Einer aktuellen Studie zufolge spaltet die zunehmende Digitalisierung die Wirtschaft in Vorreiter und Nachzügler. Ein Viertel der Unternehmen droht dabei, den Anschluss zu verlieren, wenn nicht geeignete Maßnahmen ergriffen werden.
Unter den Unternehmen in Deutschland und den USA geht die Schere zwischen digitalen Vorreitern und Nachzüglern weit auseinander. Das zeigt eine aktuelle Untersuchung der Boston Consulting Group (BCG), für die rund 700 Befragte aus Deutschland und den USA den digitalen Reifegrad ihrer Unternehmen eingeschätzt haben. Während die Vorreiter ein hohes digitales Leistungsniveau erreichen, droht rund ein Viertel der Unternehmen den Anschluss zu verlieren.
Die Digitalisierung spaltet die Unternehmenslandschaft. Unternehmen, die nicht Schritt halten, können in Zukunft stark an Bedeutung verlieren“
Michael Grebe, Senior Partner BCG
USA im Digitalisierungs-Wettbewerb vor Deutschland
Der Ländervergleich zeigt, dass sich in den USA mit einem Anteil von 28 Prozent branchenübergreifend mehr digitale Vorreiter finden als in Deutschland (21 Prozent). Auch der Anteil der Nachzügler ist in den USA mit 23 Prozent geringer als in Deutschland mit 31 Prozent. Den Spitzenreitern aus den USA gelingt es im Vergleich zu deutschen Vorreitern sehr gut, digitalen Fortschritt in zusätzliche Unternehmenswerte zu verwandeln. Zugleich schätzen sich amerikanische Unternehmen sehr gut darin ein, neue digitale Projekte in eigenen Accelerator-Centern voranzutreiben. Deutsche Vorreiter wiederum sehen ihre Stärke darin, klare digitale Zielbilder für das gesamte Unternehmen zu entwickeln. In beiden Ländern messen die Unternehmen dem Thema Cybersecurity einen hohen Stellenwert bei und gehen diese potenzielle Hürde der Digitalisierung systematisch an.
Was Vorreiter anders machen
Ambitionierte Ziele in Kombination mit einem klaren Umsetzungsfahrplan sind entscheidend für die Digitalisierung.“
Michael Rüßmann, Senior Partner BCG
Die Studie hat drei Faktoren identifiziert, die die Gruppe der digitalen Vorreiter auszeichnen
- Sie investieren in Digitalisierung: Die Hälfte der Vorreiter hat ein digitales Investitionsvolumen von mehr als 5 Prozent der Betriebskosten.
- Sie gewinnen digitale Talente: Rund der Hälfte der Vorreiter ist es gelungen, den Anteil digitaler Jobs auf ein Zehntel zu erhöhen.
- Sie leben eine digitale Kultur: Unternehmen, die zu der Gruppe der Vorreiter zählen, geben an, dass ihre digitale Organisation bereits sehr weit gereift und fest im Unternehmen verankert ist.
Digitale Vorreiter profitieren davon, dass der Vorstand die Digital-Agenda vorantreibt: Digitalisierung ist Chefsache. Nur wenn der Vorstand ambitionierte Ziele setzt und diese über ein Transformation-Office steuert, gelingt der digitale Wandel. Entscheidend ist auch, neue digitale Produkte in einer verantwortlichen Einheit zu verankern und in der gesamten Organisation verstärkt mit agilen Methoden zu arbeiten. Vorreiter vermeiden ferner die Pilotierung rein technischer Gimmicks und nutzen Prozessdigitalisierung, um die Performance zu steigern.
Bis 2020 wollen die Vorreiter nach eigenen Angaben vor allem die digitalisierte Produktion ausbauen und ihre IT effizienter aufstellen. Mit Beginn der Digitalisierung hätten sich viele Unternehmen einen regelrechten IT-Dschungel aufgebaut. Wer sich jetzt in einer Position der Stärke befindet, sollte diese nutzen, um sich auch von Altlasten in der digitalen Infrastruktur zu befreien.
Viele Nachzügler geben an, sich in den nächsten Jahren auf die Digitalisierung ihrer Prozesse und die Optimierung ihrer IT-Landschaft konzentrieren zu wollen. Zugleich sollen die digitale Kundenansprache und die Nutzung von (Kunden-)Daten erweitert werden. Vor allem der Ausbau der digitalen Kundenschnittstelle und deren Nutzung zur Gewinnung von Daten, sei für digitale Nachzügler ein wichtiger Schritt. Nur so können sie in Zukunft nachhaltig Umsatz machen und sich Investitionsspielraum verschaffen.
Infografik Nachzügler und Vorreiter der Digitalisierung
Die folgende Infografik fasst die wesentlichen Ergebnisse der Untersuchung zusammen: