Die COVID-19 Pandemie hat noch einmal verdeutlicht, wie essenziell ein Internetanschluss für das Leben und Arbeiten im 21. Jahrhundert ist. Eine Studie von Capgemini betont, dass die Inklusion der Offline-Bevölkerung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist.
Eine Studie des Capgemini Research Institute, die unmittelbar vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie durchgeführt wurde, betont, dass sich durch COVID-19 die Dringlichkeit, Online- und Offline-Bevölkerung zusammenzuführen, noch einmal verstärkt habe. Die Verantwortung sehen die Studienautoren dabei vor allem bei Entscheidungsträgern der Politik, allerdings auch bei Privatunternehmen. Gemeinsam müsse von ihnen der Internetzugang für alle Bevölkerungsschichten ermöglicht werden.
Insgesamt nahmen über 5.000 Personen aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Indien, Schweden und den Vereinigten Staaten zwischen Dezember 2019 und Februar 2020 an der Befragung für die Studie teil. Merkmale und Zusammensetzung der Online-Bevölkerung wurden dabei via Online-Fragebogen untersucht, den insgesamt 3750 Personen bearbeiteten. Davon lebten 44 Prozent in Armut.
Informationen über die Offline-Bevölkerung wurden bei 1000 Personen per telefonischem, bei 304 Personen per persönlichem Interview durchgeführt. Innerhalb der Gruppe der Menschen ohne Internetzugang lebten 69 Prozent in Armut. Zusätzlich dazu wurden Interviews mit 26 Führungskräften von 22 Non-Profit-Organisationen, Wohltätigkeitsorganisationen, NGOs und Privatunternehmen durchgeführt, die sich der Aufgabe der digitalen Eingliederung verschrieben haben.
Wie setzt sich die Offline-Bevölkerung zusammen?
Die Daten über die Einkommenssituation der Befragten beziehen sich auf die Zeit vor der Corona-Krise, Menschen, die durch diese in die Armut rutschten, würden hier nicht erfasst. Insgesamt sei ein Zusammenhang mit finanziell prekären Lebensverhältnissen erkennbar: 69 Prozent der Menschen ohne Internetzugang würden in Armut leben. Fast 40 Prozent der Personen aus finanziell schwachen Gesellschaftsschichten gaben an, das Internet aus Kostengründen noch nie genutzt zu haben. Unter den 22- bis 36-jährigen ohne Internetanschluss seien besonders häufige Gründe die Kosten für das Gerät (56 Prozent) oder den Anschluss selbst (51 Prozent).
48 Prozent der Offline-Bevölkerung wünschten sich jedoch einen Internetzugang. Die Gruppe der Menschen ohne Internetanschluss setze sich nämlich keineswegs nur aus Senioren zusammen, die kein Interesse mehr an neuen Technologien hätten, im Gegenteil: Den größten Teil der Personen ohne Internetzugang bildete die Altersgruppe der 18- bis 36- jährigen mit 43 Prozent. Die Komplexität der Internetnutzung oder ein in Berührungsängsten begründetes mangelndes Interesse zeige sich hingegen besonders häufig bei Menschen über 60 Jahren (65 Prozent) sowie den weiblichen Teilnehmerinnen (54 Prozent).
Die Corona-Krise verschärft die Problematik
Die Pandemie habe den digitalen Wandel in Zusammenleben und Zusammenarbeit von Menschen noch einmal beschleunigt. Die ohnehin bestehenden Nachteile von Menschen ohne Internetanschlüsse würden durch die zunehmende Abhängigkeit von digitalen Angeboten nochmals prekärer. Dies habe auch praktische Auswirkungen: So würden wichtige Gesundheitsinformationen immer häufiger online kommuniziert und laufe so an diesen Teilen der Bevölkerung vorbei.
Der neue Umgang mit öffentlichen digitalen Dienstleistungen und der Ermöglichung von Remote-Arbeit werde sich auch über die Corona-Krise hinaus fortsetzen. Daraus ergebe sich zwangsläufig eine kollektive Verantwortung für Unternehmen wie öffentliche Einrichtungen, die Schere zwischen Online- und Offline- Bevölkerung zu schließen. Dies könne nicht mit einer kurzfristigen Zwischenlösung, sondern nur einem langfristig gedachten Ansatz erreicht werden. Dazu gehöre die Möglichkeit für alle Kinder, an digitaler Bildung teilzuhaben sowie die Professionalisierung bestehender virtueller Angebote.
Offline-Bevölkerung mit schlechten Jobchancen
Karrierechancen und berufliche Mobilität scheiterten bei Offline-Arbeitnehmern häufig bereits daran, dass die Bewerbung online einzureichen sei oder auch an mangelnden Möglichkeiten, die eigenen digitalen Fähigkeiten zu entwickeln. 44 Prozent der Menschen ohne Internetanschluss glaube zudem, dass sie durch einen Internetzugang höhere Chancen auf einen besser bezahlten Job und Weiterbildungsmöglichkeiten hätten.
Auch digitale Weiterbildungsmöglichkeiten relevant
Allerdings sei ein Internetanschluss allein noch nicht ausreichend, wie die Befragung der Online Bevölkerung zeigt. Davon glauben 40 Prozent, durch die Verbesserung ihrer digitalen Fähigkeiten auch ihre Jobaussichten verbessern (34 Prozent) und ihren Kindern eine bessere Zukunftsperspektive bieten könnten (33 Prozent). Zudem glauben 33 Prozent, durch digitale Weiterbildung ihre finanzielle Situation verbessern zu können; auch durch öffentliche Leistungen, die sie derzeit noch nicht erhalten würden (32 Prozent).
Weitere Auswirkungen für Menschen ohne Internetzugang
- Auch für das Privatleben berge das Leben ohne Internetanschluss weitere Nachteile. So könne das Offline-Leben zu Gefühlen der Isolation, Einsamkeit oder Unzulänglichkeit führen. 46 Prozent der Befragten meinten, sie würden sich durch einen Internetanschluss verbundener mit Familie und Freunden fühlen.
- Nur 19 Prozent der Personen ohne Internetzugang gaben an, in den letzten 12 Monaten eine öffentliche Leistung in Anspruch genommen zu haben, sei es aufgrund des Einkommens, Alters, einer Behinderung oder sonstigem. Im Hinblick auf die weitere Entwicklung von E-Governments könne sich diese Tendenz noch verstärken.
- 34 Prozent der Offline-Bevölkerung bekundeten Interesse daran, das Internet zu nutzen, um öffentliche Leistungen in den Bereichen Wohnung, Lebensmittel und Gesundheitsversorgung zu beziehen.
Wie die digitale Inklusion gelingen soll
Die Studienautoren nehmen dafür ausdrücklich auch private Organisationen in die Verantwortung. Diese müssten Verpflichtungen nicht nur gegenüber ihren Stakeholdern, sondern auch gegenüber Kunden, Mitarbeitern und Gemeinschaften wahrnehmen. Dafür seien digitale Inklusion und Gleichberechtigung in die Geschäftsstrategie zu integrieren sowie das ständige Bewusstsein dafür, auch den eigenen Beitrag zur Gesellschaft leisten zu wollen. Von staatlicher Seite hingegen müsste die flächendeckende Ermöglichung von Internetzugang und -verfügbarkeit übernommen werden, besonders für marginalisierte Gruppen. Mehr Internetzugänge im öffentlichen Raum und in Privathaushalten sowie die Ausweitung von digitalen Weiterbildungsmöglichkeiten seien denkbare Maßnahmen. Dafür müsste jedoch die Zugänglichkeit zu Online-Diensten erleichtert und die Kosten für Verbraucher möglichst gering gehalten werden.
Die vier Schlüsselbereiche digitaler Inklusion von Capgemini
Das Unternehmen Capgemini nehme seine Verantwortung und Rolle in der Thematik der digitalen Inklusion vor allem auf vier Schlüsselbereichen wahr:
- Digitale Kompetenz: Hierdurch solle Kindern, Jugendlichen sowie digital ausgegrenzten Menschen die Möglichkeit gegeben werden, mehr Autonomie beim Zugang zu öffentlichen und privaten Online-Dienstleistungen zu erhalten sowie neue Weiterbildungsmöglichkeiten wahrzunehmen.
- Digitale Bildungseinrichtungen: Digital Skills Trainings sollen benachteiligte Bevölkerungsgruppen sowie Menschen abseits des Arbeitsmarkts beim Erlernen der Internetnutzung unterstützen.
- Technologie für eine positive Zukunft: Das Zusammenführen von Technologie, Wirtschaft und Gesellschaft soll wichtige gesellschaftliche Probleme lösen und positive Wirkungen erzielen.
- Thought Leadership: Zusammen mit Think-Tanks und wissenschaftlichen Institutionen sowie Kunden, NGO-Partnern, öffentlichen Einrichtungen und Hochschulen sollen weitere Initiativen im Bereich digitaler Inklusion vorangetrieben werden.
Infografik: Offline versus Online – Die Digitale Kluft
Die folgende Infografik fasst wichtige Ergebnisse der Studie zusammen, zeigt wo die Gründe der digitalen Kluft liegen und wie diese überwunden werden kann:
Die Studie „The great Digital Divide“ können Sie hier direkt herunterladen.
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