Steigende Kundenerwartungen, Digitalisierung und die Forderung nach persönlichem Kontakt verlangen neue Retail-Banking-Konzepte. Die Deutsche Bank will Kunden beim Besuch von Bankfilialen ein gutes Gefühl vermitteln und setzt dabei auf deren Einbindung.
Mindestens fünf geheime Filialen hatte Starbucks eröffnet, um in einem markenlosen Umfeld Neues zu testen. Die Deutsche Bank ist einen Schritt weiter gegangen und hat mit Kunden nicht nur neue Ideen für ein Banking der Zukunft entwickelt, sondern diese auch im Live-Betrieb auf Herz und Nieren geprüft. Das Credo: Kunden sollen sich (wieder) gut fühlen, wenn sie die Filiale besuchen.
Von der Produkt- zur Kundenzentrierung
Wenn traditionelle Unternehmen von Kundenzentrierung sprechen, wird meist die Einbindung von Kunden in den Entwicklungsprozess angeführt. Es werden Beispiele aufgezeigt, wie eine Transformation weg von produktzentrierten hin zu kundenzentrierten Interaktionen gelingen kann, um einzigartige und überzeugende Kundenerlebnisse zu schaffen.
Aber wie vorgehen, wenn das Ziel ist, Kunden von Bankfilialen ein gutes Gefühl zu vermitteln, wenn sie die Bank betreten? Wie vorgehen, wenn Kunden die Marke bewusst erleben, aber die Bank nicht in den Vordergrund treten soll?
Wir nutzen hierfür beispielsweise Marktforschungen, Customer Labs, Kunden-Communities oder Fokusgruppen. Dabei definieren wir Kunden-Insights, designen Customer Journeys und führen Befragungen an Touchpoints durch, um so kundennah wie möglich weiterzuentwickeln.
Vom Zahnarztbesuch und dem Bankalltag
Bei einer umfangreichen Kundenbefragung im Jahr 2017, hat uns ein Kunde attestiert, dass er lieber zum Zahnarzt geht als zu einer Bank. Beim Zahnarzt fühle er sich wohler, da er das Gefühl habe, etwas Gutes für sich getan zu haben. Diese zugegeben alarmierende Aussage war unter anderem Ausgangspunkt für die Entwicklung eines neuartigen Filialkonzepts. Wir wollten wissen, was unsere Kunden von einem zukunftsfähigen und persönlichen Banking erwarten und welche Anforderungen Kunden und Nichtkunden an eine kundenzentrierte Bank stellen. Was wollen Kunden erfahren, wenn wir von Erlebnissen innerhalb unserer vier Bankwände sprechen? Vertrauen und gute Beratung liegen auf der Hand – aber was darüber hinaus?
Der Weg zu neuen, analogen Erlebnissen
Im digitalen Umfeld wird schon lange nichts mehr dem Zufall überlassen. Kein Link, kein Button, keine Formulierung ist ohne Zweck. Designs werden direkt auf Lebenswelten und Zielemotionen angepasst.
Aber auch in der Offline-Welt wird getüftelt, Rückmeldungen eingeholt und verprobt. Starbucks zum Beispiel hat Geheimfilialen in den USA eröffnet, um „Dinge auszuprobieren, die es in einem klassischen Starbucks nicht gibt“, sagte der damalige Unternehmenschef Howard Schultz, nachdem die Geheimnistuerei aufgeflogen war. Nachvollziehbar aus der Sicht von Starbucks – denn wir wissen, dass Produktemotionen eng mit der Marke verknüpft sind.
Auch wenn Marke ein Kernelement von Erlebnissen ist, kann man durch diese bewusste Entkopplung Akzeptanten der eigenen Produkte und Services besser verstehen. Unser Ansatz ging weiter: Wir wollten neue Erfahrungen bei bewusstem Erleben der Marke für diesen besonderen Standort in Berlin entwickeln.
Heute entwickeln wir nicht mehr nur für, sondern mit dem Kunden.
Neues mit dem Kunden entwickeln? Wir haben mit Kunden und Nichtkunden gemeinsam mit altbewährten und innovativen Methoden an einem neuen Filialkonzept gearbeitet. Was wollen Kunden spüren, wenn sie eine Zukunftsfiliale betreten, was wollen sie erleben, wie wollen sie empfangen werden und was ist ihnen zukünftig beim Banking wichtig?
Der direkte Kontakt und Austausch von Design-, Entwickler- bzw. Konzeptteams mit Nutzern und Kunden spart eine Menge Zeit und sorgt für einen permanenten Realitätscheck. Dabei sind aktive Kunden-Communities und Netzwerke im Vertrieb besonders hilfreich, um ohne langen Vorlauf Rückmeldungen einzuholen. Unser Fazit: Im direkten Kontakt geben die Kunden die besten Hinweise auf (Verbesserungs-)Potenziale.
Die Ergebnisse aus zahlreichen Interaktionen mit Kunden und Nichtkunden haben wir in einem ganzheitlichen, auf den Kunden ausgerichtetes Filialkonzept zusammengeführt: dem Quartier Zukunft. Angefangen beim Design der Filiale über den Beratungsansatz und das Beratungsangebot bis hin zu zusätzlichen Dienstleistungen, die über das klassische Bankgeschäft hinausgehen.
Mit Blick auf die Undercover-Shops von Starbucks sind wir somit den Weg zu echten Experimenten im Live-Betrieb gegangen. Also keine Geheimnistuerei und kein Testfilialen-Szenario, sondern echte Kundenerlebnisse im neuen, zukunftsfähigen Filial-, Beratungs- und Angebotsdesign. Im Quartier Zukunft vernetzen wir unsere analoge und digitale Angebotswelt und zeigen, worauf modernes Banking aufbaut und was es künftig bedeuten kann.
Analoge Filiale in einer digitalen Welt
Gut drei Jahre später wissen wir aus Kundensicht sicher, welche Ideen sich bewährt haben und welche Ansätze (kontinuierlich) im Sinne der „Flächentauglichkeit“ weiterentwickelt werden müssen. Denn in immer rasanteren, komplexeren Zeiten mit heterogenen Zielgruppen, hybriden Lebenswelten und technischem Wandel, ist co-kreatives Arbeiten mit Kunden keine Option, sondern ein Muss. Ob im Verborgenen oder im Live-Betrieb, in Kunden-Communities oder angeschlossenen Marktforschungsplattformen: Wenn das Ziel ist, den Kunden zu überraschen und langfristig an sich zu binden, muss er in den Entwicklungsprozess eingebunden werden. Und wenn es dann noch gelingt, individuelle digitale Möglichkeiten mit menschlichen Beziehungen zu verbinden, schafft man relevante Angebote und Dienstleistungen für unsere Kunden.
Mit dem Quartier Zukunft haben wir den Mut bewiesen, diese Fusion aus Online- und Offline-Welt zu ermöglichen und so die Ideen und Wünsche unserer Kunden vom Banking der Zukunft erlebbar zu machen.