Was sind Chatbots? Und was haben sie mit dem Bankgeschäft zu tun? In der nahen Zukunft eine ganze Menge. Sie bieten vielfältige Vorteile für Institute und Kunden. Banken und Sparkassen sollten sich daher frühzeitig mit dem Thema befassen.
Chatbots können Banken, Sparkassen und deren Kunden vielfältige Vorteile bieten. Denn die „Plauder-Roboter“ sind smarte Programme, die Unterhaltungen mit Menschen führen. Sie können die komplette Steuerung eines Profils auf einer Messenger– oder Social-Media-Plattform übernehmen und automatisch auf Chat-Fragen reagieren. Sie stehen aber auch auf der Website oder in einer App rund um die Uhr den Kunden für Fragen zur Verfügung. Ihre Antworten generieren Chatbots, indem sie die Fragen ihres Gegenübers mittels „Natural Language Processing“ verarbeiten. Dabei erkennen sie nicht nur Stichwörter, sondern per tieferer Sprachanalyse das eigentliche Anliegen des Kunden und sogar seine Stimmung. Dank „Machine Learning“ entwickeln sie sich durch jede Kommunikation mit Menschen weiter und verbessern sich damit kontinuierlich.
Messaging: Hype oder eine nachhaltige Änderung des Kommunikationsverhaltens?
Ist eine Messaging-App bereits ein geeigneter Kommunikationskanal für ein Kreditinstitut und seine Kunden? Um die Frage zu beantworten, reicht ein Blick auf das vorhandene Zahlenmaterial. Es liefert eine schlichte Antwort: ja. Mehr als 90 Prozent aller 16- bis 29-Jährigen in Deutschland nutzen laut einer Statista-Studie aus dem vergangenen Jahr den Nachrichtendienst WhatsApp. In der Altersgruppe der 30- bis 44-Jährigen sind es 75 Prozent der Befragten, bei den 45- bis 59-Jährigen immerhin jeder Zweite. Dabei verbringen die Nutzer im Durchschnitt 40 Minuten pro Tag in der App. Doch nur 17 Prozent der Bankkunden geben an, dass ihr Geldhaus ihnen die Möglichkeit bietet, mit ihm per Chat zu kommunizieren.
Hier besteht eine enorme Diskrepanz zwischen den neuen Gewohnheiten der Kunden und dem Angebot der Finanzinstitute. Bleibt die sich hier auftuende Servicelücke bestehen, entfernen sich die Banken zunehmend von den Kommunikationswünschen der Kunden und wirken altmodisch. Gerade auf die Jüngeren, die mittlerweile mehr texten als telefonieren.
Welchen Nutzen „kluge“ Chatbots bringen
Eine permanente Chat-Erreichbarkeit mit Menschen abzubilden, ist kostenintensiv. Hier können die „intelligenten“ Chat-Programme ihr Potenzial entfalten. Aktuell lassen sich Chatbots bei Banken in zwei Kategorien aufteilen:
Banken können reine „Service-Chatbots“ einsetzen, um mit ihren Kunden unabhängig von Öffnungszeiten in Echtzeit über allgemeine Informationen zu bestimmten Produkten und Services zu kommunizieren. Dabei ist keine Authentifikation notwendig, was den digitalen Austausch beschleunigt: Die Kunden bekommen daher sehr schnell Antworten auf ihre Fragen. Sie sparen insgesamt viel Zeit, da sie nicht mehr am Telefon in der Warteschleife hängen oder mehrseitige Formulare ausfüllen müssen. Doch auch für die Geldinstitute hat der Einsatz einen Vorteil: Die Effizienz steigt. Die Service-Center werden durch den Einsatz der Bots deutlich entlastet. Auch entlang der Customer Journey können sie den Vertrieb unterstützen. So können dem Kunden zum Beispiel im Rahmen einer Geschäftsanbahnung letzte Fragen beantwortet und damit die Abbruchsquoten verringert werden.
Online-Banking per Chat
Darüber hinaus ermöglichen es „Banking-Chatbots“, mit dem Geldhaus in einen Austausch über persönliche Informationen – beispielsweise zu Vermögens- und Depotentwicklungen – zu treten oder Überweisungen zu tätigen. Dies passiert nicht mehr über das bisher gewohnte Klicken in einer Portalmaske im Online-Banking oder der Banking-App, sondern über reine Chat-Kommunikation mit der Bank. Damit passt sich das Finanzinstitut den Gewohnheiten der Kunden an und wird Teil ihres Kommunikationsalltags via Chat. Das hat wiederum zur Folge, dass die Kundenbindung in einem sehr wettbewerbsintensiven Marktumfeld gestärkt und das Image deutlich gesteigert wird. Banking wird schneller, einfacher und bequemer.
Chatbots werden Realität: Aktuell hat beispielsweise die Fiducia & GAD auf der IT- und Bankfachmesse COM17 einen Prototypen mit dem Namen „Sarabi“ vorgestellt, der beide beschriebenen Kategorien umfasst. Die Comdirect bietet seit Beginn dieses Monats mittels Alexa die Abfrage der Börsenkurse in Echtzeit an. Auch der Handel der Aktien soll in Zukunft per Sprachsteuerung funktionieren. Auch andere Banken befinden sich derzeit in Entwicklung von Prototypen derartiger Chat-Roboter.
Kunden haben eine sehr hohe Erwartungshaltung
Der Erfolg eines Chatbots und der damit einhergehende Imagegewinn für die Bank hängen enorm davon ab, ob der Kunde in der Kommunikation mit dem Roboter einen Mehrwert für sich erkennt. Ist dem so, wird er von der neuen Dienstleistung begeistert sein. Die Grundvoraussetzung lautet daher: Der Roboter muss einwandfrei funktionieren und nicht bereits bei einfachsten Fragen mit „Ich habe Sie nicht richtig verstanden“ reagieren. Für Banken sollte es nicht die Maßgabe sein, Chatbots um jeden Preis zu entwickeln und bereitzustellen, sondern einen nutzenstiftenden Roboter zunächst an ein bis zwei ausgewählten Stellen in der Customer Journey zu positionieren.
Wie sollten Banken vorgehen?
Die Kreditinstitute sollten aus unserer Sicht zuerst mit der Entwicklung eines „Service-Chatbot“ starten und hiermit Erfahrungen sammeln. Themen wie die Authentifikation und die Anbindung an Banksysteme können damit vorerst noch vernachlässigt werden. So wird die Komplexität reduziert.
Dieser „Service-Chatbot“ sollte zunächst gezielt nur für ein abgegrenztes Themengebiet, beispielsweise zu einem bestimmten Produkt, trainiert werden. Für dieses Thema aber bis in die Tiefe, damit er dem Kunden auch sofort einen Mehrwert stiftet. „Nicht alle Themen auf einmal, dafür besser ein Thema in Gänze“ sollte die Maßgabe sein. Bevor der Chatbot live gestellt wird, sollte er von Bankmitarbeitern ausführlich „trainiert“ werden und in Usability-Tests mit Endkunden erprobt sein.
Auf Basis der gesammelten Erfahrungen kann der Service-Chatbot dann sukzessive um weitere Themengebiete erweitert werden. In einer nächsten Komplexitätsstufe ist beispielsweise auch die Betrachtung des Themas Authentifikation und Anbindung an die Banksysteme möglich, um einen „Banking-Chatbot“ zu entwickeln, über den persönliche Finanz- und Depotdaten ausgetauscht werden können.
Ausblick: Chatbots und Sprachassistenten
Ein Chatbot kann auch die Grundlage für einen Sprachassistenten darstellen. Dabei werden die gleichen Dialoge nicht in Textform, sondern in natürlicher Sprache über Plattformen wie Amazons Alexa oder Apples SIRI geführt. Mit der weiteren Marktdurchdringung dieser Sprachassistenten werden Kunden diesen Service auch von ihren Banken erwarten. Daher sollten Finanzinstitute bereits frühzeitig den ersten Schritt in Richtung Chatbot vollziehen.
Thomas Bergmann Ist Co-Autor des Beitrags. Er begleitet als Berater Banken bei der Digitalisierung ihrer Vertriebs- und Serviceprozesse. Das Themengebiet „Digital Banking“ ist bereits seit 2001 sein Steckenpferd. Er unterstützt seine Kunden bei der Realisierung und Vermarktung neuer digitaler Produkte und Services, damit aus Inventionen tatsächlich Innovationen werden.