Noch nie ist es mir so schwergefallen, eine Prognose für das kommende Jahr zu treffen und die Entwicklungen einzuschätzen wie dieser Tage. Drei Bereiche haben für das Direct Banking und Brokerage im Jahr 2023 besondere Relevanz.
Wir befinden uns in Deutschland und in Europa in einer Krisensituation, wie sie die meisten von uns noch nie erlebt haben: Krieg, Rezessionsangst, galoppierende Inflation, Lieferengpässe – und das ist ja bei Weitem noch nicht alles. Wenn wir die Chancen und Herausforderungen im Direct Banking und Brokerage thematisieren, dann angesichts dieser Komplexität. Und immer im Wissen darum, dass viele Menschen und Branchen stärker von den Entwicklungen betroffen sind als die Direktbanken.
Zinswende und Inflation im Blick
Positiv fällt die Zinswende ins Gewicht. Durch die anziehenden Zinsen wird der Anteil der Einnahmen daraus am Gesamtergebnis weiter steigen. Die Banken sollten aber nicht die Fehler der Vergangenheit wiederholen und im Wettbewerb um das höchste Zinsangebot die eigene Profitabilität vernachlässigen.
Für Kunden haben die Zinserhöhungen auch negative Konsequenzen: Es wird für Privatleute schwieriger, eine Immobilie zu finanzieren. Das Baufinanzierungsgeschäft, das für manche Direktbanken mehr, für andere dagegen weniger zentral ist, wird vermutlich deutlich zurückgehen.
Steigende Sparzinsen sollten die Anleger nicht in falscher Sicherheit wiegen. Auch im kommenden Jahr werden wir es mit einer überdurchschnittlich hohen Inflation zu tun haben. Die Bundesregierung prognostizierte im Oktober für das Jahr 2023 eine durchschnittliche Rate von 7,0 Prozent. Um keinen realen Geldwertverlust zu erleiden, müssen die Bundesbürger also dauerhaft mehr tun als ihr Vermögen auf einem Spar- oder Tagesgeldkonto zu parken.
„Normalisierung“ beim Wertpapierboom
Wer die Inflation ausgleichen will, kommt um die Anlage in Wertpapieren nicht herum. Das gilt auch angesichts der gesunkenen Kurse an den Märkten. Hatte es 2020 und 2021 parallel zur Corona-Krise noch einen Wertpapierboom gegeben, der bei den Brokern in Deutschland zu stark angestiegenen Transaktionszahlen führte, ist seit Frühjahr 2022 wieder eine „Normalisierung“ angesagt.
Viele jüngere Kunden, die in den letzten Jahren nur Aufwärtsbewegungen an den Märkten erlebt haben, sind weniger aktiv. Das zeigen auch unsere internen Auswertungen bei der Consorsbank. Deshalb sind die Broker im Vorteil, deren Kunden gut über alle Altersklassen und Erfahrungsstufen verteilt sind. Denn gerade erfahrene Anleger wissen, dass es auch in schwierigen und volatilen Märkten Chancen gibt und sich Investments in Wertpapiere insbesondere in solchen Phasen langfristig auszahlen. Insbesondere Sparpläne haben sich in den letzten Jahrzehnten als lukrative Anlagen erwiesen, wie die Statistiken des Fondsverbands BVI belegen.
Aber auch die verunsicherten Neueinsteiger dürfen wir nicht abschreiben. Es ist unsere Verantwortung und gleichzeitig eine große Herausforderung, das gerade erst wieder aufgeblühte Pflänzchen der Aktienkultur in Deutschland nicht wieder eingehen zu lassen. Denn auch für 2023 rechnen wir weiter mit einem herausfordernden Trading-Umfeld. Deshalb müssen wir die Menschen mehr denn je über die langfristigen Chancen der Wertpapieranlage informieren.
Digital Orientierung geben
Die Corona-Krise hat dazu geführt, dass auch in Deutschland viele Lebensbereiche weiter digitalisiert wurden. Diesen Trend wollen wir als Direktbank nutzen, um unseren Kunden noch stärker auf digitalem Weg Orientierung zu geben. Wir werden sie noch zielgerichteter bei ihren Investitionsentscheidungen unterstützen, damit sie diese so fundiert wie möglich treffen können.
Gerade Unerfahrenere und Neueinsteiger werden von mehr Informationen und Tools profitieren und von der Bank Guidance erhalten. Mit gezielten Hintergrundinfos für die je aktuelle Marktlage, mit einem Überblick, welche Produkte andere Anleger kaufen („Peer Comparison“) oder mit fertig zusammengestellten Portfolios für verschiedene Risikoprofile im Rahmen einer gemanagten Vermögensverwaltung.
Vieles ist im letzten Jahr ins Rutschen gekommen. Die Unsicherheit der Menschen ist groß, auch und besonders, wenn es darum geht, wie sie ihr Geld anlegen und ihr Vermögen erhalten können. Als Direktbank und -broker stehen wir in der Verantwortung, ihnen dabei Orientierung zu geben. Darin liegt bei allen Sorgen und trüben Aussichten auch eine Chance: die nachhaltige Stärkung der Kundenbeziehungen.
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Der Beitrag ist Teil des Jahresausblicks 2023. Die Prognosen aller Experten sind in einem umfangreichen E-Book zusammengefasst. Abonnenten von Der Bank Blog Premium können das E-Book direkt herunterladen.
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