Mit äußerst gemischten Gefühlen und fragilen Hoffnungen blickt die Welt dem Jahreswechsel entgegen. Die qualitative und quantitative Dimension an Corona-bedingten Herausforderungen, Unwägbarkeiten und Bedrohungen ist historisch einzigartig.

Corona-Pandemie wirft ihren Schatten auf das Jahr 2021 voraus

Die Corona-Pandemie wirft ihren Schatten auf das Jahr 2021 voraus.

Partner des Bank Blogs

Die zweite Corona-Welle scheint vielerorts außer Kontrolle zu geraten. Ob die angekündigten Impfstoffe wirklich schon bald flächendeckend verfügbar sein werden, bleibt abzuwarten. Die im Sommer erfolgte konjunkturelle Erholung entpuppt sich als kurzlebige Scheinblüte. Die globale Dimension der wirtschaftlichen Flurschäden ist derzeit nicht absehbar. Die weltweite Verschuldung soll bis Ende des Jahres auf 277 Billionen ansteigen, was fast dem Vierfachen der globalen Wirtschaftsleistung entspricht.

Selbst wenn es gelänge, die wirtschaftliche Entwicklung im nächsten Jahr durch die quasi unbegrenzte finanzielle Krisensubventionierung zu stabilisieren, wird die Stunde der Wahrheit kommen: Wie sollen die Staaten auf Sicht mit ihrer dramatischen Neuverschuldung leben und prosperieren können? Lässt man die mehr als abenteuerliche Scheinalternative der „Modern Monetary Theory“ außer Acht, so sind derzeit keinerlei seriöse und tragfähige Konzepte zur langfristigen Problemlösung in Sicht.

Erneute Rezession?

Die Bundesregierung sprach Mitte November von einer Gefährdung der konjunkturellen Erholung. Die Wirtschaftsweisen erwarten eine BIP-Stagnation über den Winter hinweg und für 2021 ein „deutliches Wachstum“ um 3,7 %. Allerdings sei die Corona-Krise längst noch nicht bewältigt. Nach Einschätzung des ZEW haben sich die Konjunkturerwartungen wieder deutlich eingetrübt. Die Euphorie der Sommermonate sei verflogen. Es bestehe die Gefahr, dass die deutsche Wirtschaft erneut in eine Rezession falle. Im Mittelstand hat die Krise mittlerweile jedes zehnte Unternehmen in existenzielle Nöte gebracht. Jede fünfte Firma hat bei einer McKinsey-Befragung erklärt, mit Krediten in Verzug zu geraten und Mitarbeiter entlassen zu müssen. Laut einer KfW-Studie KfW-Studie sind derzeit 1,1 Mio. Arbeitsplätze bei kleinen und mittleren Betrieben bedroht. Im vergangenen Jahr war die Zahl der KMU- Beschäftigten auf den Rekordwert von 32,2 Mio. gestiegen.

Der nun drohende Rückgang entspricht dem in den letzten drei Jahren erreichten Zuwachs. Auch in der Euro-Zone verliert die wirtschaftliche Erholung – so die EZB  – „schneller an Dynamik als erwartet.“ Die EZB-Präsidentin Lagarde warnt vor diesem Hintergrund davor, dass aus dieser Situation eine „konventionelle, sich selbst verstärkende Rezession“ entstehen könne.

Die Leiden der Wirtschaft

Noch nicht annähend erkennbar sind die volkswirtschaftlichen Gesamtkosten der Corona-Krise. Eine einigermaßen realistische Bilanz dürfte erst in einigen Jahren möglich sein. Durchaus denkbar ist, dass der Höhepunkt der zerstörerischen Springflut noch gar nicht erreicht ist. Das ifo Institut befürchtet langfristige Schäden für die deutsche Volkswirtschaft. Problematisch sei vor allem die Zurückhaltung bei den Investitionen: „Die realen Ausrüstungsinvestitionen haben sich schon im Jahr 2019 äußerst schwach entwickelt. Den Konjunkturprognosen zufolge werden sie noch bis zum Jahr 2022 auf niedrigem Niveau verharren.“ Die pandemiebedingten Umsatz- und Gewinnausfälle nähmen Unternehmen den Spielraum, notwendige Investitionen in das Sachkapital zu finanzieren. Von den Banken gebe es in dieser Situation ebenfalls wenig Unterstützung. Obendrein sinke der Investitionsbedarf bei weiterhin unterausgelasteten Kapazitäten. Schließlich dämpfe die Unsicherheit über die Erholung die Investitionsbereitschaft der Unternehmen. Wenn aber weniger investiert werde, bremse dies nicht nur die Modernisierung des Produktionsapparats, sondern auch die Produktivitätsentwicklung und die Zahl neuer Arbeitsplätze.

Der Worst Case

Katastrophale Auswirkungen würde ein umfassender Lockdown haben, der auch die Produktion in den Industriebetrieben blockiert. Der Arbeitgeberverband befürchtet offenbar einen schleichenden Übergang in diese Worst-Case-Situation. Der BDA sieht diese Gefahr schon in dem aktuell zwischen Bund und Ländern verhandelten Maßnahmenkatalog. Ein Vorschlag der Regierung sah vor, dass sich jeder bei „Erkältungssymptomen und insbesondere Krankheitssymptomen der Atemwege, zum Beispiel bei Husten oder Schnupfen, unmittelbar nach Hause in Quarantäne (zu) begeben“ hat. Dort sollen die Mitarbeiter fünf bis sieben Tage bis zum Abklingen der Symptome verbleiben. Die Krankschreibung soll telefonisch durch den Hausarzt erfolgen zunächst ohne Präsenzbesuch in der Praxis.  Allein diese Passage habe – so der BDA – weitreichende Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft, da in dieser Jahreszeit jeder einmal Schnupfen habe. Faktisch müssten die Arbeitgeber auf jeden Beschäftigten verzichten, der sich am Morgen im Unternehmen melde und sage, dass er Schupfen hat. Damit würden in kürzester Zeit sämtliche Betriebe lahm gelegt.

Die Zukunft der Unternehmen

Mehr denn je sind die deutschen Unternehmen gegenwärtig auf die überfällige Verbesserung der unternehmerischen Rahmenbedingungen angewiesen. Dabei geht es nicht nur um kurzfristige Rettungsmaßnahmen, sondern auch um die langfristige strukturelle Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit. Die Wirtschaftsweisen  haben in diesem Sinne steuerliche Entlastungen der Firmen gefordert. So müsse der Verlustrücktrag ausgeweitet werden. Die Unternehmen sollen also mehr als bisher krisenbedingte Verluste mit Gewinnen aus den Vorjahren steuerlich verrechnen können. Als absolut kontraproduktiv erweisen sich in der gegenwärtig höchst sensiblen Gemengelage politische Initiativen, die zu weiteren Einschränkungen und Belastungen der Industrie führen würden. Abschreckendes Beispiel ist die von der EU-Kommission  vorgelegte Euro-7-Abgasnorm, die von Kennern als „Kriegserklärung an Diesel und Benziner“ bewertet wird. Der FDP-Vorsitzende hat diese Vorschläge als „Verbrennerverbot durch die Hintertür“ bezeichnet. Dadurch würden die bisherigen Strategien der Hersteller völlig konterkariert und Hunderttausende von Arbeitsplätzen gefährdet.

Leuchttürme

Die Corona-Krise hat die Lebenszufriedenheit der Deutschen bisher offenbar nur wenig beeinträchtigt. Zu diesem Ergebnis kommt der neue „Glücksatlas“, den Prof. Raffelhüschen mittlerweile zum zehnten Mal erstellt hat. Trotz der Pandemie habe es gegenüber dem 2019 erreichten Höchststand in diesem Jahr nur einen moderaten Rückgang gegeben. 80 Prozent der Befragten sind demnach froh, während der Krise in Deutschland zu leben. Ein Großteil der Bevölkerung glaubt, nach der Pandemie wieder genauso zufrieden zu sein wie vorher. Dieses erstaunlich positive Stimmungsbild relativiert sich allerdings angesichts der Tatsache, dass die Befragung bereits vom März bis Juni durchgeführt worden ist.

So oder so: Optimismus ist die unverzichtbare Basis für Problemlösungen in äußerst komplexen Zeiten. Das Prinzip Hoffnung muss flankiert werden durch die Umsetzung der Erkenntnis, dass die anstehenden Herausforderungen nur mit Gelassenheit, Zuversicht und Tatkraft zu bewältigen sind.  In diesem Sinne können vor allem die mittelständischen Familienunternehmen, die im letzten Jahrhundert durch starke Führung zwei Weltkriege, diverse Währungsreformen und andere Katastrophen überstanden haben, als Leuchttürme zur Orientierung und Kursbestimmung dienen.