Wie können Finanzinstitute mit ihren Produkten und Dienstleistungen bei Geschäfts- und Firmenkunden in Zukunft bestehen? Eine Untersuchung der Star Finanz zeigt die klaren Erwartungen des deutschen Mittelstands.
Wie gehen Unternehmen in Deutschland mit dem digitalen Wandel um? Und was bedeutet dies für Banken und Sparkassen, wie können sie mit ihren Produkten und Dienstleistungen bei den Geschäfts- und Firmenkunden in Zukunft bestehen? Diese Fragen untersuchte die Star Finanz in einer Umfrage unter 11.000 Einzelunternehmern, mittelständischen Firmen und Großkonzernen. Das Ziel: Banken und Sparkassen sollen daraus für sich ableiten können, welche digitalen Produkte, Prozesse und Dienstleistungen Firmenkunden sich heute wünschen.
Wichtigste Erkenntnis: Die meisten Unternehmen begreifen Digitalisierung als Chance. Gleichzeitig unterschätzen sie die tiefgreifende Disruption ihres gesamten Geschäftsmodells, die damit einhergeht. Die Finanzinstitute müssen sich vor diesem Hintergrund bei ihren Firmenkunden stärker engagieren, um diese auf dem Weg zu digital zukunftssicher aufgestellten Unternehmen zu begleiten.
Deutscher Mittelstand unterschätzt digitalen Wandel
Insgesamt zeigen sich die Betriebe in Deutschland optimistisch: Ganze 83 Prozent sagen, dass der digitale Wandel Chancen für ihr Unternehmen bietet. Gleichzeitig sind viele Unternehmen verunsichert, welche Auswirkungen die Digitalisierung auf das eigene Geschäftsmodell hat. Rund jeder vierte Betrieb (27,2 Prozent) kann die Veränderungen nicht abschätzen. Und während fast die Hälfte der Unternehmen (44,9 Prozent) in den kommenden fünf Jahren durch den digitalen Wandel eine Transformation ihres Geschäftsmodells erwartet, wollen nur 11,3 Prozent der Betriebe diese Veränderung aktiv in die Hände nehmen und ihr Geschäftsmodell anpassen. Der Veränderungsdruck ist in vielen Unternehmen offenbar noch nicht so hoch, als dass sie Anpassungen ihres Geschäftsmodells als Priorität wahrnehmen.
Finanzinstitute als kaufmännische Begleiter bei der digitalen Transformation
Diese Ergebnisse zeigen, dass ein Großteil der Betriebe die volle Tragweite der Disruption unterschätzt. Damit laufen sie Gefahr, mittel- und langfristig in wirtschaftliche Schwierigkeiten zu geraten, sollten sie die Digitalisierung zu spät angehen. Banken und Sparkassen kommt insbesondere vor diesem Hintergrund die Aufgabe zu, Unternehmen bei der Umsetzung digitaler Veränderungsprozesse zu unterstützen. Gleichzeitig haben sie dadurch die Chance, sich als Ansprechpartner und Lösungsanbieter in digitalen Fragen zu positionieren.
Schon heute arbeiten Finanzinstitute etwa an Plattformlösungen, die nicht nur Kernbankleistungen besser und effizienter machen, sondern auch sogenannte Near- und Beyond-Banking-Leistungen wie Buchhaltung, Versicherungen und selbst Mobilitätsleistungen integrieren. Mit entsprechenden neuen Lösungen und Angeboten haben Banken und Sparkassen die Chance, sich in Digitalisierungsfragen als kaufmännische Begleiter des deutschen Mittelstands zu positionieren.
Die Mehrzahl der Unternehmen setzt jedoch auf die eigene Expertise und betraut eigene Unternehmensbereiche mit Digitalisierungsprozessen. Ein Drittel der Betriebe verfügt über eigens beauftragte Mitarbeiter. Nur 4,9 Prozent der Unternehmen, die sich mit Digitalisierung beschäftigen, nehmen hingegen bei Digitalisierungsfragen Beratung durch Finanzinstitute in Anspruch.
Hier haben die Institute großes Aufholpotenzial. Sie können sich weit stärker als Experte für den digitalen Wandel positionieren und disziplinübergreifende Mehrwertlösungen für Unternehmen anbieten.
Geräte im beruflichen Umfeld: Smartphone und Tablet komplett etabliert
Smartphone und Tablet gehören heute schon zur Grundausstattung von Unternehmern. Fast 80 Prozent nutzen ein Smartphone im Beruf und 55,8 Prozent ein Tablet. Zukunftstechnologien wie Virtual Reality (3,8 Prozent) und Augmented Reality (1,5 Prozent) spielen hingegen noch eine untergeordnete Rolle.
Unternehmer arbeiten heute ganz selbstverständlich mit mobilen Endgeräten. Für Finanzinstitute ist es vor diesem Hintergrund eine der entscheidenden Aufgaben, auf den Smartphones und Tablets der Firmenkunden präsent zu sein. Hierzu müssen die entsprechenden Angebote erweitert werden.
Kunden erwarten von Finanzinstituten digitale Services
Ein erheblicher Teil der Unternehmen erwartet von ihren Banken oder Sparkassen zusätzliche digitale Services, die über das aktuelle Angebot hinausgehen. An der Spitze liegen Kredit-Services (39,4 Prozent). Es folgen Cash Management (28 Prozent), Vertragsverwaltung (21,5 Prozent) und Rechnungsservice (20,3 Prozent). Die weiteren banknahen Dienstleistungen Avale und Factoring wünschen sich 13,8 beziehungsweise 7,4 Prozent.
Sieben Prozent der Unternehmen geben an, keinen Bedarf an zusätzlichen digitalen Services zu haben. 13,1 Prozent wissen es nicht beziehungsweise haben dazu keine Meinung.
Ob Kredite, Cash Management oder Factoring, Unternehmen haben ganz unterschiedliche Anforderungen. Es ist Aufgabe der Finanzinstitute, kleinen, mittleren und großen Unternehmen entsprechende disziplinübergreifende Angebote zu machen.
Mehrheit der Prozesse in Unternehmen wird manuell abgewickelt
Noch wird der überwiegende Teil der Prozesse in den Unternehmen manuell abgewickelt, das betrifft insbesondere Prozesse in den Bereichen Weiterbildung und Mitarbeiterorganisation. Klassisch kaufmännische Vorgänge weisen den höchsten Automatisierungsgrad auf. So sagen 86,2 Prozent der Unternehmen, dass sie Gehaltsabrechnungen automatisch oder überwiegend automatisch erstellen. Es folgen Ausgangsrechnungen mit einem vollständigen oder überwiegenden Automatisierungsgrad von 64 Prozent, die Erstellung regelmäßiger Reports (57,7 Prozent), das Mahnwesen (57,2 Prozent) und die Angebots- und Auftragserstellung (53,8 Prozent).
Erstaunlich ist, dass gut ein Viertel der Unternehmen (23,7 Prozent) für die Erstellung der Ausgangsrechnungen noch auf Word, Excel oder Textprogramme setzt. Dabei gilt: Je kleiner ein Unternehmen, desto eher erstellt es seine Ausgangsrechnungen per Word, Excel oder Textprogramm. Doch selbst bei Großunternehmen wird noch verhältnismäßig viel Zeit in die Abwicklung kaufmännischer Prozesse auf Basis von Textprogrammen investiert.
Insbesondere kleine Unternehmen nutzen oft noch nicht die vorhandenen Angebote, die sie dabei unterstützen, kaufmännische Prozesse in ihrem Betrieb digital und automatisiert abzubilden. Es wird deutlich, dass in diesem Segment großer Aufklärungsbedarf besteht.
Ausblick: Positionierung als Experte für den digitalen Wandel
Etablierte Finanzinstitute können sich noch weit stärker als Experten für den digitalen Wandel positionieren und disziplinübergreifende Mehrwertlösungen für ihre Firmenkunden anbieten. Die Umfrageergebnisse zeigen, welchen Bedarf es hier insbesondere bei kleineren Firmen gibt. Für sie gibt es heute oft noch nicht die passenden Angebote, um kaufmännische Prozesse durchgehend automatisiert abzubilden.
Auch wenn die Digitalisierung noch lange nicht abgeschlossen ist: Die deutsche Wirtschaft hat sich auf den Weg gemacht. Wichtig ist, dass Banken und Sparkassen sie auf diesem Weg noch stärker begleiten.
Infografik: Digitalisierung im deutschen Mittelstand
Die wichtigsten Ergebnisse der Befragung von 11.000 Firmenkunden zum Stand der digitalen Transformation im deutschen Mittelstand finden Sie in der folgenden Infografik:
Das Whitepaper „Digitalisierung im deutschen Mittelstand“ mit den vollständigen Ergebnissen der Umfrage können Sie hier bestellen.