Eine Vielzahl neuer Produkte scheitert am Markt, weil Kunden sie schlicht nicht nachfragen. Um Enttäuschungen zu vermeiden, sollten Banken und Sparkassen bereits bei der Entwicklung zwei wichtige Kriterien für den Markterfolg von Produktinnovationen beachten.
Wussten Sie, dass Google keineswegs die erste Suchmaschine war? Es war auch nicht die zweite oder dritte. Vorgänger waren z.B. Altavista, Infoseek, Lycos, Yahoo, Webcrawler und einige andere. Seit vielen Jahren hat Google jedoch die einsame Position des unangefochtenen Marktführers eingenommen und ist die weltweit erfolgreichste Suchmaschine.
Doch warum hatte Google mit seiner Innovation Erfolg, während andere Unternehmen in der Bedeutungslosigkeit verschwanden? Dafür gibt es vor allem zwei Gründe.
Innovationen bedeuten Gewinne und Verluste für Kunden
Innovationen sollen für Kunden einen Mehrwert durch Produktveränderungen kreieren. Damit einher gehen jedoch häufig notwendige Verhaltensänderungen bei der Nutzung. Es gilt: Je größer der empfundene Mehrwert, umso höher sind die Erfolgsaussichten, aber je größer die notwendige Verhaltensänderung, desto geringer sind die Erfolgsaussichten.
Der Markterfolg von Produktinnovationen hängt demnach im Wesentlichen von zwei Faktoren ab:
- Dem Grad der Innovation und
- Der Einfachheit ihrer Nutzung.
Grundsätzlich lassen sich damit vier unterschiedliche Felder einer Innovationsmatrix unterscheiden:
- Verkaufsschlager: Sie zeichnen sich durch signifikante Produktveränderungen, jedoch geringe Verhaltensänderungen aus. Ein Beispiel wäre das iPhone.
- Einfach zu verkaufende Innovationen: Sie zeichnen sich durch geringe Produkt- und Verhaltensänderungen aus. Eines der typischen Beispiele sind Waschmittel: „Das beste Persil aller Zeiten“.
- Langfristige Erfolgschancen: Sie zeichnen sich durch signifikante Produkt- und Verhaltensänderungen aus. Das E-Auto könnte dafür ein Beispiel werden.
- Sichere Fehlschläge: Sie sind durch geringe Produktveränderungen, aber signifikante Verhaltensänderungen gekennzeichnet. Die Dvorak-Computer-Tastatur war so ein Beispiel.
Gewinne und Verluste durch Innovationen
Während Verbraucher durch den Kauf einer Innovation höchst wünschenswerte neue Funktionen erhalten können, müssen sie häufig einige der Vorteile bewährter Produkte aufgeben. Bieten Sie einem Kunden einen neuen Vorteil, und er wird dies als Gewinn betrachten. Nehmen Sie einen Vorteil weg, wird es als Verlust empfunden.
So waren die Umstiege von Video auf DVD, von DVD auf Blu-ray und mittlerweile auf Streamingdienste stets mit neuen Kosten (für neue Geräte) für die Konsumenten verbunden, die als Verluste wahrgenommen werden, aber auch mit Vorteilen (wie weniger Aufbewahrungsplatz, bessere Qualität, flexiblere Nutzung).
Dies trifft grundsätzlich auf alle Innovationen zu. Auch auf solche bei Finanzdienstleistungen, wie drei Beispiele verdeutlichen:
- Online Banking war für viele Kunden anfangs sehr unbequem. Zum einen gab es nicht in jedem Haushalt einen Computer mit Internetanbindung, zum anderen war es aus Sicht der meisten sehr viel bequemer einen Überweisungsträger selbst auszufüllen oder einen vorausgefüllten Überweisungsträger einfach bei der Bank abzugeben. Internetdurchdringung und Preisgestaltung haben letztlich eine Verhaltensänderung bewirkt.
- Beim Bezahlen mit dem Smartphone stufen viele Kunden die Verluste durch subjektiv empfundene Risiken derzeit noch höher ein als die möglichen Gewinne durch Schnelligkeit und Bequemlichkeit. Sollte Bargeld teurer oder das Sicherheitsgefühl verstärkt werden, könnte sich dies schnell ändern.
- Robo-Advisor werden als digitale Black Box gesehen, in die viele weniger Vertrauen als in einen persönlichen Berater haben. Die möglichen Verluste durch das neue Angebot werden höher gesehen als die Gewinne. Zudem spielt vermutlich ebenfalls der hohe Preis von Robos eine Rolle, aber auch der bislang nicht erbrachte Beweis, dass diese besser sind als konventionelle Anlagevarianten. Speziell die durch die Corona-Krise verursachten Kursverluste bestätigen dies.
Kunden entscheiden über Erfolg von Innovationen
Es reicht nicht aus, wenn ein neues Produkt einfach „nur“ besser ist. Wenn die gefühlten Gewinne die gefühlten Verluste nicht deutlich überwiegen, werden die Verbraucher sie nicht akzeptieren.
Unternehmen müssen daher bereits im Vorfeld herausfinden, in welches Feld der gezeigten Matrix ihre Innovationen fallen, da jedes Feld unterschiedliche Auswirkungen auf die Wahrscheinlichkeit hat, mit der Verbraucher diese Produkte akzeptieren sowie auf die Zeit, die die Akzeptanz in Anspruch nehmen kann.
Am erfolgreichsten sind neue Produkte mit einem hohen (gefühlten und objektiv vorhandenen) Innovationsgrad mit hohem Nutzen, für deren Nutzung Kunden ihr Verhalten nicht oder nur wenig ändern müssen.
9 Hinweise für erfolgreiche Produktinnovationen
Die folgenden neun Hinweise können dazu beitragen, die Akzeptanz von Innovationen zu erhöhen:
- Verlangen Sie nur geringe Verhaltensänderungen von den Kunden,
- Akzeptieren Sie Widerstände,
- Seien Sie geduldig,
- Antizipieren Sie einen längeren Adaptionsprozess und managen Sie diesen aktiv,
- Streben Sie nach deutlichen Nutzenverbesserungen, die es Kunden erleichtern, ihr Verhalten zu ändern,
- Streichen Sie alte Produkte und eliminieren Sie damit scheinbar bequeme Ausweichmöglichkeiten,
- Setzen Sie Anreize durch entsprechende Unterschiede in der Bepreisung,
- Suchen Sie neue Kunden für neue Produkte,
- Finden Sie Fans als Multiplikatoren.
Auch Produkte, die ein hohes Ausmaß an Veränderung erfordern, können erfolgreich sein. Man denke nur an den PC oder das Auto. Beides keine Quick-Wins, aber Innovationen, die unser Leben im Laufe der Zeit grundlegend verändert haben. Vielleicht trifft dies eines Tages auch auf bestimmte Bankdienstleistungen – jenseits des Geldautomaten – zu…