Crises eats Strategy – erfolgreich durch die Krise

Anforderungen und Strategien an das Marketing

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Die Corona-Krise stellt Kommunikation und Marketing auf eine harte Probe. Doch Unternehmen, die diese bestehen und ihren Marktauftritt anpassen, haben gute Chancen auf höheres Vertrauen und eine bessere Kundenbindung.

Vertrauen und Kundenbindung in Zeiten der Corona-Pandemie

Unternehmen müssen in Zeiten der Krise auf Vertrauen und Kundenbindung bedacht sein.

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Kaum ein Zitat wie jenes vom Deutschen Altkanzler hatte in den letzten Monaten im geschäftlichen Kontext mehr Aktualität. Die einen mikromanagen oder forcieren belanglose Nebenthemen, die anderen verschwinden in der Versenkung oder verleugnen die Realität.

Es gibt wenig was man nicht erlebt hätte in den letzten Monaten. Zwei Wochen vor dem ersten Shutdown im März letzten Jahres, die Zeitungen waren bereits voll mit Horrormeldungen aus China, Norditalien und ersten Infektionszahlen im eigenen Land, wurde man von Geschäftspartnern geradezu angepflaumt, warum man denn so eine schlechte Stimmung verbreite, weil man einen baldigen Lockdown auch im eigenen Land befürchtete.

Unzureichende Einschätzung der Pandemie

In den wenigsten Begegnungen im letzten Jahr hatte ich das Gefühl, mein Gegenüber schätzt alle Entwicklungen der Pandemie allumfassend richtig ein.  Die Inhalte der geführten Gespräche reichten von totaler Verleugnung, Heldenphrasen („keine Angst vor dem Virus“) bis hin zu Weltuntergangsszenarien, unabhängig von Alter, Bildungsgrad oder beruflicher Hierarchieebene. Intrapreneure in Unternehmen sind in Krisenzeiten scheinbar rar gesät.

Ebenso grotesk das private Verhalten in weiteren Teilen der Bevölkerung: Waren im ersten Shutdown Toilettenpapier und Teigwaren noch Mangelware in den Supermarktregalen oder wurde man von der Polizei abgemahnt, wenn man zu zweit auf einer Parkbank saß, treffen sich nun Aluhutträger und Corona-Leugner regelmäßig bei lautstarken Kundgebungen. Die einen beklagen die Gefahren von Mikrochips in den Impfampullen, die anderen geben sich als Geschäftsreisende aus, um in Wintersportorten Hotelbuchungen durchführen zu können. Der Mensch als rationales Wesen? Pustekuchen.

Markenvertrauen und Kundenbindung in Zeiten der Krise

Und doch gibt eine gewisse Berechenbarkeit, was das globale Verhalten von Konsumenten und die konkreten Auswirkungen auf deren Konsum betrifft. Unternehmen können durch kluges Vorgehen auch jetzt Markenvertrauen und Kundenbindung ausbauen

Die Pandemie wirkt sich psychologisch auf die Bedürfnisse, Motive und das Verhalten von Kunden aus. Dabei lassen sich vier grundlegende Befunde beobachten:

Befund 1: Global identisches Verarbeitungsgeschehen

Covid 19 befällt die verschiedenen globalen Gesellschaften in überwiegend gleicher Weise. Die Gesellschaften in China, Italien oder den USA sind ganz andersartig. Jeweils andere kulturelle Wertesysteme, politische Systeme, Gesundheitssysteme und Mentalitäten sind bestimmend. Dennoch lässt sich ein global weitgehend gleiches Verarbeitungsgeschehen beobachten. Gut für international agierende Unternehmen, die ihre Aktivitäten in diesen Zeiten effizient streamlinen:

  • Politik und Gesundheitssysteme reagieren in ähnlicher Weise. Anfängliches Runterspielen der Gefahren, sobald sich die Gesundheitskrise bedrohlich manifestiert und die pandemische Ausbreitung nicht mehr zu verleugnen ist, werden rigide Maßnahmen getroffen.
  • Das Ringen der staatlichen Stellen um die amtliche Informationshoheit gegen eine andrängende Flut von misstrauischen Gerüchten, sowie die Antizipation von Versorgungsengpässen oder das individuelle Hamstern als Selbstvorsorge.

Befund 2: Kulturpsychologisches Trauma

Covid 19 löst ein fundamentales kulturpsychologisches Trauma in allen Teilen der Welt aus. Der Grund für die strukturell sehr ähnlichen Reaktionsweisen ist die Tragweite der Virus-Krise. Die Pandemie erschüttert Grundfeste der Kultur sowohl im Rahmen gesellschaftlicher Autoritäten als auch im Rahmen des alltäglichen Lebens.

  • Die aktuelle Situation zerstört ein Grundvertrauen in die Medizin und den eigenen Lebensstandard (auch wenn sich dieser bei vielen vorerst nur in der Verunmöglichung von Shopping, Restaurantbesuchen oder Dinnerpartys zeigt).
  • Sie macht den Menschen Angst und stellt eine für sicher gehaltene Lebensplanung in Frage
  • Die Gesellschaft wird panisch, ängstlich und paranoid (in dieser Abfolge)
  • Die kollektive Traumatisierung besteht darin, dass letztlich auf allen Ebenen des Alltags und der Institutionen der Boden unter den Füßen weggezogen wird.

Befund 3: Beeinflussung des Konsums

Das Konsumklima ist durch die Corona-Krise nachhaltig beeinflusst. Die Beeinträchtigungen fallen dabei in den unterschiedlichen Phasen der kulturellen Infizierung ganz unterschiedlich aus. Für das „New Normal“ lassen sich folgende Auswirkungen antizipieren:

  • Weniger Konsumbereitschaft durch Vorsicht und Zurückhaltung
  • Discount Orientierung
  • Vom Fast Shopping zu relevanten, nachhaltigen Produkten
  • Wunsch nach Normalität (keine „übertriebenen“ Käufe, Verlorenes zurückgewinnen)
  • Loyalität zu Marken, die ein starkes, sinnstiftendes Fundament gelegt haben

Befund 4: Fünf Phasen der Krisenverarbeitung

Die Krisenverarbeitung findet immer in fünf Phasen statt. Der Corona-Virus ist wie ein Erkrankungsgeschehen globaler Gesellschaften zu verstehen, das in einer Abfolge von Phasen verläuft.

  1. Inkubation – Gespaltene, verunsicherte Wahrnehmung, Schwanken zwischen Hysterie und Bagatellisierung
  2. Panik und Agieren – Verunsicherung und Kurzschlussreaktionen wie z.B. Hamsterkäufe oder Aktienverkäufe
  3. Isolation und Depression – Ungewissheit und gesteigertes Gefühl der Hilflosigkeit
  4. Neubesinnung – Entschleunigung, neu-/wiedergewonnene Interessen und Rückbesinnung auf Familie/Partnerschaft
  5. Erholung und Normalisierung – Erleichterung und Rückkehr in den (noch eingeschränkten) Alltag

Die psychologische Funktion von Unternehmen in der Krise:

Unternehmen können im New Normal die Chance nutzen und sich als Stabilitätsanker auf dem Weg aus dem kulturpsychologischen Trauma darstellen. Sie können als Sinnbild für wiedergewonnene Stabilität fungieren, die Rückkehr in die Normalität symbolisieren und den Konsumenten Halt in der schwierigen Zeit geben.

Dies erreichen Sie jedoch nur, wenn die neu entstandenen Bedürfnisse ernst genommen und bedient werden. In Krisenzeiten wird dieses Bedürfnis nach Sicherheit und Stabilität erschüttert und gewinnt an Relevanz, die Selbstverwirklichung verliert an Bedeutung. Unternehmen sind gut beraten, den Konsumenten stärker an diesen neuen Bedürfnissen abzuholen und Verständnis zu zeigen, um Vertrauen zu gewinnen und ein „Wir-Gefühl“ zu entwickeln.

Gemeinsamkeit und Zusammenhalt als zentrale Botschaften

Erinnern wir uns an all die Werbeschaltungen im letzten Jahr, die das „Gemeinsame“ und den „Zusammenhalt“ in den Vordergrund stellten – von der Supermarktkette bis zum schwedischen Möbelhaus. Unternehmen, die hier dem extremen Eskapismus, Hedonismus oder der oberflächlichen Happiness frönten, wirkten wie aus der Zeit gefallen. Werbliche Kommunikation, welche die Sorgen der Konsumenten in diesen Zeiten entweder ignoriert, belächelt oder verstärkt, kann eine hart erarbeitete Vertrauensbasis zerstören („Shitstormgefahr“).

Auch der Spezial Report des Edelman Trust Barometers zeigt, dass Konsumenten von Marken eine deutliche Hinterfragung, Adaption und Veränderung erwarten:

  • Marken sollen den Konsumenten und seine neuen Herausforderungen in den Fokus nehmen. Man denke an die oben erwähnten „Zusammenhalte-Werbespots“ der letzten Monate.
  • Marken sollen eine Vorbildfunktion übernehmen und als moralischer Kompass fungieren
  • Marken sollen Empathie und Kreativität zeigen und den Konsumenten Lösungen für die neuartigen Herausforderungen präsentieren

Angepasst Kommunikation in vier Krisenphasen

Wissend um das weitgehend gleiche Verarbeitungsgeschehen globaler Gesellschaften und den immer gleichen Ablauf in der Krisenverarbeitung wie oben beschrieben  empfiehlt es sich, auch den Auftritt von Unternehmen in Phasen auszurichten. Die dominierenden Phasen lassen sich konkret in

  • „Shutdown“,
  • „Ongoing Breakout“,
  • „Recovery“ und
  • „New Normal“ einteilen.

Je nach Fortschreiten der Pandemie treten Länder zwar zu unterschiedlichen Zeitpunkten in die jeweiligen Phasen, die Abfolge ist danach aber mehr oder weniger global ident. Ideal, um Learnings aus einem Land in andere Länder zu übertragen.

Im Marktauftritt in der ersten Phase, in der die Verunsicherung der Menschen ebenso wie die Gefahr von Shitstorms in den sozialen Medien besonders groß ist, gilt es anders zu kommunizieren wie in der Phase „Ongoing Breakout“, in der die Menschheit eher nach Abwechslung sucht und der Unternehmensauftritt eher von Information der ersten Phase zu Entertainment/Infotainment wechseln sollte. Auch in die Phase 3 (Recovery) und 4 (New Normal) müssen Kommunikationsinhalte auf die jeweiligen Bedürfnisse und Stimmungsbilder angepasst werden. Menschen sehnen sich nach Erleichterung der Einschränkungen, es kommt zu einem ersten Aufatmen, allerdings unter neuen Bedingungen (New Normal). Hier kann das Marketing wieder erste Fenster zur neuen Normalität liefern, erste erfrischende Momente zeigen und leichte Aufbruchsstimmung an die Kunden retourspielen.

Unternehmen, die derart feingranular agieren in ihren Marktauftritten, werden nach Erholung der Wirtschaft einen entscheidenden Vorsprung in der Kundenbindung aufweisen.

Über den Autor

Bernhard Klein

Bernhard Klein ist Head of Brand and international Marketing im börsennotierten Immobilienkonzern Immofinanz und entwickelt und führt Shoppingcenter- und Immobilienmarken in Ost- und Südosteuropa. Davor verantwortete er die touristische Markenführung der Stadt Wien in 21. Ländern und transformierte dieses zu einer internationalen Benchmark, die viele Jahre mit zahlreichen Preisen und Auszeichnungen gewürdigt wurde.

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