Im November endet die Testphase der drei Lösungsansätze zu Wholesale CBDCs im Eurosystem. Wie könnte es nach der Testphase weitergehen und welche Anpassungen müssen Banken vornehmen?

Lösungsansätze zu Wholesale CBDCs im Eurosystem

Wholesale Central Bank Digital Currency steht für Geld für die Abwicklung von Transaktionen zwischen Geschäftsbanken in tokenisierter Form.

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Im November dieses Jahres endet die Testphase des Eurosystems zu neuen Formen des Wholesale Settlements. Ein guter Grund, die aktuellen Lösungsansätze zu beleuchten und einen Blick darauf zu werfen, was diese im Falle der europaweiten Einführung jeweils für Geschäftsbanken an Anpassungsbedarf bedeuten würden.

Wholesale Central Bank Digital Currency (wCBDC) steht dabei für eine neue Zentralbankwährung, also Geld für die Abwicklung von Transaktionen zwischen Geschäftsbanken in tokenisierter Form. Die Abwicklungen von Zahlungen mit Zentralbankgeld über die TARGET Services ist in Europa an sich nichts neues.

Neu ist die Verwendung der zugrundeliegenden Technologie, mit welcher das Eurosystem aktuell experimentiert und die in Zukunft eine neue digitale Infrastruktur für Wholesale-Transaktionen im Euroraum bieten könnte: die Distributed-Ledger-Technologie (DLT), zu der, unter anderem, die Blockchain-Technologie zählt.

Die Tokenisierung von Zentralbankgeld würde einige Vorteile mit sich bringen. Zum Beispiel könnten Transaktionen über Markt-DLTs effizienter abgewickelt werden, da die indirekte Anbindung der Markt-DLTs über die Lösungen des Eurosystems einen automatisierten Handel mit tokenisierten Assets erlauben würden. Insbesondere der Handel mit (tokenisierten) Fremdwährungen würde (auf technischer Ebene) stark vereinfacht werden, unter anderem da Smart Contracts die Rolle von „Trusted third parties“ übernehmen könnten, wodurch das Settlement-Risiko entfällt.

Die Lösungsansätze des Eurosystems

Im Euroraum werden aktuell drei Lösungsansätze getestet. Verantwortlich sind jeweils

  • die Deutsche Bundesbank,
  • die Banca d’Italia und
  • die Banque de France.

Deutsche Bundesbank

Die Deutsche Bundesbank bietet mit der sogenannten Trigger-Lösung den Ansatz mit dem geringsten Anpassungsbedarf seitens der Banken an. Die Lösung wurde bereits 2021 mit dem TARGET2-System getestet.

Sie bietet einen Interoperabilitätsmechanismus, um eine Vielzahl von Markt-DLTs mit der bestehenden T2-Infrastruktur zu verbinden. Dazu führt sie eine eigene Trigger-Chain ein, die mit den Markt-DLTs von externen Anbietern verbunden ist.

Wenn auf einer Markt-DLT eine Transaktion tokenisierter Vermögenswerte ausgelöst wird, wird der Geschäftsvorfall an die Trigger-Chain übergeben. In der Trigger-Chain wird die Zahlung erstellt und an T2 weitergegeben.  Dabei wird das zu handelnde Asset für eine bestimmte Zeitspanne in einem Smart Contract (Hashed TimeLock Contract – HTLC) gebunden, bis entweder der Käufer bezahlt und somit die Transaktion finalisiert oder die Zeitspanne ausläuft und das Asset an den Verkäufer zurückgeht.

Im Fall der Trigger-Lösung übernimmt die Trigger-Chain die Kommunikation mit dem T2-System. Die Transaktion wird abgeschlossen, sobald die Buchung in T2 erfolgreich von der Trigger-Chain an die Markt-DLT übermittelt wurde.

Banca d‘Italia

Der Lösungsansatz der Banca d’Italia, der TIPS Hash-Link (TIPS H-L), nutzt den TARGET Service TIPS und ein API-Gateway, um mit externen Markt-DLTs zu kommunizieren. Die teilnehmenden Markt-DLTs integrieren einen Hash-Link Contract (HLC), über den Käufer und Verkäufer tokenisierter Vermögenswerte mit dem API-Gateway der TIPS H-L Lösung kommunizieren können.

Ähnlich wie bei der Trigger-Lösung wird das Asset des Verkäufers in dem Smart Contract (HLC) gesperrt, bis das API-Gateway die Zahlung des Käufers bestätigt oder die Transaktion abbricht und das Asset an den Verkäufer freigibt.

Durch die Nutzung des Echtzeitzahlungssystems TIPS sind Transaktionen mit TIPS H-L jederzeit und 24/7 möglich.

Banque de France

Die Lösungen der Deutschen Bundesbank und Banca d’Italia sind also kontenbasiert und sollen bestehende TARGET Services nutzen. In beiden Fällen wird die Bezahlung über klassische Konten getätigt, Käufer und Verkäufer also auf ihren üblichen Bankkonten belastet. Die Lösung der Banque de France hingegen führt eine tokenisierte Währung ein und sieht dafür eine eigene, von den Zentralbanken entwickelte DLT vor, auf der die tokenisierten Euros erstellen werden.

Der große Vorteil dieser Lösung ist, dass die wCBDC bereits in tokenisierter Form vorliegt, wodurch der Handel mit anderen tokenisierten Vermögenswerten am einfachsten möglich ist.

Übersicht zu den drei Zentralbanklösungen zu Wholesale CBDCs im Eurosystem.

Die Geschäftsbanken werden ihre Systeme anpassen müssen

Die Testphase der drei Lösungen läuft noch bis November 2024. Im Anschluss wird das Eurosystem die Tests auswerten. Unter Umständen findet sich bereits ein klarer Favorit und die Umsetzung startet.

Den größten Anpassungsbedarf seitens der Geschäftsbanken bietet zweifellos die Full-DLT Lösung der Banque de France. Aufgrund des tokenbasierten Ansatzes benötigen alle Akteure eine Cash-Wallet, um sich an den wCBDC Transaktionen der Full-DLT Lösung beteiligen zu können. Das bedeutet für die Geschäftsbanken, dass sie einerseits eine Wallet bei ihrer Zentralbank benötigen, und sie andererseits die Wallets ihrer Kunden verwalten müssen.

Ein zweiter Nachteil dieser Lösung ist die hohe Liquiditätsfragmentierung, da die Banken sowohl tokenisierte als auch klassische Euros in T2 liquide vorhalten müssen.

Den niedrigsten Anpassungsbedarf bei Geschäftsbanken sehen wir bei der Trigger-Lösung der Deutschen Bundesbank. Das Liquiditätsmanagement verbleibt in T2 und die Transaktionen können ohne das Einrichten jeglicher Wallets durchgeführt werden. Die Banca d’Italia liegt mit ihrem Lösungsansatz mit Blick auf den Anpassungsbedarf in der Mitte; auch für diese Lösung werden keine Wallets benötigt, aufgrund der 24/7-Verfügbarkeit der Echtzeitzahlungen erschwert sich jedoch das Liquiditätsmanagement.

Die Zukunft von wCBDC

Für Geschäftsbanken bleibt die Frage: Wie geht es jetzt weiter? Nach dem Ende der Testphase gibt es hier mehrere Optionen:

  • Einer der Lösungsansätze setzt sich durch. In diesem Fall müssten die Banken ihre Infrastruktur anpassen. Je nach Lösung wird sich das Liquiditätsmanagement ändern. Für einige Banken könnten neue Zahlungsverkehrsnachrichten (bspw. pacs.010 bei der Trigger-Lösung) einzuführen sein.
  • Basierend auf den Ergebnissen der ersten Testphase wird eine zweite Testphase eingeleitet. Diese könnte für Banken nicht mehr freiwillig, sondern verpflichtend sein, sodass Geschäftsbanken bereits für die Testphase Anpassungen an ihrer Infrastruktur vornehmen müssen.
  • Das Projekt wCBDC wird vorerst oder endgültig beendet.

Zu diesem Zeitpunkt können wir nur festhalten, dass sich Geschäftsbanken strategisch darauf vorbereiten müssen, ihre Zahlungsverkehrsinfrastruktur anzupassen. Die Ergebnisse der Testphase werden entscheidend dafür sein, wie der Wholesale Zahlungsverkehr in Europa in Zukunft gestaltet wird.


Philipp Uhinck

Philipp Uhinck ist Koautor des Beitrags. Er ist Senior Consultant bei der PPI AG und Experte für den Themenbereich Bitcoin und Wholesale CBDC. Er begleitet Banken u.a. bei Fragen zur T2/T2S Konsolidierung und ISO 20022 Migration.