Im großen Stil kaufte sich der chinesische Staat vor wenigen Jahren bei europäischen Unternehmen ein. Nach dem Investitionsboom versickerte das Interesse aus Fernost. Nun sind die Chinesen zurück.

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Mitte der 2010er Jahre wandte sich der chinesische Staat dem europäischen Wirtschaftraum zu: Wie die Unternehmensberatung Ernst & Young in einer Studie berichtet, lag das Transaktionsvolumen aus Fernost 2013 bei rund 10,75 Milliarden US-Dollar und 138 Transaktionen – 2014 war es bereits auf 21,5 Milliarden US-Dollar und 165 Transaktionen gewachsen.

Lässt man noch zwei Jahre verstreichen, erklimmt man den Gipfel der chinesischen Wirtschaftsinvestitionen in Europa: Der Studie zufolge gab es 2016 ein Transaktionsvolumen von rund 85,8 Milliarden, verteilt auf 309 Transaktionen. Der Höhepunkt des chinesischen Vorstoßes.

2017 bis 2019 hielten sich die Chinesen zurück. 2020 fielen die chinesischen Investitionen in Europa auf das Minimum der vergangenen Jahrzehnte: Läppische 1,5 Milliarden US-Dollar an Transaktionsvolumen, kaum 130 Übernahmen.

Auch in Deutschland fiel die chinesische Beteiligung im Jahre 2020. Damals gab es hierzulande nur 28 Transaktionen chinesischer Unternehmen. Ein Grund dafür war wohl die Corona-Pandemie.

Die Chinesen sind zurück

Doch glaubt man der Studie, sind die Investoren aus Fernost zurück auf europäischem Parkett: Demnach haben die Chinesen ihr Engagement vom Tiefpunkt des Jahres 2020 (132 Übernahmen) auf 155 Übernahmen gesteigert. Ihr Transaktionsvolumen hätten sie verachtfacht – 2021 seien es wieder rund 12,4 Milliarde US-Dollar gewesen, mit denen sich die Asiaten in der Alten Welt eingekauft habe.

Hohes Investitionsniveau chinesischer Unternehmen in Europa.

In Deutschland seien es statt 28 Transaktionen im Vorjahr 35 Transaktionen gewesen. Das Investitionsvolumen sei von 0,4 auf zwei Milliarden US-Dollar erhöht worden. Achtung: Nicht enthalten sind in dieser Summe Risikokapitalinvestitionen in deutsche Startups in Höhe von 1,9 Milliarden US-Dollar im Jahr 2021, bei denen chinesische Unternehmen als Teil internationaler Investorengruppen aktiv waren.

Wohl nicht das große Comeback

Es bleibt jedoch festzuhalten: Zwar melden sich die Chinesen in Europa zurück, bleiben aber weit hinter den Jahren des Investitionsbooms um 2015 zurück. Dazu trage nach wie vor die Corona-Pandemie bei, wie die Autoren der Studie kommentieren – auch wegen Eindämmungsmaßnahmen wie Reisebeschränkungen, Quarantäneregeln für Reisen aus oder nach China und wohl auch die strenge Lockdown-Politik der chinesischen Partei, die das Virus mit harter Hand in seine Schranken zu verweisen sucht.

Die meisten chinesischen Unternehmen, die schon im Ausland Firmen übernommen haben, hätten sich in den vergangenen Jahren eher damit beschäftigt, die Restrukturierung in Europa voranzutreiben als weiter zu expandieren. Besonders in den Sektoren der Automobilzulieferer und des Maschinenbaus.

Zudem gebe es in bestimmten Branchen inzwischen hohe Hürden für ausländische Beteiligungen und eine steigende Konkurrenz durch kapitalstarke Finanzinvestoren. Der Kaufpreis auf dem M&A-Markt etwa sei zuletzt stark gestiegen. Demnach wollten chinesische Interessenten in einigen Fällen an derartigen Preisrennen nicht mehr teilnehmen.

Interesse an Industrieunternehmen lässt nach

Die meisten Deals spielen sich normalerweise im Industriesektor ab – insbesondere in Deutschland, wo 2021 zwölf der 35 Transaktionen auf Industrieunternehmen fielen. In Europa waren es insgesamt 30 von 155 Transaktionen.

Die Studienautoren betonen aber, dass diese Zahlen rückläufig seien: Denn im Jahre 2020 waren im europäischen Industriezweig noch 36 Transaktionen gezählt worden. Sie kommentieren: Zwar bestehe auf chinesischer Seite durchaus noch Interesse an europäischen Automobilzulieferern und Maschinenbauern – inzwischen allerdings eher in den Subsektoren der Elektromobilität, des autonomen Fahrens und der High-Tech-Materialien.

Investoren aus Fernost verlagern ihren Fokus

Es könnte aber sein, dass das chinesische Interesse sich nur verlagert: Denn die Autoren der Studie fest, dass chinesische Private-Equity-Fonds in Deutschland aktiver werden. Insbesondere in Deutschland habe es im vergangenen Jahr einige große Investitionen in Startups gegeben, bei denen chinesische Investoren maßgeblich beteiligt gewesen seien. Neben deutscher Ingenieurskunst sei vor allem Kompetenz im E-Commerce gefragt.

Zudem gäbe es ein wachsendes Interesse an Spieleentwicklern und Softwareprogrammierern. Der umtriebigste chinesische Investor des vergangenen Jahres, Tencent, habe sich in diesem Segment zuletzt stark engagiert.

Zu guter Letzt werde der Gesundheitssektor – Pharma, Biotech, Medizintechnik – zu einem immer wichtigeren Bereich für chinesische Unternehmen. Die Zahl der Übernahmen und Beteiligungen stieg 2021 von 16 auf 26. Denn Grund für den Anstieg? Laut Studienautoren gäbe es im Gesundheitssektor in China großen Nachholbedarf.

Deutschland bleibt ein Top-Ziel der Chinesen in Europa

Die meisten chinesisch-europäischen Transaktionen des Jahres 2021 wurden in Großbritannien verzeichnet (36 Übernahmen). Deutschland liegt mit 35 Übernahmen nur kurz dahinter auf Platz zwei. Den dritten Platz belegt die Niederlande mit 13 Transaktionen.

Die Autoren der Studie zeigen sich allerdings davon überzeugt, dass Deutschland für chinesische Investoren ein attraktiver Markt bleibe: Viele chinesische Unternehmen hätten mit ihren Investitionen in Deutschland gute Erfahrungen gemacht. Zudem gebe es auf vielen Ebenen inzwischen belastbare Verbindungen zwischen China und Deutschland. In den kommenden Monaten erwarte man weitere chinesische Transaktionen in der Bundesrepublik.

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