Braucht Deutschland neue Banken oder sind wir schon overbanked? Insbesondere in den Benelux Staaten scheint man der Auffassung zu sein, dass hierzulande „noch was geht“. Mit MoneYou kommt eine weitere niederländische Direktbank zu uns. Ob sie den Markt neu aufrollen wird? Eine kritische Betrachtung.
Das Angebot
Die niederländische ABN AMRO Bank hat zum 1. Juli mit MoneYou ein neues Online-Banking Angebot für Privatkunden in Deutschland eingeführt. Zielgruppe sind mobile Selbstentscheider, die „ihre Finanzgeschäfte unabhängig und selbständig in die Hand nehmen wollen“.
Das Angebot umfasst zunächst lediglich Tages- und Festgeldkonten. Die Konditionen sind mit 2,5% für das Tagesgeld und 2,7% für ein 6-Monatfestgeld im aktuellen Topbereich (wie auch VW Bank und DAB), aber für eine neue Bank eben nicht wirklich herausragend. Die DiBa – als eine der führenden deutschen Tagesgeldbanken mit Vollbankangebot – bietet Neukunden derzeit 2,2% aufs Tagesgeldkonto plus 20 Euro als Gutschrift. Und Dirk Nowitzki hat ja auch gerade die NBA-Meisterschaft gewonnen… Immerhin zahlt MoneYou seine Zinsen vierteljährlich, was ggü. der jährlichen Zinszahlung bei der DiBa ein Vorteil ist.
Ganz witzig: (Unter)Konten können mit individuellen Namen passend zum Sparziel benannt (z.B. „Traumurlaub“) und über iPhone und iPad zusätzlich mit einem persönlichen Foto hinterlegt werden, wobei sich dann gleich die Frage aufdrängt, was davon z.B. Android Nutzer haben. Auf der Webseite wird hier allerdings schon Nachbesserung in Aussicht gestellt.
Im Heimatland bietet MoneYou eine größere Produktauswahl einschließlich z.B. Versicherungsprodukte an. Das lässt darauf schließen, dass auch hierzulande die Produktpalette noch aufgestockt werden dürfte.
Die Markteinführung
Im Vergleich zum Marketingaufwand der Wettbewerber nimmt sich die „breit angelegte Kommunikationskampagne“ zum Markteintritt eher bescheiden aus, Fernsehwerbung Fehlanzeige.
MoneYou startet mit einer Webseite und einer Facebookseite. Dort kann man dann ein englisch geführtes Interview betrachten und die gleichen Inhalte wie auf der Webseite nachlesen. Das Twitter-Konto scheint noch nicht aktiv zu sein, ein eigener Reiter ist aber schon mal da. Mit Spannung steht zu erwarten, ob hier wieder mal eine Bank Social Media nur als Marketingplattform versteht oder ob hier echte Beziehungen aufgebaut und gepflegt werden sollen.
Weiterhin werden in der Kommunikation „als aufmerksamkeitsstarkes Erkennungszeichen eigens entwickelte Knetmotive wie beispielsweise ein Knetmännchen oder Knetsparschwein eingesetzt. Sie stehen für die kinderleichte und unkomplizierte Kontoführung.“.
Na, da braucht man sich ja wohl keine Sorgen mehr um den Kundenzulauf zu machen.
Im Ernst: Warum sollten Kunden nun die neue Bank wählen?
Kundennutzen
In den Pressedokumenten, die mir die Agentur von MoneYou zugemailt hat, steht auf die Frage, warum sich Kunden für das neue Angebot entscheiden sollten folgendes:
„MoneYou bietet Kunden unabhängiges und selbständiges Online-Banking, mit leicht verständlichen Produkten zu attraktiven Konditionen. Die Kontoführung mit MoneYou ist modern, unkompliziert und kostenfrei – ohne versteckte Gebühren, Sternchentexte und Kleingedrucktes und fast ohne lästigen Papierkrieg.“
Das mit den Sternchen und Kleingedrucktem gab‘s schon mal bei der Norisbank. Letztlich gibt es aber wohl auch bei MoneYou Allgemeine Geschäftsbedingungen.
„Gleiche Bedingungen und gleiche Zinssätze für alle Kunden.“
Das kenn ich von den (meisten) Direktbanken auch nicht anders.
Besonders herausgestellt wird auch ein telefonischer Kundenservice, was OK ist, aber hierzulande nichts Außergewöhnliches. Das haben selbst die kleinen unter den anderen Direktbanken auch.
Fazit
Da muss wohl noch ein bisschen mehr kommen, damit die Kunden in Scharen zu der neuen Bank „überlaufen“, zumal diese „nur“ eine Niederlassung der ABN Amro ist und damit z.B. nicht dem deutschen Einlagensicherungsfonds angehört. Einlagen sind nach den niederländischen Regelungen zur Einlagensicherung bis zu 100.000 € abgesichert. Das entspricht der gesetzlichen Regelung in Deutschland, ist aber natürlich deutlich weniger als bei einer Mitgliedschaft im privaten Einlagensicherungsfond, der allerdings nur deutschen Banken (inkl. Tochtergesellschaften ausländischer Banken) offen steht. Dass dazu jede Menge zusätzliche Prüfungsauflagen eingehalten müssen, sei nur am Rande erwähnt, aber die Mitgliedschaft ist bei weitem nicht nur eine Formsache.
Die letzte Bank aus dem Benelux-Bereich die nach Deutschland expandieren wollte war Fortis. Nach dem Kauf der „Bank von Essen“ 2006 wurde mit Hilfe von Boston Consulting versucht, das Geschäft um revolvierende Kredite in Deutschland aufzurollen.
Von den angedachten Standorten wurden ca. 90 auch tatsächlich eröffnet. Schicke Shops in teuren Top Einkaufslagen, die mehr an Vodafone Handyshops als an Banken erinnerten. 2009 wurde dann alles wieder eingedampft, einerseits mangels Erfolg andererseits in der bitteren Erkenntnis, dass der deutsche Markt wohl doch nicht so leicht „erobert“ werden kann, wie es vom Ausland manchmal den Anschein erweckt.
Bleibt zu hoffen, dass MoneYou dieses Schicksal erspart bleibt. Immerhin dürften die Investitionen überschaubarer sein als damals bei Fortis, wo wohl ein größerer dreistelliger Millionenbetrag versenkt wurde.
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