Der digitale Euro ist im Kommen. Doch wie realistisch ist der aktuelle Vorschlag der EU? Eine aktuelle Studie unterzieht die verschiedenen Ideen zur Ausgestaltung einem kritischen Praxischeck aus Sicht des Verbrauchers, des Handels und der Industrie.
EU-Kommission, Europäische Zentralbank und auch die deutsche Bundesbank scheinen von der Idee eines digitalen Euros begeistert zu sein und lassen kaum Zweifel an seiner Realisierung. Die Politik hält sich – bis auf einige kritische Stimmen – noch weitgehend zurück.
Eine vom Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) in Auftrag gegebene Studie unterzieht die bisherigen Konzepte der Europäischen Zentralbank (EZB) und den Regulierungsvorschlag der EU-Kommission für einen digitalen Euro einem Realitätscheck. Dafür wurden alle bis Juni 2024 veröffentlichten Dokumente und Regulierungsvorschläge des Eurosystems und der EU-Kommission ausgewertet und auf ihre Konsistenz sowie Umsetzbarkeit im europäischen Finanzmarkt, insbesondere aus der Perspektive von Handel und Verbrauchern, geprüft.
Fragen zum digitalen Euro
Die bisherigen politischen Vorschläge zielen im Wesentlichen darauf ab, den digitalen Euro nicht nur als Ergänzung zum Bargeld, sondern als zusätzliches Zahlungsmittel neben den bestehenden Zahlungssystemen einzuführen. Daraus ergeben sich eine Vielzahl an Fragen:
- Welche Auswirkungen hätte die Umsetzung der Konzepte auf die verschiedenen Marktteilnehmer?
- Welchen Mehrwert könnte ein digitaler Euro, wie ihn die Europäische Zentralbank derzeit plant, für den Handel und die Verbraucher bieten?
- Wie praktikabel sind die vorgeschlagenen Lösungen?
- Lassen sich Widersprüche ausmachen oder sind die Konzepte konsistent aufgebaut?
- Werden in den Vorschlägen alle wesentlichen Fragen für die Umsetzung ausreichend berücksichtigt?
Digitaler Euro bietet (zu) wenig Mehrwert
Die Studie zeigt auf, dass der digitale Euro in seiner derzeit vorgeschlagenen Form nur wenig Mehrwert für Verbraucher und Handel bietet. Die Autoren äußern sogar Zweifel daran, ob Verbraucher und Händler das komplexe Produkt überhaupt verstehen und nutzen würden. Ein Beispiel hierfür ist die Erhöhung der am Zahlungsverkehr beteiligten Parteien von aktuell vier (Zahler, Zahlungsempfänger und deren jeweilige Zahlungsdienstleister) auf bis zu acht Beteiligte. Dies könnte die Abwicklungsprozesse unnötig verkomplizieren und verlangsamen.
Die Studienautoren weisen zudem darauf hin, dass die Komplexität des digitalen Euros in dieser Form im Widerspruch zu den Zielen niedrigerer Kosten und einer höheren Wettbewerbsfähigkeit Europas steht. Die technische Umstellung würde für Handel und Marktpartner eine erhebliche Belastung darstellen, da diese keine Kontrolle über den Zeitpunkt oder die Notwendigkeit der Umstellung hätten.
Die Autoren weisen zudem darauf hin, dass das geplante Vergütungsmodell, welches Obergrenzen unterhalb der Marktpreise vorsieht, die Verdrängung effizienter europäischer Zahlungssysteme zur Folge haben und damit die europäische Souveränität langfristig schwächen könnte.
Konkurrenz zu bestehenden Zahlungsarten statt Innovation
Der digitale Euro, wie er bisher konzipiert wurde, würde eher in Konkurrenz zu bestehenden bargeldlosen Zahlungsarten treten, anstatt als innovativer Ersatz für das traditionelle Zentralbankprodukt Bargeld zu dienen, dessen Nutzung aktuell abnimmt. Die bisherigen Vorschläge des Eurosystems und der EU-Kommission würden demnach eine staatlich betriebene Parallelwelt zum bestehenden und bewährten privatwirtschaftlichen Zahlungsverkehrssystem schaffen, statt Mehrwerte für Unternehmen und Verbraucher zu schaffen.
Darüber hinaus bleiben viele Fragen unbeantwortet, und es bestehen Widersprüche zwischen den relevanten Dokumenten des Eurosystems und dem Regulierungsvorschlag der EU-Kommission.
Unklarheiten gibt es vor allem hinsichtlich des Kompensationsmodells, der Regelung von Haftungsfragen, der Ausgestaltung des Offline-Digitalen Euro, der Höhe der Haltelimits und der Gestaltung der geplanten digitalen Euro-Karte. Auch die starke Fokussierung auf das Smartphone als Zahlungsmittel wird kritisch bewertet.
Forderung nach Einbezug der Banken
Bei der Entwicklung des digitalen Euros sollte der Nutzen für die Anwender im Mittelpunkt stehen. Dazu gehören wichtige Aspekte wie Anonymität, Stabilität und Datenschutz. Es sei daher erforderlich, dass die Bankpraxis bei der Entwicklung des Euro deutlich intensiver als bisher berücksichtigt wird.
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