Die in der Ostschweiz beheimatete Bank Linth hat vor kurzem ein neues Designkonzept für ihren Hauptsitz und weitere Geschäftsstellen eingeführt. Es erinnert eher an ein Hotel oder eine Kaffeebar als an ein konventionelles Finanzinstitut. „Wohlfühlarchitektur“ lautete das Ziel.
Verkehrte Welt bei der traditionellen, ländlich verankerten Bank Linth: Ihre neuen Geschäftsstellen erinnern mehr an ein Hotel oder eine Kaffeebar als an ein konventionelles Finanzinstitut. Bodenhohe Fenster gewähren von der Straße aus Einsicht, Kunden winken Mitarbeitenden durchs Fenster zu, Beratungsgespräche finden in einem gemütlichen Strandkorb statt. Was steckt hinter der Idee der Wohlfühlarchitektur?
Die Idee zum neuen Bankkonzept
Die Bank Linth ist eine regionale Bank mit rund 200 Mitarbeitenden und 19 Geschäftsstellen. Als typische Universalbank bietet sie eine breite Palette von Dienstleistungen an: Von der Hypothek über den Zahlungsverkehr bis zur professionellen Anlagelösung. Dabei konzentriert sich ihr Marktgebiet auf die deutschsprachige Schweiz und dort spezifisch auf den Raum Ostschweiz. Gegründet 1848 und durch diverse Zusammenschlüsse von Kleinstbanken zusammengewachsen, weist sie ein dichtes, sehr unterschiedlich ausgestaltetes Arsenal an Geschäftsstellen auf.
Als der Entscheid anstand, die Hauptgeschäftsstelle der Region Sargans zu erneuern, entschloss man sich für neue Wege. Eine rückläufige Zahl von Kundenbesuchen in der Geschäftsstelle, die kaum noch nachgefragten Bargeld-Dienstleistungen an der Kasse und der steigende Bedarf an Beratung waren die Grundlage für ein neues Konzept. Gleichzeitig wollte die Bank an ihren physischen Geschäftsstellen festhalten, die Verweildauer in diesen jedoch für ihre Kunden so angenehm wie möglich gestalten – egal, ob sie nur am Automaten Geld beziehen oder ein stündiges Gespräch mit ihrem Kundenberater führen.
In einem Wettbewerb wurde ein mutiges Konzept gewählt – von einer Innenarchitektin, die noch nie eine Bank gestaltet hatte. Marianne Daepp, seit 1982 mit ihrem eigenen Architekturbüro „marianne daepp ag innen-architektur vsi.asai“ in Uster tätig, war bislang auf Restaurants und Hotels spezialisiert und hatte beim Wettbewerb mitgemacht, weil „die Ausschreibung für einmal sehr konkret und für eine Bank untypisch war“, so die Innenarchitektin. Sie analysierte den typischen Kunden- und Mitarbeiterfluss und gestaltete mit diesen Überlegungen im Zentrum. Weiter waren die Begriffe Heimat und Identität wichtig für die Konzeptfindung.
Die Umsetzung des neuen Bankkonzepts
Auffallend an der Innenarchitektur sind die Formensprache und die Verwendung der Materialien. Statt sich mit Bildschirmen oder Plakaten in den Fenstern auszusperren, sind die bodenhohen Fenster einzig mit leeren Licht-Kupferrahmen umgeben. Eine Anspielung darauf, was da sein könnte – und eben nicht ist. Stattdessen sieht man das erste Mal in eine Bank hinein. Sieht Mitarbeitende, sieht Kunden. Die Fenster bringen Licht und Wärme in eine sonst traditionell kühle Umgebung. Das wird verstärkt vom zentralen Element, einem offenen Empfangstisch aus Holz. Bewusst kein solider Tisch, sondern mehr eine Theke. Sie macht es einfach, dass man um sie herumläuft, und ermöglicht Gespräche auf Augenhöhe. Außerdem stellt sie sicher, dass jeder Kunde zu Geschäftszeiten erst von einem Menschen begrüßt wird, und nicht von einer Automatenwüste.
Die Sinne werden auch von anderen natürlichen Materialien angesprochen. Eine grüne Lederwand trägt das Logo der Bank, ein heller Steinboden trennt den öffentlichen Raum vom Mitarbeiterraum mit Teppichbelag, ein Strandkorb aus Filz lädt zu Gesprächen ein. Eine zentrale Kaffeemaschine für die ganze Belegschaft befindet sich mitten in der Geschäftsstelle. Das trägt zur Visibilität der Mitarbeitenden bei und schafft Bewegung und Leben. Ein zentrales Element ist die sogenannte Multifunktionswand. Geschwungene, maßgefertigte Holzlamellen fassen Geld-Automaten, Münzenzähl-Automaten, Beratungszimmer und Bürozonen mit ein. Auch sie sind halbtransparent gestaltet, um Einblicke in die Arbeitsräume der Mitarbeitenden zu gewähren.
„Es war uns wichtig, Emotionen zu transportieren und zu wecken – mit verschiedenen Mitteln. Wir haben uns bewusst für natürliche Materialien entschieden, die zur Region und zur Bank passen. Keine künstliche Beduftung und keine Lift-Musik“, beschreibt die Architektin Marianne Daepp die Gestaltung. „Formen, Farben und Gerüche sollen alle Sinne ansprechen und einladend wirken.“ Auch auf die Raumakustik legte Marianne Daepp großen Wert.
Die Weiterentwicklung zur On-demand-Bankfiliale
Für die Bank Linth ist die Entwicklung ihrer Geschäftsstellen damit längst nicht abgeschlossen. Wir haben das Konzept, welches mit einem Pilotprojekt in der Geschäftsstelle Sargans begann, schon weiterentwickelt.
Unterdessen konnten wir eine „on demand“ Geschäftsstelle in Mels testen, eröffnen diesen Frühling einen reinen Beratungsstandort in Frauenfeld im Kanton Thurgau und haben die Büroräumlichkeiten für hundert unserer Mitarbeitenden am Hauptsitz in Uznach ebenfalls nach dem Konzept der Transparenz und der Wohlfühl-Atmosphäre umgebaut. Immer mit im Boot ist die Architektin Marianne Daepp. Da jede Geschäftsstelle wieder andere Voraussetzungen mitbringt und sich das Konzept konstant weiterentwickelt, bleibt es auch für sie spannend.