Die „Zwangsdigitalisierung“ hat die Organisation und Prozesse in Banken erheblich verändert. Kundennähe und Teamarbeit funktionieren digital besser als erwartet – aber ohne den persönlichen Kontakt geht es nicht. In einer klugen Kombination aus beidem liegen große Chancen.
Die Corona-Krise hat uns eines deutlich vor Augen geführt: Digitalisierung können wir, wenn wir müssen – nicht nur in der internen Organisation, sondern auch im Kontakt mit unseren Kunden. Wir haben es innerhalb kürzester Zeit geschafft, dass mehr als 90 Prozent aller DZ BANK-Mitarbeiter von zu Hause arbeiten können. Diese hohe Quote hat die Zusammenarbeit keineswegs beeinträchtigt. Wir sind in der Pandemie kulturell enger zusammengerückt. Die virtuelle Zusammenarbeit ist nicht auf interne Prozesse beschränkt. Auch die Kundenbetreuung ist über digitale Kanäle möglich, obwohl gerade hier der persönliche Kontakt fehlt.
Die Krise hat unsere Effizienz nicht nur nicht beeinträchtigt, sie hat sie in Teilen sogar erhöht. Um die Corona-Hilfen schnell auszahlen zu können, haben wir im vergangenen Frühjahr gemeinsam mit der VR Smart Finanz unseren Kreditprozess innerhalb von fünf Tagen umgebaut. Es war wichtig, schnell handlungsfähig zu sein, denn etwa 40 Prozent aller Corona-Anträge laufen über die DZ BANK.
Auch im Zahlungsverkehr mussten wir schnell reagieren. Das veränderte Kundenverhalten durch die Pandemie hat zu einem deutlich gestiegenen Transaktionsvolumen sowie zu einer erhöhten Nutzung mobiler und vor allem kontaktloser Bezahlverfahren geführt. Mit der virtuellen Mastercard bieten wir Kunden der Genossenschaftsbanken seit letztem Jahr das Bezahlen über Apple Pay an und damit das erste Kartenprodukt, das sie digital abschließen und direkt einsetzen können. Die Einführung von Apple Pay haben wir mit Webinaren begleitet, die seitens der Genossenschaftsbanken sehr gut angenommen wurden.
Auf den gesunden Mix kommt es an
Die IT ist ein zentraler Treiber dieser Entwicklungen. Dank der Qualität unserer Prozesse sowie der stabilen Infrastruktur konnten wir uns schnell umstellen, den Geschäftsbetrieb am Laufen halten und sind handlungsfähig geblieben. Jetzt gilt es, anhand der Erkenntnisse des vergangenen Jahres die Weichen für kommende Jahre zu stellen und konkrete Aufgaben daraus abzuleiten. In der DZ BANK diskutieren wir bereits intensiv, wie wir einen gesunden Mix aus digitalen Prozessen, Produkten und Plattformen und persönlichem Kontakt zu Mitarbeitern und Kunden finden.
Der Arbeitsplatz der Zukunft wird kein physischer sein
Zuallererst hat dies Auswirkungen auf den Arbeitsplatz. Dieser wird in Zukunft nicht alleine ein physischer sein, sondern wir alle werden sehr viel flexibler werden. „Mehr Flexibilität“ war ein häufig geäußerter Wunsch, als wir unsere Mitarbeiter kürzlich dazu befragt haben, wie sie künftig arbeiten möchten. Das mobile Arbeiten werden wir unseren Mitarbeitern daher auch weiterhin ermöglichen – gleichzeitig werden sie immer ausreichend Raum haben, sich in der Bank zu begegnen, auszutauschen und gemeinsam an Themen zu arbeiten. Denn das persönliche Miteinander bleibt unersetzlich.
Angesichts einer höheren Arbeitsplatz- und Arbeitsortvielfalt überlegen wir uns bereits, wie wir Arbeitsplatz- und Flächennutzung effizienter gestalten können. Dazu bedarf es Anpassungen in der Arbeitsorganisation und in der IT. Diese werden überschaubar sein. So entsteht am Ende eine Win-Win-Situation – sowohl für die Mitarbeiter als auch für die Bank.
Prozesse: Wegen Corona schneller und einfacher
Darüber hinaus haben wir zahlreiche Prozesse digitalisiert, automatisiert und an unsere neue Arbeitssituation angepasst – vieles geht heute schneller und einfacher als vor Corona: Im Innovation Lab arbeiten die Teams dank agiler Arbeitsweisen seit März 2020 fast komplett virtuell zusammen. Im Firmenkunden- und Kreditgeschäft haben wir eine Plattform gebaut, die den gesamten Kreditprozess vom Firmenkundenantrag bis zur Verbuchung digital abbildet. Für die digitale Unterschrift haben wir für interne Dokumente bereits erste Lösungen gefunden, und arbeiten derzeit intensiv daran, die eSignatur auch im Geschäftsverkehr zügig umzusetzen. Das ist nur der Anfang, damit werden wir weitermachen.
Kunden wollen regional und digital
Dies gilt nicht nur für die DZ BANK: Die gesamte genossenschaftliche Finanzgruppe investiert in erheblichem Umfang in eine kluge Kombination aus digitalen und stationären Lösungen, und das nicht erst seit Corona. Seit 2018 investieren wir auf Ebene der Genossenschaftsbanken 500 Millionen Euro in neue Technologien, die DZ BANK Gruppe ist in einer ähnlichen Größenordnung unterwegs.
Unsere große Stärke liegt im Regionalen. Nun gilt es, Regionalität mit digitalen Lösungen zu verbinden. Damit entsprechen wir den Wünschen unserer Kunden, die gleichzeitig regional und digital wollen. Es ist zum Beispiel die Fiducia & GAD dabei, die IT der Volks- und Raiffeisenbanken um modulare Plattformen zu ergänzen. Darüber kann die DZ BANK Gruppe als Service- und Produkt-Provider für die Genossenschaftsbanken das ganze Universum ihrer Finanzdienstleistungen – von der Versicherung bis zur Baufinanzierung – anbieten.
Differenzierte Cloud-Strategie
Auch Cloud ist ein Thema, das uns beschäftigt. Anders als manche Wettbewerber gehen wir hier jedoch schrittweise vor und wollen nicht die gesamte IT in die Cloud transferieren. Im Rahmen unserer Cloud-Strategie schauen wir uns mögliche Cluster an und prüfen, welche Lösungen für unsere Kunden und unsere Prozesse am besten sind. Es ist ein großer Vorteil, dass wir wenige „rostige“ Anwendungen haben und keine alten Systeme umbauen müssen. Rund zwei Drittel unserer Anwendungen sind vom Grundsatz her Cloud-fähig. Wir werden aber im Auge behalten von Microsoft, Google & Co. nicht abhängig zu werden. Deswegen bleiben wir vorsichtig.
Mehr IT für den Euro
Unsere Maßgabe als Bank unter den derzeitigen Rahmenbedingungen ist es, Kosten einzusparen. Gleichzeitig beschleunigt Corona die Verlagerung der Wertschöpfung in den digitalen Bereich. Angesichts der hier skizzierten Vorhaben wird es uns kaum gelingen, die absoluten Kosten für IT in den kommenden Jahren zu senken. Im Gegenteil: Wir werden weiter investieren, um die hier genannten Projekte voranzutreiben. Innerhalb unserer Gruppe wollen wir aber künftig mehr gemeinsam entwickeln, Tools und Technik mehrfach einsetzen und am Ende mehr IT für den Euro haben, statt mehr Euro für die IT auszugeben. Vergleichbare Kooperationen wären auch über die eigene Organisation hinaus vorstellbar, beispielsweise mit Banken aus den anderen beiden Säulen der deutschen Kreditwirtschaft.