Verändertes Kundenverhalten, neue Wettbewerber und Technologien stellen Banken und Sparkassen vor vielfältige Herausforderungen. „Next Generation Payment“ ist eines davon und Thema eines Gesprächs mit Michael Titsch von der PPI AG.
Verändertes Kundenverhalten, neue Wettbewerber und neue Technologien bestimmen die Zukunft von Payments und Banking. Der digitale Bankkunde der im Vorbeigehen bezahlt sowie bankfremde Dienstleistungen und virtuelle Währungen nutzt, ist bereits heute Realität. Insbesondere Payments sollen sofort (instant), kostenfrei und unabhängig von Banken zur Verfügung stehen. Für die klassischen Finanzdienstleister bedeutet dies eine enorme Herausforderung.
Gespräch mit Michael Titsch, PPI AG zu Next Generation Payment
Darüber, was beim Thema „Next Generation Payment“ auf Banken und Sparkassen zukommt und wie sie am besten reagieren sollten, habe ich mich mit Michael Titsch unterhalten. Er befasst sich seit über 20 Jahren beruflich mit Banken und Finanzdienstleistern und ist Management Consultant und Experte für Projektmanagement, Payments und Banking bei der PPI AG. Nach Banklehre und Bankakademie Studium arbeitete er in verschiedenen Positionen, u.a. als Experte im Transaktion Banking und Leiter des Produktmanagement Zahlungsverkehr bei der DZ BANK AG sowie als Senior Consultant bei verschiedenen Beratungshäusern.
Der B2B-Bereich sollte mehr Beachtung finden
Der Bank Blog: Für welche Dienstleistungen ist der Kunde bereit, in Zukunft Geld zu bezahlen?
Michael Titsch: Für Finanzdienstleister wird es immer schwieriger, bei Standardleistungen Preise gegenüber dem Endkunden durchzusetzen. Ein Beispiel hierfür ist große „Aufschrei“ und das Zurückrudern beim Versuch, Gebühren für Abhebungen am Geldautomaten für eigene Kunden einzuführen. Über Jahre waren insbesondere Standard-Zahlungsverkehrsleistungen kostenfrei. Hier ist ein Selbstverständnis entstanden, was durch kostenfreie, digitale Informationen und Zahlungen verstärkt wird.
Nur wenn der Kunden einen Mehrwert erkennt, ist er bereit, auskömmliche Preise zu zahlen. Für das aktuell in der Entwicklung befindliche Verfahren Instant Payment, könnte dies bedeuten, dass eine einfache Instant-Zahlung diesen Mehrwert nicht generiert. Trotzdem wird es sich kaum einer erlauben können, dies dauerhaft nicht anzubieten.
Bei den aktuellen Entwicklungen und Marktteilnehmen steht insbesondere die Endkundenschnittstelle im Fokus. Neben den etablierten Finanzinstituten (Banken, PayPal oder die Kreditkartenfirmen) drängen hier auch die FinTechs und die IT-Giganten in den Markt. Daher sollte eine stärkere Betrachtung des B2B-Bereichs erfolgen, wo ein deutlich größeres Payment-Volumen generiert wird.
Der Bank Blog: Welche Wettbewerber werden Ihrer Ansicht nach überleben?
Michael Titsch: Die FinTechs werden den Transformationsprozess der klassischen Finanzinstitute beschleunigen – sie werden diese aber nicht ersetzen. Viele FinTechs werden wieder verschwinden, entweder, weil sie übernommen werden oder weil sie sich nicht etablieren konnten (z.B. Cashboard, Yapital). Diejenigen, die „überleben“, haben Kooperationen geschlossen oder u.a. durch Zukäufe eine Größe erreicht, um am Markt profitabel zu agieren.
Insbesondere die IT-Giganten wie Google, Apple, Facebook und Amazon werden sich im Payment-Markt aggressiv positionieren. Für sie ist Payment der nächste logische Schritt, um ihr „Ökosystem“ zu erweitern und zusätzliche Daten zu sammeln. Alle haben bereits Payment-Lösungen, die sie in Deutschland anbieten oder planen nach Deutschland zu bringen. Nicht zu vergessen das auf den europäischen Markt drängende Alipay. Das chinesische Onlinebezahlsystem der Alibaba Group hat mehr Kunden als Europa Einwohner.
Zahlungsvorgänge werden zukünftig im Vorbeigehen stattfinden
Der Bank Blog: Welche Technologien, Verfahren und Produkte setzen sich durch?
Michael Titsch: Es werden sich die Technologien, Verfahren und Produkte durchsetzen, die den veränderten Kundenbedürfnissen am besten Rechnung tragen. Mobile first oder sogar mobil only, Anbieter wie N26 oder Produkte wie Yomo, die Leistungen ausschließlich auf mobilen Endgeräten anbieten. P2P-Zahlungen, die ohne IBAN auskommen und so einfach und schnell wie Whats-App-Nachrichten sind. Es werden Produkte und Technologien benötigt, die den Megatrend eCommerce, die zunehmende Sharing Economy, die Verbreitung von Internet of Things und den „War on cash“ unterstützen. Smart Data und künstliche Intelligenz, um Kundenbedürfnisse „vor dem Entstehen“ zu erkennen.
Bezahlen durch Sprache (Alexa), einen Wisch (MyTaxi) oder im Rahmen der Kommunikation auf Social Media Plattformen (WeChat). Der Vorgang wird zum Erlebnis, rückt in den Hintergrund oder verschwindet gänzlich (Amazon Go, Uber).
Der Bank Blog: Inwieweit müssen Banken ihre System-Architektur anpassen, um insbesondere agiler auf Veränderungen reagieren zu können?
Michael Titsch: In einer zunehmend digitalisierten Welt, müssen bestehende System-Architekturen angepasst oder ausgetauscht werden. In beiden Fällen muss klar sein, wie die zukünftige Ausrichtung aussehen soll. Fast alle größeren Banken haben Innovations-Labs beziehungsweise neue Abteilungen oder Bereiche für die digitale Transformation geschaffen, mit dem Ziel unabhängig von der Bank neue Produkte zu kreieren und neue Technologien auszuprobieren, auch in Kooperation mit FinTechs. Dies führt zu mehr Agilität und damit der Möglichkeit, flexibler auf Veränderungen reagieren zu können.
Der Bank Blog: Wo und wie wirken diese Änderungen?
Michael Titsch: Ohne Implementierung einer digitalen Kultur, wird die digitale Transformation nur schwer gelingen. Dies bedeutet, dass nahezu alle Abteilungen betroffen sind. Auch im IT-Bereich ist die Digitalisierung oft noch nicht gänzlich angekommen. Change-Prozesse sind nötig, um sämtliche Mitarbeiter mitzunehmen.
First Mover haben es schwer in Deutschland
Der Bank Blog: Was bedeutet dies für die Finanzinstitute?
Michael Titsch: Nur wenige können die gesamte Bandbreite abdecken. Es wird darauf ankommen, sich zu fokussieren und je nach Geschäftsmodell die Produkte anzubieten und Technologien zu nutzen, die die eigene Identität unterstützen und einen Mehrwert für die Kunden bieten.
Kaum ein Finanzinstitut kann es sich leisten, sich nicht mit Marktveränderungen und neuen Technologien zu beschäftigen und zu experimentieren. Zu den Ersten am Markt zu gehören, lohnt sich aber oftmals nicht (z.B. Yapital für Mobile Payments). Je spezialisierter das Unternehmen und je jünger oder technikaffiner die Zielgruppe ist, desto höher sind die Erfolgsaussichten einer First Mover Strategie. Gute Preise sind eher für Produkte zu generieren, die noch von keinem anderen angeboten werden, von daher könnte sich ein früher Schritt in diese Richtung lohnen.
Der Bank Blog: Vielen Dank für das Gespräch.