Wie sich Deutschland auf die der Corona-Krise folgenden Trends einstellen soll, um seine Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten erfahren Sie im Buch „Coronomics: Nach dem Corona-Schock – Neustart aus der Krise“. Bank Blog Leser haben die Chance, ein Exemplar zu gewinnen.
Die Corona-Rezession beschleunigt absehbare Trends in der Wirtschaftspolitik und dürfte mit bisher undenkbar erscheinenden Maßnahmen von Staaten und Notenbanken Höhe- und Wendepunkt einer seit Jahrzehnten andauernden Entwicklung sein. Deutschland muss sich darauf einstellen, will es nicht als großer Verlierer dastehen
Weltwirtschaft im Corona-Schock
Der Corona-Schock traf eine Weltwirtschaft, die sich trotz massiver Stimulierungsbemühungen der Notenbanken auch nach zehn Jahren nicht von der Finanzkrise erholt hat. Überall in der westlichen Welt lag das Wachstum zum Teil deutlich unter dem Vorkrisentrend. Er traf eine Eurozone, die seit Jahren die ungelösten Probleme auseinanderlaufender Wettbewerbsfähigkeit und anhaltender Schuldenprobleme mit Hilfe der Europäischen Zentralbank unterdrückt. Er traf Finanzmärkte, die getrieben vom billigen Geld, mit immer mehr Leverage – also Schulden – arbeiteten und immer größere Risiken eingingen.
Schon in normalen Zeiten hätten die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie eine schwere Rezession zur Folge gehabt. Nun drohte eine Depression, die das Zeug hatte, die Große Depression der 1930er-Jahre in den Schatten zu stellen.
Die Angst vor der Rezession
Seit Jahren haben Organisationen wie der Internationale Währungsfonds vor den Folgen einer erneuten Rezession gewarnt. Mit Blick auf das schwache Wachstum, die bereits sehr tiefen Zinsen und die zunehmende Verschuldung war allen Beobachtern klar, dass eine weitere Rezession nur sehr schwer zu bekämpfen war.
Die „engere Koordination von Geld- und Fiskalpolitik“ wurde theoretisch vorbereitet: Einschränkung von Bargeld, Besteuerung von Bargeld im Falle von Negativzinsen, Kapitalverkehrskontrollen, die direkte Finanzierung von Staaten – temporär in Form von Helikoptergeld oder dauerhaft als „Modern Monetary Theory“ –, alles stand bereits im Raum, als noch niemand ahnte, was da im Jahr 2020 auf uns zukommen würde.
Dabei haben wir uns mit unserer Wirtschaftspolitik der letzten Jahrzehnte selbst in diese Situation navigiert. Immer, wenn eine Rezession oder eine Krise an den Finanzmärkten drohte, haben die Notenbanken mit großzügigen Liquiditätsspritzen und Zinssenkungen reagiert. Nach der Krise haben sie allerdings die Zinsen nie wieder auf das Niveau von vor der Krise erhöht. In der Folge dieser „asymmetrischen Reaktion“, wie es die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich beschreibt, kannten die Zinsen nur eine Richtung: abwärts.
Strukturell sinkende Zinsen verführen jedoch Unternehmen, Banken und Investoren, mit immer weniger Eigenkapital, dafür mit mehr Einsatz von Schulden zu arbeiten. Da dieser Trend zur Verschuldung auf allen Ebenen – vom Finanzsektor bis zur Realwirtschaft – gleichermaßen erfolgt, wächst die Krisenanfälligkeit des Systems. Die Notenbanken müssen häufiger und stärker intervenieren.
Alleiniges Ziel der Interventionen ist es, die Illusion der Solvenz aufrechtzuerhalten. Um jeden Preis soll und muss verhindert werden, dass es zum Offenbarungseid kommt, weil dieser nicht nur für die betroffenen Schuldner und Gläubiger fatal wäre, sondern für die Weltwirtschaft insgesamt. Nur so lässt sich erklären, dass die Anzahl der Unternehmenskonkurse sowohl in der Finanzkrise wie auch nach dem Platzen der New-Economy-Blase geringer ausfiel als in vorangegangenen Rezessionen, obwohl der Wirtschaftseinbruch deutlich tiefer war.
Corona als perfekte Ausrede
Nun ist der Corona-Schock Beschleuniger und Ausrede zugleich für das, was wir in den kommenden Jahren in der Wirtschaftspolitik erleben werden. Die Staaten sind dabei, ihre Schulden nicht mehr in Milliarden-, sondern in Billionen-Schritten zu erhöhen. Zunächst um einen noch tieferen Absturz zu verhindern, danach, um eine schwer geschädigte Wirtschaft wieder zu mehr Wachstum zu verhelfen. Eine Vielzahl von Konjunkturpaketen dürften in den kommenden Jahren geschnürt werden.
Finanzieren lässt sich das auf normalem Wege schon lange nicht mehr. Selbst Deutschland steht bei genauerer Betrachtung nicht so gut da, wie immer erzählt wird. Während die offizielle Staatsverschuldung vor der Krise bei rund 60 Prozent lag, stiegen die verdeckten Verbindlichkeiten durch immer neue Leistungszusagen – Mütterrente, Rente mit 63 – auf über 100 Prozent des BIP. Schon gar nicht dürfte Deutschland in der Lage sein, die Schulden der Partner im Euro zusätzlich zu schultern.
Auch die Idee, die Schulden über höhere Steuern oder gar Vermögensabgaben zu bedienen, funktioniert bei genauerem Hinsehen nicht. Zum einen müssten die Abgaben erheblich sein, zum anderen macht es in einem gemeinsamen Währungsraum mit Staaten, die traditionell auf die Hilfe der Notenbank setzen, wenig Sinn, in diese Richtung zu gehen. Bleibt als letzte Option die direkte Finanzierung der Schulden durch die Notenbank, die Monetarisierung.
Mitmachen!
Für uns Deutsche klingt das angesichts der Erfahrung aus der Weimarer Republik nach dem sicheren Weg in die Hyperinflation. Das Risiko besteht, es ist aber nicht garantiert, dass es so kommt. Schon in der Vergangenheit haben Staaten sich der Notenbank bedient, um große Herausforderungen zu bewältigen, so die USA bei der Finanzierung des Zweiten Weltkriegs. Voraussetzung ist, dass die Staatsfinanzierung durch die Notenbank nicht der Normalzustand wird.
Deshalb schlage ich in Coronomics vor, dass alle Eurostaaten – auch Deutschland! – einen Teil ihrer Schulden in einem gemeinsamen Fonds bündeln und diesen von der EZB refinanzieren lassen. Diese Schulden sollten zins- und tilgungsfrei gestellt, also faktisch annulliert werden. Dann hätten alle Staaten mehr Spielraum, um die Krise und deren Folgen zu überwinden und Deutschland genügend finanziellen Spielraum, um unterlassene Investitionen in Infrastruktur, Digitalisierung, Bildung und Innovation nachzuholen und das Land zukunftsfähig zu machen.
Die Gefahr ist groß, dass unsere Politik diese einmalige Chance zur Neuausrichtung unseres Landes verpasst. Aus Mangel an Verständnis für die Wirkung von Schulden und den Optionen, die sich im Euroraum ergeben. Dann werden wir in zehn Jahren auf ein verlorenes Jahrzehnt zurückblicken und feststellen, dass wir die großen Verlierer im Spiel der Monetarisierung von Schulden in Europa und der Welt sind.
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3 Kommentare
„Nun ist der Corona-Schock Beschleuniger und Ausrede zugleich für das, was wir in den kommenden Jahren in der Wirtschaftspolitik erleben werden.“ Dieser Satz trifft es auf den Punkt. Schon jetzt ist zu erkennen, dass Fehlentwicklungen die schon weit vor „Corona“ existent waren, mit genau dieser Ausrede kaschiert werden. Insofern bin ich sehr an der Lektüre zu diesem Thema interessiert.
Mich interessiert vor allem der Blick über den Tellerrand auf die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie jenseits der persönlichen Nachteile und Einschränkungen!
Vielen Dank. Das Los hat entschieden und der Gewinner wurde benachrichtigt.