Eigenverantwortliches Handeln im Vertrieb durch eine Fokussierung auf die Kunden-Berater-Beziehung ist die Grundlage für wirklich bedürfnisgerechte Kundenberatung. Es garantiert zudem Planungssicherheit bei Erträgen und Kalkulationssicherheit für die Kosten.

Kunden-Berater-Beziehung in Banken und Sparkassen

Die Kunden-Berater-Beziehung ist Grundlage für bedürfnisgerechte Kundenberatung.

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Das aktuelle Vorgehen in Retailinstituten bei der Planung ihrer zukünftigen Erträge und der Ableitung hierfür erforderlicher Kosten ist häufig immer noch ein Fortschreiben der Erfahrungen aus der Vergangenheit. Erträge werden durch Preis- und Wachstumserwartungen und Kosten durch Einsparansprüche auf Basis der Erfahrungen oder Vorjahreswerten fortgeschrieben. Doch ist dies noch zeitgemäß oder sollten die Institute neue Wege gehen?

Zudem findet keine wirkliche Beschäftigung mit den Bedürfnissen der Kunden statt. Kundenbedürfnisse werden vielmehr aus statistischen Erwartungen abgeleitet und durch das komplexe Konstrukt vertrieblicher Zielkennziffern aufsichtsrechtlich konform verankert. Als Konsequenz sinkt trotz vermeintlich erfolgreicher vertrieblicher und wirtschaftlicher Zahlen die Kundenzufriedenheit. Dies macht es neuen Marktteilnehmern leicht, Geschäftsanteile zu gewinnen und dabei auch noch Kunden zu begeistern.

Eine Ausrichtung an vorhandenen Potenzialen findet vor allem im Zusammenhang mit unterjährigen Kampagnen und Maßnahmen statt. Dabei wird Bedürfnisgerechtigkeit durch das Postulat der ganzheitlichen Beratung erfüllt, die neben den Abschlüssen mittelbar in einer Anzahl zu führender Gespräche erzielt wird. Die Abarbeitung derartig ermittelter Ziele wird zum Herzstück vertrieblichen Handelns. Der Erfolg bleibt zwangsläufig hinter den Möglichkeiten zurück, was gerade heute zu einem generellen Umdenken führen sollte.

Die Kunden-Berater-Beziehung – Ein Erfolgsmodell

Ausgangspunkt des Geschäftsmodells und damit auch zentraler Erfolgsfaktor sollte immer die Kunden-Berater-Beziehung sein. Ein Wirtschaftsunternehmen, egal welcher Branche, sollte sich immer dadurch auszeichnen, dass es sein Geschäftsmodell vom Kunden aus denkt. Erfolgreiche Produktangebote sind immer diejenigen, die aus den Bedürfnissen der Kunden entstehen und zu Preisen angeboten werden, die Kunden bereit sind hierfür zu bezahlen.

Selbstverständlich ist es nicht möglich die Bedürfnisse jedes Kunden im Einzelnen zu eruieren, Preisbereitschaften festzustellen und anschließend auch noch für Zwecke der Planung eine Aggregation durchzuführen. Fraglich ist aber, ob dieses bei einem Fokussieren auf die Kunden-Berater-Beziehung wirklich erforderlich ist. Genügt es nicht vielmehr zu hinterfragen, wie viele verschiedene Kundengruppen vorhanden und was deren standardisierte Bedürfnisse sind? Vielleicht muss die Frage aber auch lauten, wie viele standardisierte Bedürfnisse gibt es und wie viele Kundengruppen müssen gebildet werden um diese zu erfüllen? Welche Kunden gehören welcher Kundengruppe an und welche Produkte benötigen wir hierfür?

Finanzprodukte erfüllen Bedürfnisse nur mittelbar

Eine spezifische Problematik bei Finanzprodukten ist, dass sie aus sich selbst heraus keine Bedürfnisse befriedigen. Sie dienen vielmehr nur als Mittel zum Zweck, da Kunden sich ihre Bedürfnisse mit den finanziellen Mittel eines Instituts erfüllen möchten. Wie das Produkt ausgestaltet ist, welches den Kunden diese finanziellen Mittel liefert ist für Kunden zweitrangig. Genau hier muss aber die Kunden-Berater-Beziehung ansetzen.

Zumeist konfrontieren Kunden ihre Berater nicht mit ihren originären Bedürfnissen sondern mit konkreten Ausgestaltungswünschen an die Finanzprodukte. Diese Ausgestaltungswünsche betreffen Laufzeiten, Zinssätze, Kündigungsmöglichkeiten, etc. Stehen diese Ausgestaltungswünsche im Mittelpunkt des Beratungsgespräches werden aber Ertragschancen vertan. Kompetenzen der Berater werden nur unzureichend genutzt und eine bedürfnisgerechte Kundenberatung ist nur noch in Ansätzen vorhanden.

Die Folge sind insbesondere im gewerblichen Kreditgeschäft individuelle Vereinbarungen mit dem Kunden. Diese individuellen Vereinbarungen bedingen prozessuale Kosten und bergen zukünftige Risiken. Es kommt nicht zu einer hohen Zufriedenheit bei den Kunden, da diese schlicht ihre abgeleiteten Wünsche erfüllt sehen und keine wirkliche Beratung gemessen an ihren individuellen Bedürfnissen und den hierfür geeigneten Finanzprodukten erfahren.

Einklang Kundenbedürfnis und Finanzprodukt

Aufgabe der Berater muss es sein, die Kundenbedürfnisse mit den vorhandenen Produkten in einen bestmöglichen Einklang zu bringen. Die Berater müssen das Kundenbedürfnis in das für diese möglichst optimale Produkt überführen. Frei nach dem Motto: „Für Ihren Wunsch habe ich genau das richtige Kredit- oder Sparprodukt.“

Durch eine solche Vorgehensweise rückt die Kompetenz der Berater für die angebotenen Produkte in den Mittelpunkt. Die Berater sind die Experten in den finanziellen Produkten und stellen den Kunden basierend auf deren Bedürfnissen die finanziellen Produkte aus dem vorhandenen Produktkorb zur Verfügung, die hierfür bestmöglich geeignet sind.

Häufig wird mit einer derartigen Vorgehensweise die Gefahr eines erzwungenen Produktverkaufs verbunden. Dies ist aber unbegründet. Ein erzwungener Produktverkauf kann nicht vorliegen, wenn vom originären Kundenbedürfnis ausgegangen wird und hierfür geeignete finanzielle Produkte vorgestellt werden hinsichtlich deren Abschluss der Kunde frei in der Entscheidung ist.

Risiken und Nebenwirkungen

Allerdings kann dieses Vorgehen bedeuten, dass sich der Kunde gegen den Produktabschluss entscheidet. Dies kann bei den aktuellen Marktgegebenheiten aber durchaus auch als Vorteil empfunden werden, da ein Mehr an Marktanteilen an sich nicht mehr mit einem Mehr an Erträgen gleichzusetzen ist.

Es geht vielmehr darum für die bereits angesprochenen Kundengruppen die Arten von Produkten zu designen die für die Erfüllung der individuellen Bedürfnisse geeignet sind. Mit diesen Produkten ausgestattet sollten dann die an den originären Kundenbedürfnissen ausgerichteten Beratungsgespräche durchgeführt werden. Diese Art von Beratungsgesprächen wird von Kunden als wertschätzend und überraschend wahrgenommen werden, da sie ihnen Lösungen präsentieren an die die Kunden selber gar nicht gedacht haben. Sie führt also zu Kostensicherheit, mindert die Gefahr zukünftiger Risiken und kann die Kundenzufriedenheit steigern und stabilisieren

Ein derartiges, vom Kunden aus gedachtes Vorgehen rückt auch die Planung in Gänze weitaus näher an die realistischen Möglichkeiten. Durch die Frage: „Welche Kunden gehören welcher Kundengruppe an und welche Produkte benötigen wir hierfür?“ rücken die Kunden in den Mittelpunkt der Planung. Potenziale im vorhandenen Kundenstamm können offen gelegt werden wodurch die Güte bei der Planung gesteigert wird. Zudem lassen sich Investitions- und Desinvestitionsentscheidung in der Produkt- und Prozesswelt deutlich fundierter ableiten und langfristig planen.


Jule Grunau

Jule Grunau ist Koautorin des Beitrags. Sie ist als Referentin des Vorstandsvorsitzenden der Sparkasse Lüneburg tätig. Außerdem ist sie Studierende der Betriebswirtschaftslehre an der Leuphana Universität Lüneburg.