Als bundesweit tätige Direktbank hat der S-Broker im Verbund der regional operierenden Sparkassen einen nicht immer einfachen Stand. In einem Interview sprach ich mit Vorstand Jens Wöhler über aktuelle Herausforderungen und Zukunftsstrategien in Zeiten zunehmender Digitalisierung.

Jens Wöhler vom S-Broker über die Herausforderungen eines Direkt Brokers
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Der Sparkassen Broker (S Broker AG & Co. KG) wurde 1999 zunächst als pulsiv AG, Tochter der HSBC Trinkaus gegründet und 2001 durch die Sparkassen-Organisation übernommen. Er ist seitdem der zentrale Online Broker der Sparkassen-Finanzgruppe, wenngleich über seine Rolle in der Organisation immer wieder diskutiert und teilweise auch heftig gestritten wurde.

Aktuell führt der S-Broker rund 130.000 Kunden und über 1,3 Mio. abgerechneten Wertpapier-Transaktionen in 2014. Das betreute Kundenvermögen lag in 2014 bei ca. 5,5 Mrd. Euro, das erzielte Provisionsergebnis bei ca.12,7 Mio. Euro.

Interview mit Jens Wöhler, Vorstand beim S-Broker

Mein Gesprächspartner Jens Wöhler (Jahrgang 1970) ist seit 2010 Mitglied des Vorstandes des S-Brokers und verantwortet die Ressorts Markt und Operations. Davor war er bei der Unternehmensberatung Kienbaum Management Consultants als Mitglied der Geschäftsleitung Financial Services tätig.

Jens Wöhler vom S-Broker

Der S Broker ist anerkannter Partner der Sparkassen

Der Bank Blog: Obwohl die Sparkassen ja recht früh mit dem Erwerb des S-Brokers auf den Trend des Direkt Bankings reagiert haben, war er ja doch lange Zeit so etwas wie das schwarze Schaf der Sparkassen Familie. Noch immer ist nur ein geringer Teil der Gruppe als Eigentümer beteiligt. Wie sehen Sie Ihre aktuelle Position innerhalb der S-Finanzgruppe?

Jens Wöhler: Die fortschreitende Digitalisierung und die zunehmende Verbreitung insbesondere von iPad und iPhone haben dazu geführt, dass die Wahrnehmung dieser Entwicklung als bedeutsamer und nachhaltiger Trend ganz generell für das gesellschaftliche Leben, aber auch für Wirtschaft und Banken deutlich gestiegen ist. Das hat uns innerhalb der Sparkassen Finanzgruppe sehr geholfen. Inzwischen ist erkannt und anerkannt, dass Brokerage ein Teil der Geschäftspalette ist, die Sparkassen anbieten und auch anbieten müssen, um im Markt Erfolg zu haben.

Damit ist auch die Wahrnehmung und Akzeptanz dessen, was der S-Broker tut, heute eine andere als noch vor acht oder zehn Jahren. Hinzu kommt, dass wir in den letzten fünf, sechs Jahren einen Turnaround und damit eine echte Erfolgsstory geschaffen haben. Der Sparkassen Broker ist heute erfolgreich und hat eine vernünftige Positionierung innerhalb der Sparkassen Finanzgruppe, mit der wir recht zufrieden sind.

Der Bank Blog: Wie hoch ist eigentlich der Anteil Ihrer Neukunden aus der Kooperation mit den Sparkassen und wie hoch der Anteil, derer, die selbständig den Weg zu Ihnen finden?

Jens Wöhler: Rund 85% der Kunden haben ihr Verrechnungskonto bei einer Sparkasse oder wurden durch eine Sparkasse als Kunde legitimiert. Dieser Wert macht unsere gute Integration in die Sparkassenwelt deutlich. Die Sparkassen leiten uns zunehmend mehr Kunden zu, die Wertpapiergeschäfte ohne Beratung tätigen wollen.

Der Bank Blog: Derzeit wird in der Finanzbranche ja sehr intensiv über den Trend zur Digitalisierung diskutiert. Wie sehen Sie die Sparkassen allgemein und den S-Broker im Besonderen dabei positioniert?

Jens Wöhler: Das Thema hat eine hohe Aufmerksamkeit in der Sparkassen Finanzgruppe. Die Verantwortlichen haben den Trend zur Digitalisierung klar erkannt und notwendige Maßnahmen ergriffen, um innerhalb des Geschäftsmodells der Sparkassen das Beste für die Gruppe herauszuholen. So sind zum Beispiel die Apps sehr erfolgreich und das Thema Videoberatung hat bei vielen Sparkassen Einzug gehalten. Auch sind viele Institute in den sozialen Medien aktiv. Das wäre vor einigen Jahren nicht denkbar gewesen.

Derzeit wird die Internetfiliale der Sparkassen, also der Webauftritt und das Online Banking der Institute überarbeitet und modernisiert.

Für uns als S Broker ist das natürlich der zentrale Trend und setzt Anreize, z.B. das Trading noch viel stärker als bisher an der Nutzerfreundlichkeit auszurichten oder unsere mobile Strategie weiter zu entwickeln. Eine weitere Facette ist dann noch die Interaktion der Kunden untereinander, aber auch mit uns.

Der Bank Blog: Ist der S-Broker so etwas wie die digitale Speerspitze der S-Finanzgruppe?

Jens Wöhler: Sicherlich trifft dies auf manche Themen zu, dies entspricht ja letztlich unserem Geschäftsmodell. Neben uns sehe ich aber auch die Finanz Informatik (FI) als IT-Dienstleister der Sparkassen-Finanzgruppe für die technologische Entwicklung insgesamt und den Sparkassenverlag im Bereich Zahlungsverkehr gut aufgestellt und aktiv.

Mobile Zugriffe legen massiv zu

Der Bank Blog: Welche Bedeutung hat aktuell der mobile Zugangskanal beim S-Broker und wie sehen Sie die dessen weitere Entwicklung?

Jens Wöhler: Die Bedeutung steigt rasant an. Derzeit erfolgen 5-10% unserer Transaktionen von mobilen Endgeräten. Wir erwarten für die nächsten Jahre einen deutlichen Anstieg. Ich kann mir gut vorstellen, dass in drei bis vier Jahren die Hälfte oder sogar mehr unserer Transaktionen mobil erfolgen wird.

Wichtig ist aber, den mobilen Kanal nicht nur als Transaktionskanal zu sehen sondern ebenso als Interaktionskanal mit dem Kunden. Dazu gehören u.a. das Einholen von Informationen, deren Selektion und die Vorbereitung von Wertpapiergeschäften.

Wir überarbeiten gerade unseren eigenen Webauftritt um diesen – neben unserer App – vollständig responsiv zu gestalten und damit die Usability zu erhöhen.

Positionierung des Sparkassen Brokers als Premium Broker

Der Bank Blog: Welches sind aktuell – ganz allgemein – die drei wichtigsten Herausforderungen für Direktbanken?

Jens Wöhler: Neben der bereits erwähnten Digitalisierung finde ich vor allem die durch FinTechs getriebenen Entwicklungen spannend. An dritter Stelle stehen die Regulierung und die daraus wachsenden Anforderungen für die Banken.

Der Bank Blog: Wie sehen Sie den S-Broker im Konzert der Direktbanken und Direktbroker positioniert?

Jens Wöhler: Wir positionieren uns ja nicht als Direktbank sondern als Broker, genau gesagt als Premium Broker mit einem sehr umfassenden Wertpapier- und Service-Angebot zu einem vernünftigen Preis-Leistungs-Verhältnis. Wir verfolgen explizit keine Discount-Strategie. Unsere Arbeit geht dahin, dass dies vom Markt auch so erkannt und angenommen wird.

Wertpapieraffine Menschen als Zielgruppe

Der Bank Blog: Welches sind denn Ihre Zielgruppen?

Jens Wöhler: Unsere Hauptzielgruppe sind Menschen mit aktivem Interesse am Wertpapiergeschäft, die auch Aktien, Fonds und ETFs nutzen und sich punktuell auch in andere Produktkategorien (z.B. Zertifikate und Hebelprodukte) weiterentwickeln wollen. Unsere Kunden kommen aus einer relativ breiten Gruppe aus der Mitte der Gesellschaft. Das sind preissensible, onlineaffine Anleger, die gerne mitverfolgen, was an den Kapitalmärkten passiert und die im Durchschnitt zwischen 10 und 15 Transaktionen im Laufe eines Jahres tätigen.

Der Bank Blog: Und wie sehen Sie Ihren Marktanteil in diesem Bereich?

Jens Wöhler: Unser Marktanteil ist sicherlich noch ausbaufähig. In den nächsten Jahren wollen wir uns zu einem der führenden Qualitätsanbieter weiterentwickeln.

Der Bank Blog: Welches sind Ihre stärksten Wettbewerber?

Jens Wöhler: Im beschriebenen Segment sind das die comdirect, die ING DiBa und die neue (fusionierte) Consorsbank.

Der Bank Blog: Wobei die genannten Wettbewerber im Gegensatz zu Ihnen ein Vollbanksortiment haben?

Jens Wöhler: Genau, das müssen wir an der Stelle immer berücksichtigen. Wir wollen uns aber eben gerade nicht als Nischen-Broker sondern als vollwertiger Premium-Broker positionieren und daraus ergeben sich Überschneidungen zu den genannten Wettbewerbern.

Der Bank Blog: Sie haben aber doch auch Angebote für Heavy-Trader?

Jens Wöhler: Durchaus und das ist eine nicht zu vernachlässigende und strategisch wichtige Kundengruppe für uns, die wir nicht aus den Augen verlieren werden. Doch bezogen auf das angestrebte Wachstum und den strategischen Wert für die S-Finanzgruppe, stellt die gerade skizzierte Kundengruppe unsere Kernzielgruppe dar.

Enge Verzahnung mit den Sparkassen durch neues Vertriebskonzept

Der Bank Blog: Auf einer Tagung haben Sie vor kurzem mit dem „S Broker DepotPlus“ ein neues, in den Online-Auftritt der Sparkassen integriertes Vertriebskonzept vorgestellt. Würden Sie das für unsere Leser in drei Sätzen kurz darlegen.

Jens Wöhler: Mitte des Jahres werden wir unser Angebot in das Internetangebot von zwei Pilotsparkassen integrieren, so dass die selektierten Kunden dieser Institute direkt aus dem geschützten Bereich mit den ihnen bekannten Zugangsdaten der Sparkasse auf uns zugreifen können. Mit dem „S Broker DepotPlus“ erhalten die Kunden von ihrer Sparkasse ein umfasssendes Brokerage-Angebot, inklusive Sicherungsverfahren und ganzheitlicher Betreuung der Sparkasse.

Ab dem 4. Quartal ist dann das bundesweite Rollout an weitere interessierte Sparkassen geplant.

Der Bank Blog: Welche Vorteile ergeben sich daraus für die Sparkassen?

Jens Wöhler: Die Sparkassen erhalten mit diesem vollwertigen in ihren Internetauftritt integrierten Brokerage die Möglichkeit, zwei attraktive Kundengruppen zu bedienen, ohne eigene Investitionen dafür tätigen zu müssen. Zum einen ist dies die Kundengruppe der Selbstentscheider, zum anderen sind dies Beratungskunden, die auch mal ohne Beratung Wertpapiere ordern wollen.

Der Bank Blog: Wie beurteilen Sie die Gefahr einer Kanibalisierung des Beratungsgeschäftes der Sparkassen? Die Kunden sehen ja plötzlich mehrere Preise für eine als identisch wahrgenommene Leistung.

Jens Wöhler: Die Leistung ist ja insofern nicht identisch, da die Sparkassen in den anderen Fällen ja eine zusätzliche Beratungsleistung erbringen.

Der Bank Blog: Deswegen meine Formulierung „identisch wahrgenommene Leistung“. Die Kunden sehen da möglicherweise keinen preisrelevanten Unterschied sondern sagen sich, ich kaufe das Wertpapier xy an der einen Stelle mit 1% Gebühren und an der anderen mit 0,1%…

Jens Wöhler: Das stimmt natürlich, aber im zweiten Fall muss er komplett selbst entscheiden, während er im ersten Fall auf die Expertise des Beraters zurückgreifen kann.

In der Praxis halten wir diese Gefahr bei unserer anvisierten Kundengruppe nicht für relevant, da die Sparkassenkunden Wert auf den Austausch mit ihrem Berater legen und den Kontakt zu diesem schätzen.

Der Bank Blog: Also rechnen die beteiligten Sparkassen damit, durch die Kooperation mit Ihnen höhere Erträge mit der anvisierten Kundengruppe zu erzielen?

Jens Wöhler: In den ersten zwei bis drei Jahren geht die Ertragskurve in Summe erst mal leicht zurück. Perspektivisch nach drei bis vier Jahren soll der Ertrag dann durch die gemeinsame Akquisition neuer Kunden und die bessere Ausschöpfung und die höhere Tradingaktivität bestehender Kunden ansteigen. Das sieht zumindest unser gemeinsamer Business Case vor.

Auf den ersten Blick mag das nicht gerade optimistisch erscheinen, die Alternative jedoch, nichts zu tun, wird von den beiden Pilotsparkassen erheblich kritischer betrachtet. Sie sehen in diesem Fall eine viel höhere Gefahr, wertvolle Kunden und damit Ertrag an die Konkurrenz zu verlieren.

Der Bank Blog: Was schätzen Sie, wie viele Sparkassen sich in den nächsten zwei Jahren für dieses Konzept entscheiden werden?

Jens Wöhler: Das ist noch nicht absehbar. Wir planen bewusst konservativ.

In der strategischen Positionierung des Wertpapiergeschäftes gibt es Unterschiede zwischen den Häusern und es ist auch etwas Aufwand erforderlich, um das Angebot in den Internetauftritt zu integrieren.

FinTech Unternehmen bieten spannende Lösungen

Der Bank Blog: Wie beurteilen Sie den aktuellen Hype um FinTech Unternehmen, die den etablierten Finanzdienstleistern Konkurrenz machen wollen?

Jens Wöhler: Die Entwicklungen und Diskussionen sind wirklich spannend. Ich beobachte dort zahlreiche neue und clevere Ideen, die Antworten auf das veränderte Kundenverhalten in der digitalen Welt anbieten. Zum Teil sind diese breit angelegt, zum Teil nur in Nischen platziert. Die Banken im Allgemeinen und die Direktbanken im Besonderen sollten da wirklich aufmerksam sein.

Ob jetzt alle Ideen oder Geschäftsmodelle wirklich zum Tragen kommen werden, darf – schon rein statistisch – bezweifelt werden.

Ich habe selbst allerdings noch kein Gefühl, welche Ideen die erfolgreichen sein werden. Manches lässt sich adaptieren, einiges sogar relativ leicht. An anderer Stelle kann es vielleicht sogar sinnvoll sein, ein FinTech-Unternehmen zu kaufen.

Die spannenden Fragen sind aber, worin besteht mein strategischer Vorsprung und wie sichere ich mein Geschäftsmodell ab. Darauf hat, wie es scheint, noch kaum ein Startup eine Antwort gefunden. Ein toller Webauftritt und ein gutes Marketing alleine werden dazu jedenfalls nicht ausreichen. Die Alternativen sind ja entweder ein einzigartiger technologischer Vorsprung oder die Gewinnung einer größeren gebundenen Kundenanzahl in kurzer Zeit.

Aber nochmal: Da sind wirklich gute Ideen dabei, mit denen man die traditionellen Banken und deren Geschäftsmodelle durchaus „ärgern“ kann.

Der Bank Blog: Der S-Broker hat sich ja für die Zusammenarbeit mit Wikifolio entschieden. Wie würden Sie den Erfolg beurteilen?

Jens Wöhler: Wir lernen vor allem auf der inhaltlichen Seite durch den Austausch. Unter diesem Gesichtspunkt ist Wikifolio für uns ein wertvoller Partner. Wirtschaftlich gesehen ist sie jedoch von nachrangiger Bedeutung.

Der Bank Blog: Wo sehen Sie weitere Ansatzpunkte für eine Zusammenarbeit mit FinTechs?

Jens Wöhler: Neben dem Thema Social Investing sehe ich im Markt einige interessante Themen und Geschäftsmodelle mit Wachstumspotential bei der Anlage von ETFs mit zusätzlicher Managementkompetenz.

Jenseits des Wertpapiergeschäftes muss man die Bereiche Zahlungsverkehr und B2C-Kredite im Auge behalten, aber das sind nicht unsere Bereiche.

Der Bank Blog: Demnach sind Themen wie Robo Advice und Internet-Vermögensverwaltung á la Vamo, Nutmeg oder Quirion für Sie interessant? Werden wir so etwas demnächst auch beim S-Broker sehen?

Jens Wöhler: Wir beobachten diese Trends und Entwicklungen intensiv und werden alles, was für unsere Selbstentscheider-Kunden interessant sein könnte, in Betracht ziehen.

Zentrale Direktbank der Sparkassen unwahrscheinlich

Der Bank Blog: Welches sind die Pläne des S Brokers für die nächsten Jahre?

Jens Wöhler: Vor allem Wachstum generieren. Nach der Konsolidierung und Gesundung wollen wir jetzt gemeinsam mit den Sparkassen in eine Phase des Ausbaus unserer Kundenbeziehungen eintreten. Dass dies nachhaltig und profitabel sein soll, versteht sich von selbst.

Der Bank Blog: Einige Sparkassen haben ja eigene Direktbankaktivitäten. Auffällig ist sicherlich – neben der auch zum Verbund gehörenden DKB – vor allem die 1822direkt der Frankfurter Sparkasse. Sehen Sie hier Chancen für eine interne Konsolidierung?

Werden wir es in den nächsten – sagen wir mal – drei Jahren erleben, dass aus dem S-Broker eine echte Sparkassen-Direktbank wird?

Jens Wöhler: Das ist ein unwahrscheinliches bzw. weit entferntes Szenario. Wir konzentrieren uns voll auf unsere skizzierte Wachstumsstrategie.

Der Bank Blog: Herzlichen Dank für das Gespräch


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