Die Grenze zwischen Arbeits- und Privatleben verwischt

Schöne neue Volksbanken-Arbeitswelt 4.0

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Die Digitalisierung wird die Grenze zwischen Arbeits- und Privatleben immer mehr verwischen. Für Volksbanken ist es wichtig, an bewährten Werten festzuhalten und den Menschen auch im digitalen Wandel in den Mittelpunkt zu stellen.

Zunehmende Digitalisierung der Arbeit

Die Digitalisierung der Arbeit macht auch vor Banken und Sparkassen nicht halt
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Die Globalisierung des 20. Jahrhunderts wird sich reduzieren; zunehmend wird in lokalen Märkten produziert. Unternehmen kooperieren in Netzwerken. Die Grenze zwischen Arbeitsleben und Privatleben ist verwischt. Genossenschaftsbanken bieten den Kunden auf einer Plattform alle persönlichen und digitalen Bankdienstleistungen an. Ihre Mitarbeiter bilden regionale Bürogemeinschaften – mal als Filiale und mal als digitale Community.

Rahmenbedingungen wechseln von global zu lokal

Wer über die zukünftige Arbeitswelt in der Finanzbranche im Jahre 2035 nachdenkt, muss zunächst für sich Vorstellungen über die Entwicklung der Realwirtschaft und der Digitalisierung entwickeln.

Zunehmend setzt sich die Meinung durch, dass die Globalisierung nicht mehr im Interesse der eigenen Wirtschaft ist. Das weltweite Handelsvolumen wird stark zurückgehen, ebenso der Bedarf an Rohöl und Gas, da erneuerbare Energien bald in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen werden. Künftig wird wieder mehr vor Ort durch Kleinbetriebe mittels 3D-Druckern und weiterer Innovationen produziert, dort wo die Kunden die Produkte brauchen. Die Perspektive wird verstärkt von global zu lokal wechseln.

Digitalisierung revolutioniert die Arbeitsbedingungen

Die Digitalisierung wird unaufhaltsam voranschreiten. Dies wird nicht nur die mobile Informations- und Transaktionsebene betreffen, sondern auch den Übergang in die Wissensgesellschaft dramatisch vorantreiben. Die Grenze zwischen Arbeits- und Privatleben wird immer mehr verwischen. Die wachsenden Möglichkeiten und die herausfordernde Komplexität werden allerdings dazu führen, dass das Bedürfnis nach gemeinschaftsorientierten, persönlichen Austausch am Arbeitsplatz wieder zunehmen wird. Der Arbeitsplatz basiert auf sozialen Aktivitäten, gemeinsamen Arbeitsbereichen und teamorientierten Arbeiten.

Die Beschäftigung der Mitarbeiter in den Banken wird sich jedoch polarisieren. Routinetätigkeiten werden zunehmend durch Computer und Algorithmen ersetzt. Persönliche, kreative und vernetzte Dienstleistungen erfahren demgegenüber eine gesteigerte Wertschätzung. Heute noch hoch bezahlte Wertpapier- und Kreditanalysten werden verlieren; ebenso alle Tätigkeiten, die digital organisierbar sein werden. Dank günstiger Rechenpower, Software für die Analyse riesiger Datenmengen und Algorithmen-gesteuerten Verknüpfung interner Prozesse arbeiten in einzelnen Arbeitsbereichen Maschinen bald besser als Menschen – diese sollten jedoch die digitale Dividende kassieren.

Genossenschaftsbanken als Plattform-Angebot für Kunden

Die Zukunft gehört Netzwerken, die eine Kombination von leistungsstarker Zusammenarbeit, sozialer Interaktion und Raum für Inspiration und Reflexion bieten. Diese Antwort ist eine treffende Charakterisierung des genossenschaftlichen Finanzverbundes als mächtiges intelligentes Unternehmensnetzwerk mit wertorientiert verbindendem Wissen.

In einer lokal fundierten arbeitsteiligen Welt werden die Volks- und Raiffeisenbanken die Keimzellen des genossenschaftlichen Netzwerkes sein und bleiben. Ortsbanken werden jedoch stärker den Charakter einer Plattform annehmen. Kunden besuchen die Plattform, ihr finanzielles Zuhause, um sich in Bankgeschäfte einzuklinken. Kunden werden zukünftig Finanzgeschäfte als Plattform-Dienstleistungen begreifen. Die Plattform gibt den Kunden die Möglichkeiten gemäß ihrer Präferenzen einen individuellen und situativen Zugriff auf Bankdienstleistungen zu nehmen – ob mobil und digital Informationen zu erlangen, Transaktionen anzustoßen oder eine persönliche Interaktion zu initiieren. Über die Plattform können einfache Geschäfte fallabschließend kontrahiert werden. Teil der Plattform sind jedoch auch persönliche Begegnungsstätten – heute noch Filialen genannt, als Orte der sozialen, persönlichen und vertrauensvollen Interaktion.

In diesen Orten befinden sich sozial und medial hoch kompetente, kreative, flexible Mitarbeiter, die für ihre Kunden virtuos das hochkomplexe Spektrum der Plattform-Angebote managen. Die Mitarbeiter sind die Schlüsselträger auf der Plattform, die den Kunden weitere Ebenen der Nutzenstiftung öffnen. Der genossenschaftliche Finanzverbund ist im Grunde ein hochkomplexes Finanznetzwerk. Beratungs- und Vertriebseinheiten machen sich das Zusammenspiel von spezialisierten Produktions- und Steuerungseinheiten zunutze, die wiederum alternativ hierarchisch oder kooperativ miteinander verbunden sind. Die Kunst besteht in der effizienten Steuerung, produktiven Handhabung und permanenten innovativen Weiterentwicklung dieses Netzwerkes.

Werteorientierte Führung als Leitbild der Zukunftsfähigkeit

Um den fundamentalen Wandel von Wirtschaft und Gesellschaft durch die Digitalisierung für die Mitarbeiter beherrschbar und human zu gestalten, sind alle Veränderungen vom Kunden her zu denken. Dabei stellen Nähe, Vertrauen und Verlässlichkeit bei allen Finanzdienstleistungen den Dreh- und Angelpunkt dar. Wichtigste Aufgabe der Führungskräfte wird es sein, das Bewusstsein für die Notwendigkeit des Wandels und des individuellen sowie kollektiven Nutzens bei den Mitarbeitern zu erzeugen. Genießen die Führungskräfte das Vertrauen ihrer Mitarbeiter, wird es ihnen trotz deren unterschiedlicher Wahrnehmungs- und Akzeptanzmuster sowie sozialer und fachlicher Kompetenzen gelingen, Veränderungsprozesse zu managen.

Die neuen Veränderungsprozesse sind agil, sie können nicht mit statisch festgelegten Start- und Endzeitpunkten gesteuert werden. Die Orientierung für die Mitarbeiter muss zum einem aus dem Vertrauen in die geeinte Umsetzungskompetenz ihrer Führungskräfte und zum zweiten durch ihre herausragenden Fähigkeiten vom Kunden her zu denken entspringen. Mitarbeiter haben eine herausragende intellektuelle und emotionale Nähe zum Kunden und zeigen Respekt und Verständnis für seine spezifische Situation. Nur gemeinsam kann die Arbeitswelt von morgen gestaltet werden.

Aufgabe der Führungskräfte in den Arbeitswelten 4.0 wird es sein, für ihre Mitarbeiter Anleitung zu geben und Freiräume zu schaffen für flexible neue Lösungen für neue Probleme, soziale und interkulturelle Kompetenzen, Medienkompetenz und digitale Teamfähigkeit über die eigenen Fachgrenzen hinaus. Und für Führungskräfte ganz wichtig: gesteigertes Vertrauen in die Urteilskraft und in den Sinn für Prioritäten ihrer Mitarbeiter entwickeln. Entstehen können damit vernetzte, virtuell aufgestellte Teams, deren Mitglieder Kollektivisten sind, gleichzeitig Stärken einzelner Mitarbeiter fördern. So entsteht eine Arbeitswelt, in der die Mitarbeiter selbst bestimmen können, welche funktionelle und atmosphärische Umgebung für ihre Kunden und ihre eigene Kreativität am besten ist – ihre Handlungsspielräume werden größer.

Arbeitswelten 4.0 sind Netzwerke mit Menschen

Die Arbeitswelten 4.0 sind ein hochkomplexes, agiles Netzwerk. Es wird für viele enorme Veränderungen erzeugen; eine werteorientierte einheitliche Unternehmenskultur kann dafür beste Orientierung geben. Es existiert für meine Begriffe keine bessere Basis als das genossenschaftliche zutiefst demokratische Wertegerüst des lokal fundierten Prinzips der Hilfe zur Selbsthilfe, dem smarten Volksbanking mit dem Interessensausgleich zwischen Eigentümern, Kunden, Mitarbeitern und der Region sowie professioneller und kooperativer Zusammenarbeit auf nationaler und internationaler Ebene im genossenschaftlichen Finanzverbund. Werden diese Werte berücksichtigt, wird der Mensch auch im digitalen Wandel das letzte Wort behalten.


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Der Beitrag ist Teil einer Serie über die Auswirkungen der Digitalisierung auf Arbeit und Führung in Banken und Sparkassen. Abonnenten von Der Bank Blog Premium können das 38-seitige E-Book „Arbeit 4.0 in der Finanzdienstleistung“ direkt herunterladen.

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Über den Autor

Dr. Reiner Brüggestrat

Dr. Reiner Brüggestrat war bis 2020 Vorstandssprecher der Hamburger Volksbank. Der promovierte Wirtschaftswissenschaftler und Historiker war zuvor in den Sparkassen Essen und Gelsenkirchen tätig. In weiteren Funktionen engagiert sich der gebürtige Bochumer für die Belange der Metropolregion Hamburg, unter andrem als Vorsitzender des Ausschusses für Finanzwirtschaft der Hamburger Handelskammer und des Allgemeinen Norddeutschen Arbeitgeberverbandes e.V. (ANA).

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Ein Kommentar

  1. Avatar

    Hallo,

    ein Artikel der mir sehr gut gefällt. Über ähnliche Ansätze schreibe ich schon seit Jahren in meinem Blog http://www.financezweinull.de. Im letzten Jahr haben wir bei der ADG die GenoPreneur Summit durchgeführt und sind spätestens seit dieser Zeit im engen Kontakt und Austausch mit vielen startups und Organisationen, welche sich um die Neuerfindung und Modernisierung der genossenschaftlichen Idee bemühen. Abgeleitet aus der Sharing Economy, inzwischen aber in zunehmender Distanz hierzu schauen wir dabei insbesondere auf die Bewegung des Platform Cooperativismus. Es würde mich sehr freuen, wenn ich einmal Kontakt zum Autor aufnehmen könnte, um über mögliche gemeinsame Aktivitäten zu sprechen.

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