Das Ende von Social in Social Media

Bedeuten die Entwicklungen der letzten Monate das Social Media nicht mehr es selbst ist?

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Das Ende von Social Media

Naht das Ende von Social Media?

Social Media hat in den letzten Jahren durch neue Werbeformen und Veränderung in der Kommunikationen einen starken Wandel durchgemacht. Doch bedeutet dieses das Ende des jungen Kanals? Nein, aber wir werden eine laufende Nutzerbewegung sehen. Dranbleiben ist Pflicht. 

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Social Media ist für Menschen gebaut

Wahrscheinlich eine etwas optimistische Betrachtung der Wirklichkeit, doch in der Anfangszeit von Facebook und Co. stand die Interaktion der Menschen untereinander im Vordergrund. Das Prinzip verfing und wir haben alle fleißig mitgemacht. Doch mit dem rasanten Wachstum der einzelnen Plattformen kam es irgendwann zur Notwendigkeit, dass die Investoren Rendite sehen wollten und die laufenden Kosten – nicht erst seit dem Handling von 100 Millionen aktiven Usern und mehr – durch die Decke gingen. Denn die großen Serverlandschaften, die unsere Wort- oder Bildbeiträge speichern und verteilen müssen, sind aufwendig in der Unterhaltung. Da mag das einzelnen Katzenbild oder die persönliche Bewertung eines gerade gesehenen Films nur eine verschwindend kleine Strommenge verzehren und Speicherplatz in Anspruch nehmen, doch in der Multiplikation durch die hohen Zahlen der Nutzer und deren Aktivitäten liegt eine enorme Potenz … und diese Lawine an Beiträgen führt im Endeffekt zu einer hohen Stromrechnung und einer wahrscheinlich nicht unerheblichen Miete an Serverleistung.

Für viele Plattformbetreiber stand der Börsengang sicherlich von Anfang an fest als Ziel. Und Börsianer wollen ja bekanntlich wissen, wie denn das Geschäftsmodell von Plattform X oder Y nun aussieht und ob es auch funktioniert – sprich einen Return on Invest bringt. Die fleißigen Nutzer mit ein wenig Werbung zu bespielen war ohne Zweifel die einfachste Vorgehensweise. Erst in homöopathischen Dosen später immer deutlicher, denn Werbetreibende wollen ja nicht nur bezahlen, sondern auch den Klick auf ihr Produkt und dabei am Besten auf den Kaufen Button.

Doch wie verändert dieses Social Media?

Social wird geschliffen

In den letzten Jahren haben wir uns daran gewöhnt, dass sich unsere Lieblingsplattformen mehr und mehr mit Werbung gefüllt haben. Dabei ist die Vielfalt der Spielarten schon beeindruckend. Da finden sich schnöde 1:1 Übertragungen von offline Werbung über interaktive Formate bis hin zu redaktionellen Content Marketing Maßnahmen, die so tun als wären sie das Ergebnis neutraler journalistischer Arbeit. Zusätzlich haben viele Unternehmen und Marken einen eigenen Auftritt auf den gängigen Plattformen. Fleißig befüttern wachsende Teams diese Basislager in Social Media zum Gipfelsturm in Richtung auf die Aufmerksamkeit des Nutzers.

Eine bunte Welt und viele Inhalte bieten tatsächlich Mehrwerte oder wenigstens etwas Zerstreuung. Doch wie die kiloschwere Sonntagsausgabe einer überregionalen Zeitung nach der Entfernung von Prospekten, Beilegern, gesponsorten Sonderausgaben etc. scheint auch der Newsfeed in Social Media rein informativ bzw. auf die zwischenmenschlichen Kontakte bezogen zunehmend asketischer zu wirken. Wird der menschliche Aspekt auf das Liken oder Weiterleiten von Unternehmens Botschaften reduziert? …das Winken mit den Fähnchen?

Aber da ist natürlich nicht nur Werbung, sondern auch ein großes Angebot an redaktionellen Beiträgen von Zeitungen, Radio und TV. Es ist schon beeindruckend, wie viel Pressearbeit sich hier in die sozialen Medien ergießt und dem Nutzer einen eindrucksvollen Rundblick auf die Geschehnisse der Welt liefert. Ich möchte hier nicht das Phänomen der Filterblase angehen, sondern gehe erstmal davon aus, dass die Auswahl theoretisch ausreichend ist, um sich vollumfänglich zu informieren. Doch auch hier haben wir als User nur die Chance zu kommentieren und weiterzuleiten.

Doch wo bleibt die Interaktion zwischen den Menschen?

Überlebt Media die stumpfen Horden?

Ok, und wenn wir den medialen Druck aus Unternehmen und Nachrichtenkanälen einmal als gegeben hinnehmen, dann haben wir eben eine große bunte Medienwelt mit kleinen privaten Oasen zwischenmenschlicher Interaktion. Ist was andere als der Urgedanke von Social Media, doch nichts ist so beständig wie der Wandel und dieses dürfte doch gerade für ein so frisches Medium gelten. Also alles gut?

Nein, damit hört es leider nicht auf.

Social Media Trolle soll man nicht füttern

Füttern Sie keine Social Media Trolle

Zum einen sind da die Trolle. Zuerst traten sie nur vereinzeln auf und beschäftigten die Servicekanäle von Unternehmen durch endlose und meist unverhältnismäßige Beschwerden. Später traten sie in Horden auf und verfälschten Unternehmens- oder Produktbewertungen bzw. den subjektiven Eindruck in den sozialen Netzwerken. Dabei bin ich mir ob der Vehemenz mancher Zeitgenossen nicht mehr sicher, ob der soziale Aspekt hier völlig irre führt. Aber kein Tiefpunkt ist so tief, als dass man ihn nicht noch unterbieten könnte. Und die Instrumentalisierung des Trollens durch den Aufbau von Trollfabriken, wo eine große Anzahl von Mitarbeitern den ganzen Tag nicht anderes praktizieren als Kritik am Gegenüber zu üben, dürfte diese Unterbietung sein. Dabei ist der Übergang vom Streuen falscher Information bis hin zum Niederschreien des Betroffenen wohl fließend und kann wohl als Ausdifferenzierung des Trollinstrumentariums gesehen werden.

Wenn dieses Gegeneinander in Social Media sich erst einmal etabliert hat, dann ist der nächste Schritt zum maschinellen Trollen der logische Schritt. Digitalisierung macht hier scheinbar auch vor Trollfabriken keinen Halt. Wer echten Eindruck in der Stimmungslage hinterlassen will, der sollte die Beeinflussung in seinem Sinne automatisieren. Hier kommen Social Bots ins Spiel. Nur so lassen sich Beiträge in ausreichender Zahl in möglichst kurzer Zeit absetzen. Vieles von den Möglichkeiten ist fast Standardwerkzeug der Social Media Marketeers – auch wenn teilweise die Wirkung der Maßnahmen überschätzt wird. Wenn das dann noch mit Big Data Ergebnissen gekoppelt wird, fallen Kritik und Desinformation mit hoher Wahrscheinlichkeit auf fruchtbaren Boden menschlicher Liker und Weiterleiter

… erinnert sich noch jemand daran, wozu Social Media einmal konzipiert worden war?

Wie wird die Zukunft aussehen?

Als jemand, der die positive Schaffenskraft menschlicher Interaktion über Hierarchien, Organisationen und Grenzen hinweg in den ersten Jahren von Social Media erlebt hat, macht mir die aktuelle Entwicklung ernsthaft Sorgen. Nicht nur wegen der Negativität, die hier zutage tritt, sondern gerade wegen der Marginalisierung menschlicher Interaktion und journalistischer Leistung. Ist die logische Ableitung daher: „Social Media ist tot.“?

Ich glaube nicht. Zum einen blüht das soziale Web an vielen Stellen und Plattformen als es der Social Media Mainstream vermuten ließe. Auf der anderen Seite halte ich die Menschen für konsequenter als sich manche Personen das vorstellen. Nehmen wir das Urbild der Social Media Plattform: Die Party an den Stehtischen. Wenn die Gespräche an den Tischen nicht gefallen, dann werden die Menschen erste den Tisch, dann den Raum und schließlich die Party verlassen. Und beide Bilder, die sich nach dem Weggang von der Party anbieten, finden sich schon heute:

  • Die andere Party: Als die ganzen Erwachsenen Facebook betraten, sind die Jugendlichen in Richtung Snapchat ausgewichen. Diesen Effekt werden wir über kurz oder lang auch bei den Erwachsenen sehen, wenn die Party nicht passt. Aus meiner Sicht auch bei einzelnen Plattformen zeigen, wenn Stimmung und Gesellschaft dort nicht passen.
  • Die Flucht nach zuhause: Da kommen einem unwillkürlich die Messenger Dienste in den Sinn. Runter von der Bühne und ab in das vertraute zwischenmenschliche Miteinander. Wenn der Wind draußen zu stark weht, dann geht man eben ins vertraute Heim zu den bekannten Menschen.

Die Plattformhersteller werden natürlich die Möglichkeiten für eine fortlaufende Monetarisierung ihrer Geschäftsmodelle modernisieren und erweitern. Aber auch die Beeinflussungsmaschinerie aus Politik und Wirtschaft wird versuchen, das Beste aus den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln machen. Wahrscheinlich werden wir eine evolutionäre Entwicklung von Fortlaufen und Einholen sehen.

Social Media hat sich stark gewandelt und wird sich auch in den kommenden Jahren noch verändern. Aber der Kerngedanke der Interaktion zwischen Menschen ist gut. Doch die äußeren Kräfte, die auf das junge Medium einwirken, sind schon gewaltig. Es wird sich zeigen, wie die Nutzer auf diese Veränderungen reagieren. Für Unternehmen gilt in jedem Fall: Dabei sein ist heute Pflicht und keine Kür. Doch eine einmal beschlossene Strategie kann nicht unverändert bleiben, sondern muss laufen an die aktuellen Veränderungen des Mediums angepasst werden.


Sie möchten gerne mehr über soziale Medien und deren Nutzungsmöglichkeiten erfahren? Dann Informieren Sie sich über unseren Social Media Workshop.

Informationen zum Social Media Workshop

 

Über den Autor

Nils Papendorf

Nils Papendorf befasst sich seit rund 16 Jahren mit den verschiedenen Facetten der Online-Medien. Als Sparkassenkaufmann und über sein Studium der Volkswirtschaft mit Schwerpunkt Bankbetriebslehre zog es ihm aus Göttingen nach Hamburg zu Deutschlands größter Sparkasse. Dort war er über acht Jahre verantwortlich für Website, Online-Marketing und Social Media. Beruflich wie privat ist er eng den sozialen Medien verbunden und bietet seit einigen Jahren auch Beratung oder Vorträge für Unternehmen und Organisationen an, die sich diesem Feld öffnen wollen.

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