Diversity-Management, die aktive Unterstützung kultureller und personeller Vielfalt von Mitarbeitern und Führungskräften kann erhebliches Leistungspotential freilegen. Doch es gibt immer noch Bankvorstände, die sich schwer damit tun.

Diversity-Management in Banken und Sparkassen

Das Potential einer kulturellen und personellen Vielfalt beim Personal sollte aktiv genutzt werden

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„Hallohallo!“, schmetterte die stellvertretende Vize-Chefredakteurin mit den ungemein lila Haaren fröhlich dem Vorstandsvorsitzenden entgegen, ehe die rechte Hand zur Begrüßung vorschnellte. Den harten Händedruck hatte sie sich in ihrer Heimat angewöhnt, die im malerischen Siebenbürgen lag.

Ja, der CEO war stolz auf sich und sein Führungsteam. Sie leiteten gemeinsam eine moderne, aufgeschlossene Bank, die mit heiklen Themen recht gut umgehen konnte. Man hatte die Finanzkrise überwunden, die unsägliche Schweizer-Franken-Kredit-Depression überlebt und auch Oursourcing und Nearshoring gut hinter sich gebracht. Nun war man auf dem Weg zu neuen Herausforderungen.

Interviews mit der hausinternen Firmenzeitung waren dabei die leichteste Übung. Die Fragen waren normaler Weise sehr angenehm, etwa nach dem Motto: Wollten Sie schon immer Banker werden? Oder: Wie haben Sie es geschafft, in diese Position zu kommen? Auch gerne der Klassiker: Nennen Sie uns bitte Ihre Schwächen, wir sagen sie nicht weiter, versprochen. Und ja, die Antworten waren Ungeduld und dieser verdammte Ehrgeiz.

„Nehmen Sie doch bitte Platz.“ Der CEO war ein Gentleman der alten Schule, was aber nichts mit seinem jugendlichen Alter von 67 Jahren zu tun haben konnte.

„Danke, dass Sie sich als vielbeschäftigter Mann für das Interview Zeit nehmen. Und noch dazu zu diesem heiklen Thema.“

Es war zehn Uhr morgens und der CEO hatte seine Tagesagenda noch nicht so richtig im Griff. Heikles Thema? Ging es denn nicht um die medial aufbereitete Danksagung der Belegschaft für die neue Cafeteria, die der Vorstand so aufwendig hatte umbauen lassen? Was man nicht alles für die Belegschaft tat. Ein Blick auf den Blackberry verschaffte ihm traurige Gewissheit. Es ging um Diversity.

Mist!

Dabei hatte alles so gut begonnen. Die Bank beschäftigte Personen aus über 20 Nationen und war stolz auf die Vielfalt der Kulturen, die sich tagtäglich gemeinsam dem Firmenwohl widmeten. Aber – man könnte das Thema leider nicht schönreden – der Anteil der weiblichen Führungskräfte war … ausbaufähig. Das Projekt Diversity, von der Firmenleitung zur Abhilfe dieses Missstandes ins Leben gerufen, vom CEO höchstpersönlich beschirmherrt und vom Aufsichtsrat eifrig unterstützt, feierte sein einjähriges Bestehen.

Und nun, zum Dank für dieses exzeptionelle Engagement sozusagen, lag das Aufnahmegerät der Redakteurin auf seinem Besprechungstisch und blinkte rot, so wie eine Warnleuchte bei Gefahr es tun würde.

„Ein Jahr Diversity – Ihr Resümee?“, die stellvertretende Vize-Chefredakteurin kam lächelnd sofort auf den Punkt.

„Na hervorragend, wenn Sie mich fragen. Wir haben viel erreicht, aber es ist natürlich auch noch viel zu tun. There is always room for improvement!“

Der CEO hatte seine Routine zurückgewonnen und war bereit, einige Asse in diesem Match zu servieren. Dies war sein Tenniscourt. Und er legte nach.

„Nehmen Sie zum Beispiel den Frauenbeauftragten, den wir vor kurzem gemeinsam mit dem Betriebsrat installiert haben. Er soll die Anliegen der weiblichen Belegschaft vertreten.“

„Aha. Der Frauenbeauftragte ist also ein Mann?“ Manche Menschen sehen das Unheil nicht kommen.

„Naja, der Kollege hat den Namen seiner Frau angenommen und ist auch so sehr feminin. Also…“

Der CEO dachte kurz nach und zog es dann vor, das Interview in eine andere Richtung zu lenken.

„Zudem haben wir bei den Führungskräften den Frauenanteil signifikant erhöht. Ich bin guter Hoffnung, dass wir die angestrebten 30% in absehbarer Zeit erreichen werden.“ Er fügte etwas leiser hinzu: „Schon jetzt haben zig Prozent weibliche Führungskräfte!“

„Zig Prozent?“

„Hmmm, über alle Führungsebenen…“

Die Chefredakteurin blieb hartnäckig am Ball.

„Die dritte Führungsebene, beispielsweise. Über welchen Prozentsatz reden wir hier?“

Der CEO versuchte sein verführerisches Lächeln.

„Fünfzehn!“

„Also fünfzehn-zig.“, kam die patzige Feststellung retour. Das hatte er nicht verdient. Aber sie machte natürlich munter weiter.

„Und auf der zweiten Ebene?“

„Acht.“

„Acht-zig?“

Er würdigte diese Provokation mit keinem Wort.

„Nur der Vollständigkeit halber: wie schaut es mit weiblichen Vorständen im Konzern aus?“

„Natürlich haben wir auch weibliche Vorstände. Eine sehr erfolgreiche Dame wurde erst unlängst in den Vorstand einer unserer Tochterfirmen berufen.“ Er dachte angestrengt nach und war sich sicher, dass er damit richtig lag. Oder hatte ein Mitbewerber gerade eine Frau in den Vorstand berufen und er verwechselte das?

Egal, er war ein lang gedienter, erfolgreicher Manager und wusste, wann es Zeit war, die Strategie zu wechseln. Er hatte in den gewitzten Augen seines Gegenübers den unbedingten Willen zu Erfolg erkannt und er wusste nun, wie er das Interview retten konnte.

„Sie scheinen mir eine clevere, zielorientierte Managerin zu sein. Viel zu clever, um als stellvertretende Vize-Chefredakteurin ihre Zeit zu verschwenden. Diversity funktioniert in unserem Unternehmen, glauben Sie mir. Sie können schon morgen Vize-Chefredakteurin sein.“

Er griff ohne Umschweife zum Telefon und klärte die Beförderung in wenigen Sätzen ab.

Von Mann zu Mann.