Big Data und Advanced Analytics zur Mittelstandsfinanzierung

Automation in der Mittelstandsfinanzierung

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Die zunehmende Automation von Analyseprozessen erfordert ein stärkeres Verständnis über die Analysemöglichkeiten selbst und ein intensiveres Datenquellen- und Datensenkenmanagement, um Nutzen aus der digitalen Transformation zu ziehen. Ein Management muss diesen Wandel daher aktiv planen und steuern.

Daten-Automation in der Mittelstandsfinanzierung

Verfahren wie Big Data und Advanced Analytics ermöglichen eine Daten-Automation in der Mittelstandsfinanzierung

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Der Mittelstand gilt als Rückgrat der deutschen Wirtschaft, für den die Finanzierung ein dauerhaft ebenso wichtiges wie problembeladenes Thema ist. Es zeigen sich daher für mittelständische Unternehmen arttypische und schwer zu überwindende Limitierungen der Finanzierungsmöglichkeiten, so dass im Umkehrschluss Anlass besteht, nach neuen Handlungsoptionen für den Mittelstand und seine Mittelbeschaffung zu suchen. Bei der kapitalgeberorientierten Kommunikation in Richtung eines anonymen (Kapital-)Markts, mit der Investoreninteresse auf Grund bereitgestellter Informationen geweckt werden soll, muss der mögliche Nutzen für den mittelsuchenden Informationsanbieter den damit verbundenen Aufwand rechtfertigen.

Automation in der Mittelstandsfinanzierung

Die Erweiterung der Finanzierungsoptionen im Mittelstand macht es u.a. erforderlich, dass zunächst mittelständische Unternehmen durch ein aktives Management ihrer veröffentlichten Daten ihr Potenzial zum Erhalt von Investorengeldern erhöhen. Interessierte Investoren wollen gleichsam in der Lage sein, diese Daten möglichst einfach auszuwerten, so dass ein Zusammenspiel der aktuell prominent diskutierten Konzepte der Big Data und der Advanced Analytics zu orchestrieren ist. Big Data wird nicht automatisch für Unternehmen nutzenstiftend, weil viele Daten vorhanden sind. Auch im Mittelstand entstehen mit der zunehmenden Digitalisierung von Geschäfts- und Produktionsprozessen viele strukturierte und unstrukturierte Daten; aber nur gezielt erfasst, aufbereitet und eingesetzt könnten diese Daten einem Unternehmen dabei helfen, Geschäftsmodelle oder Serviceorganisationen zu optimieren und sich agil an ändernde Markt- und Wettbewerbsbedingungen anzupassen. In den Big Data schlummern dabei zugleich erhebliche Herausforderungen: Manager müssen spezifische Kenntnisse erwerben, um mit den Daten umgehen zu können und Entscheidungs- sowie Geschäftsprozesse entwickeln sich neu oder anders, wenn hierfür Big Data eingesetzt werden. Big Data entwickelt eine neue Firmenkultur, verändert bestehende Strukturen und resultiert als digitale Transformation in einem Wandel der aufbau- und ablaufrelevanten Aspekte hin zum datengetriebenen Unternehmen. Zu den Big Data greift das Konzept der Advanced Analytics als Pendant.

Organisationale Aspekte

Das Setzen eines Unternehmens auf Big Data und Advanced Analytics erfordert eine strategische Ausrichtung der Organisationsstruktur. Konzepte wie Industrie 4.0 verlangen, dass dies aufbau- und ablauforganisatorisch reflektiert ist. Explizit im Finanzierungskontext geht es um die Steuerung der Informationsbereitstellung und der Pflege der strategisch relevanten sozialen Netzwerke. Dies bringt das schon in Ende der 1990er Jahre positionierte Web Farming von Hackathorn und das Thema der Datenqualität in die Diskussion.

Der Ansatz nach Hackathorn ist nicht nur ein technischer Integrationsprozess, sondern darüber hinaus ein organisatorisches Gestaltungskonzept. Getting Started ist die Initiierung des Integrationsprozesses. Hier werden die Geschäftsziele sowie das Geschäftsumfeld als Grundlage einerseits für den Informationsbedarf und andererseits für die Informationsplatzierung von einem zu diesem Zweck eingestellten Spezialisten analysiert. Die vorrangige Aufgabe besteht darin, kritische externe Faktoren zu bestimmen. In der Phase des Getting Serious wird der organisatorische Rahmen sowie die Infrastruktur für die Informationserfassung geschaffen. In diesem Zusammenhang ist eine Historie der gesammelten externen Informationen wichtig, um die Veränderungen im Zeitverlauf nachzuvollziehen. Abschließend ist eine unternehmensweite zielgruppenorientierte Informationsverteilung zu schaffen, um einer Informationsüberflutung entgegen zu wirken. Getting Smart ist als Kontrolle der bisherigen Aktivitäten aufzufassen. Die erfassten Informationen sind für die entsprechende Informationsverteilung zu analysieren und zu strukturieren. Die Ebene Getting Tough ist erreicht, wenn der Informationsintegrationsprozess und Informationsbereitstellungsprozess vollständig automatisiert stattfindet.

Ihren wahren Wert können Informationen intern und extern aber nur dann entfalten, wenn deren Qualität gegeben ist. Datenqualität, als Grundlage von Informationen und permanentes Thema in Unternehmen, veranschaulicht die Eignung von Daten, die Realität zu beschreiben. Für Entscheidungsträger ist Datenqualität von zentraler Bedeutung, da zum Beispiel auf der Basis von Daten Entscheidungen gefällt, Marktchancen bewertet und Verhandlungen geführt werden. Dabei besteht eine Korrelation zwischen Datenqualität und Entscheidungsqualität, wobei bei der Entscheidungsqualität auch die Interpretation der Daten in Bezug auf die Kausalität zu beachten ist.

Automation in der Kreditwürdigkeitsanalyse

Schon lange vor dem Aufkommen der Big-Data-Diskussion wurde eine datenbasierte Kreditwürdigkeitsprüfung in Finanzinstituten vorgenommen. In Zeiten einer durch die Digitalisierung, also den Potenzialen der Big Data und der Advanced Analytics, zunehmenden Automation erleben wir hier einen Wandel. Daten von und über Unternehmen stehen in unterschiedlichen Portalen zur Verfügung. Sie lassen sich automatisiert einladen und mittels analytischer Methoden ohne menschliches Zutun direkt auswerten, so dass den jeweiligen Entscheidungsträgern nur noch die Ergebnisse zur weiteren Verwendung zu Verfügung gestellt werden. Dabei ist festzustellen, dass die Kapitalgeber nicht mehr nur Finanzinstitute sind, sondern auch zunehmend Startups entstehen, die sich auf Big-Data-gestützte Auswertungen konzentrieren und ihre Scoring-Ergebnisse am Markt anbieten. Big Data bietet der Finanzbranche viel Potenzial und Innovationsmöglichkeiten.

Grenzen der Automation

Durch Automatisierung stehen aber gerade die datengetriebene Entscheidungsfindung im Mittelpunkt und bedarf der ethischen und rechtlichen Betrachtung. Unternehmen müssen sich im Klaren darüber sein, welche Big Data sind einerseits selber nutzen und welche sie selber zur Verfügung stellen wollen. Dabei rücken (teilweise) trainierte Algorithmen auch als Wirtschaftsgut in die Betrachtung mit ein, da diese einen Wettbewerbsvorteil am Markt ausmachen können.

Big Data und Advanced Analytics weisen dennoch eine hohe Bedeutung im Kontext der Mittelstandsfinanzierung auf. Big Data sind als Wegbereiter zu begreifen, da deren Erstellung und Management die Informationsbedürfnisse möglicher Investoren befriedigen und somit die Finanzierungsoption des Mittelstands erweitern können. Darüber hinaus können sie aber auch das eigene Geschäftsmodel erweitern und somit zur Unternehmensentwicklung beitragen. Advanced Analytics bietet in diesem Kontext algorithmische Lösungsansätze für Kapitalgeber, um in der Vielfalt von Kapitalanlagemöglichkeiten zunächst interessante bezogen auf die Rendite/Risikoposition zu identifizieren und darüber hinaus die darin hineinspielende Solvenz und Dauerhaftigkeit des Kapitalnehmers im Sinne einer Sicherheitsbewertung zu bewerten.


Der Artikel ist ein Auszug aus dem Beitrag „Die Bedeutung von Big Data und Advanced Analytics für die Mittelstandsfinanzierung“ aus dem Corporate Finance Themenheft „Digitalisierung der Mittelstandsfinanzierung“.

Über den Autor

Prof. Dr. Carsten Felden

Prof. Dr. Carsten Felden ist Direktor des Instituts für Wirtschaftsinformatik an der TU Bergakademie Freiberg (Sachsen). Er hat die Professur für ABWL, insbes. Informationswirtschaft/Wirtschaftsinformatik inne und fokussiert in der Lehre Herausforderungen der Business Intelligence. Zentrale Forschungsthemen sind Business Analytics, Data Warehousing, XBRL und IT-Reifegradmodelle. Er ist Vorstandsvorsitzender des TDWI e.V. und war Vorstandsmitglied des XBRL Deutschland e.V.

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