog Newsletter abonnieren