Zerstört die Digitalisierung das konventionelle Bankgeschäft? Oder dominieren weiterhin menschliche Vertriebs- und Kommunikationskanäle? Die Diskussion bleibt spannend, denn für beides gibt es gute Argumente.
Seth Godin hat gestern in seinem persönlichen Blog den Unterschied zwischen „besser und anders“ thematisiert. Digitale Analogien funktionieren nach seiner Überzeugung nur, wenn sie nicht nur anders, sondern auch besser sind: Eine Unterhaltung ist nicht das Gleiche wie ein Chat. Eine E-Mail ist kein Ersatz für einen Brief. Videokonferenzen sind nicht dasselbe, wie an einer echten Konferenz teilzunehmen usw.
Es gibt seiner Meinung nach noch viel Raum für digitale Innovationen, um unsere Welt zu verändern. Aber sie werden nicht einfach ein Ersatz für das sein, was wir jetzt haben. Sie werden sich nur dann weit verbreiteten, wenn sie viel besser sind als der Status quo, den sie ersetzen. Dazu müssen sie zunächst einmal anders sein.
Veränderung durch digitale Transformation
So viel ist sicher: Die digitale Transformation führt zu einer Veränderung im Markt für Finanzdienstleistung. Ohne Einsatz moderner Technologie wird im Bankgeschäft bald nichts mehr gehen.
Doch sind digitale Vertriebs- und Kommunikationskanäle nur eine Ergänzung der bestehenden? Oder werden sie demnächst zum dominierenden Element einer Vertriebsstrategie?
Darüber gehen die Meinungen immer stärker auseinander, wie auch unser heutiger Wochenrückblick auf die internationale Finanzszene zeigt.
Die Digitalisierung zerstört keine Bankfilialen
Verbraucher lieben digitale Kanäle für Transaktionsaktivitäten wie Einzahlungen, Überweisungen und Zahlungen. Für alles andere bevorzugen sie jedoch immer noch den menschlichen Touch.
Eine populäre Theorie erklärt die anhaltende Beliebtheit der Bankfiliale mit den noch bestehenden Unzulänglichkeiten des digitalen Bankings. Die Verbraucher würden – so die Theorie – wenn die digitalen Tools und Werkzeuge besser wären. Kunden wollten gar nicht zu Banken gehen, sie müssten es, weil sie nicht alles via Online- und Mobile Kanäle erledigen können.
Die These wird nun durch eine aktuelle Studie erschüttert.
Mehr dazu hier: New Study Shatters Myth That Digital Channels Are Killing Branches
Banken sollten „Mobile-first“ denken
Eine andere Studie sieht den mobilen Kanal als zukünftigen Eckpfeiler einer Bank- und Kreditvertriebsstrategie auch wenn es weiterhin Filialen geben wird. Neuen digitale Tools ermöglichen den Kunden mehr Komfort im Management ihrer Finanzen, wann und wo immer sie wollen. Daher sollten Banken und Sparkassen ihn stets ins Zentrum ihrer zukünftigen Vertriebsstrategien rücken.
Mehr dazu hier: Despite Strength of Branches, Banks Must Still Think Mobile-First
Zuerst an den Mensch denken!
In den letzten Jahren stand die Wendung „digital first“ bei vielen Banken ganz oben auf der Agenda. Dabei sollte die Entwicklung von einer Multikanalstrategie zu einer Omnikanal-Strategie vollzogen werden, in der Kunden nahtlos von einem zum anderen Kanal (und zurück) wechseln können. In diesem Kontext wird aktuell viel über Chatbots und Voice Banking diskutiert. Doch auch, wenn sich Technologien aus dem Bereich Künstliche Intelligenz rasch entwickeln, werden sie in naher Zukunft nicht den Menschen ersetzen können.
Mehr dazu hier: Conversational AI – Digital first to human first
Weitere interessante Themen der Finanzwoche
Es gab aber noch weitere interessante Beiträge:
Banking Trends in der Google-Suche
The Financial Brand stellt jedes Jahr die wichtigsten Google-Suchtrends in der Bankenbranche vor und zeigt Entwicklungen der Begriffe, nach denen Konsumenten und Führungskräfte in der Finanzbranche auf Google suchen.
Mehr dazu hier: 2018 Google Search Trends in Banking, Digital Channels & Marketing
Verwirrende Vielfalt bei Open Banking
Open Banking wird derzeit von sämtlichen Beratungsgesellschaften als „Schöne neue Welt“ für Banken gelobt und als strategisches Ziel ausgegeben.
APIs öffnen sich in alle möglichen Richtungen, viele sind Sackgassen und werden niemals irgendwo hinführen, andere werden schlecht gepflegt, einige werden der beste Weg zur Vermarktung. APIs sollen Autobahnen einer neuen Weltordnung für Banken werden. Fürs Erste sind die Streckführungen dieser Autobahnen jedoch reichlich chaotisch und verwirrend, wie die Vielzahl der Beispiele zeigt.
Mehr dazu hier: Open Banking and the current Spaghetti Junction
Warum Banken einen Wechsel der Kern-IT scheuen
Gelegentlich wird darüber diskutiert, dass Banken doch ihre IT-Altlasten über Bord werfen und ein neues Kernbankensystem auf der „grünen Wiese“ aufbauen sollten. Sie hätten damit – so das Kalkül – die Möglichkeit, mit FinTechs mitzuhalten.
Doch bei einem n Vorgehen bestehen erhebliche Risiken, die sich in ihrer Vielfalt nur schwer oder gar nicht überblicken lassen. Und warum sollte man funktionierende Systeme abschalten?
Mehr dazu hier: Why banks fear core systems change