Bezahlen mit Bargeld ist bei uns noch immer weit verbreitet. Da sollte man meinen, dass Banken und Sparkassen sich auch Gedanken um innovative Geldautomaten machen. Die echten Innovationen finden jedoch in anderen Ländern statt und sind durchaus interessant.
Vor einiger Zeit habe ich über die Innovationen am Geldautomaten (ausgeschrieben: Geldausgabeautomaten, kurz: GAA) der spanische Bankengruppe BBVA berichtet. Ziel der Neuerungen war es seinerzeit, mehr Customer Experience von anderen Geräten (z.B. dem iPhone) auf den GAA zu übertragen.
Zumindest hierzulande sehen die GAAs jedoch nach wie vor unverändert aus.
Heute möchte ich Ihnen weitere Innovationen vorstellen. Doch werfen wir zunächst einen Blick auf das Bargeld selbst.
Bargeld lacht, aber nicht mehr in Nordeuropa
In Deutschland beträgt der Anteil von Bargeld beim Bezahlen im Einzelhandel immer noch rund 80%. Die Devise lautet noch immer „Bargeld lacht“, auch wenn sich viele angesichts der hohen damit verbundenen Kosten fragen, wie lange noch…
Skandinavische Länder sind beim Thema Bezahlen deutlich fortschrittlicher, wie in so vielen Themen der digitalen Finanzgeschäfte. Mobile Payment hat dort bereits erfolgreich Einzug in den Alltag der Konsumenten gehalten.
So ist in Dänemark die Bargeldquote in den letzten 15 Jahren von 80% auf unter 25% gesunken. Und die dortige Regierung unterstützt diesen Trend massiv indem sie jetzt ein Gesetz auf den Weg gebracht hat, dass Tankstellen, Restaurants und kleine Läden (mit der Ausnahme von Geschäften für Nahrungsmittel) vom kommenden Jahr an vom Zwang befreien soll, Bargeld als Zahlungsmittel anzunehmen.
Kunden beziehen ihr Geld vor allem am Automaten
Um Bargeld überhaupt zu verwenden, muss man es erst mal von seinem Konto abheben. Automatisierung unter Kostengesichtspunkten ist für Banken und Sparkassen schon länger ein interessantes Thema. Der erste Geldautomat in Deutschland wurde bereits 1968 von der Kreissparkasse Tübingen in Betrieb genommen. Seither ist deren Zahl zwar deutlich angewachsen, an der Technik hat sich, zumindest für die Kunden, wenig verändert.
Das scheint die Konsumenten jedoch nicht zu stören, ist doch einer Untersuchung der Deutschen Bundesbank zufolge der Geldautomat der am häufigsten genutzte Abhebeort für Bargeld mit einem durchschnittlichen Anteil von 80%. Der Anteil der Schalterabhebungen ist mit circa 19 % deutlich geringer.
Innovative Ideen rund um den Bezug von Bargeld
Solange man daran glaubt, das Bargeld eine Zukunft hat, macht es also durchaus Sinn, über innovative Ideen zur Bargeldversorgung nachzudenken. Drei davon stelle ich Ihnen im Folgenden vor.
Innovation 1: Der Point-of-Sale als Geldautomat
Eine Innovation, wenn man es denn so nennen will, stellt die Möglichkeit dar, direkt an einer Supermarkt- oder Tankstellenkasse Geld vom Konto abzuheben. Diesen Service bietet Edeka seit 2012 an. Und sogar schon seit 2010 können Bankkunden bei Shell Tankstellen Geld abheben. Für die Anbieter macht dies durchaus Sinn, können sie doch damit ihre Bargeldbestände und die damit verbundenen Kosten senken.
Allerdings nutzen die Kunden diese Möglichkeit nur selten, wie die bereits genannte Untersuchung der deutschen Bundesbank zeigt. Demnach haben die Verbraucher 2011 lediglich 1% ihren jährlichen Bargeldbedarfs am sogenannten Point-of-Sale (POS) gedeckt. 92% der Studienteilnehmer gaben an, diese Abhebeart überhaupt nicht zu nutzen.
Innovation 2: Der Geldautomaten kommt zum Kunden
Einen völlig anderen Weg geht die polnische Idea Bank. Sie hat derzeit vier BMWi3 Autos im Fuhrpark, an denen Kunden Geld einzahlen können. Dazu gibt es eine App fürs Smartphone, mit der man den fahrbaren GAA ähnlich wie ein Taxi zu sich rufen kann. Im folgenden Video sieht man wie es funktioniert.
In einer nächsten Ausbaustufe ist vorgesehen, auch Auszahlungen im wahrsten Sinn des Wortes mobil zu ermöglichen. Dann wird das Ganze tatsächlich zu einem mobilen GAA auf Abruf.
Innovation 3: Der Kunde wird zum Geldautomaten
Und es geht sogar noch einfacher. Bei einem von TechCrunch veranstalteten Disrupt hackathon wurde eine Lösung gezeigt, die Peer-to-Peer-Auszahlungen ermöglicht. Die mobile App MoolahMe soll es ermöglichen, Geld-Anfragen zu nahe gelegenen anderen Benutzern zu senden und diese können direkt reagieren. Nach einer Geldübergabe, wird erfolgt die Abwicklung durch eine automatische Überweisung über einen Peer-to-Peer-Zahlungsservice. Apple besitzt übrigens ein Patent auf eine ähnliche Anwendung.
Wenn sich das durchsetzt, werden wir irgendwann alle zum wandelnden Geldautomaten und die GAAs der Banken und Sparkassen damit überflüssig.
Dummerweise werden damit aber auch die Finanzinstitute selbst eines Teils ihrer Funktion beraubt. Vielleicht sollten sie sich vorher besser eine intelligente eigene Lösung überlegen, mit der sie die Hoheit über die Kundenbeziehung behalten.