Bei der Festlegung einer Social Media Strategie kommt der Auswahl der richtigen Plattform eine wichtige Bedeutung zu. Doch wie kann man die Relevanz der unterschiedlichen sozialen Netzwerke vergleichen und bewerten? Drei Größen bieten sich dazu an.
Soziale Medien haben sich in der allgemeinen Mediennutzung ihren festen Platz erobert. Auch wenn das Niveau der regelmäßigen LogIns auf den reinen Social Media Plattformen etwas zurückgehen mag, rechnet man Messenger Dienste u.a. Netzwerke hinzu, ist der Erfolgskurs ungebrochen. Doch wie können Entscheider in Unternehmen die einzelnen Plattformen bewerten. Was könnte ein zentrales Kriterium sein, die Fitness der Plattformen zu beurteilen? Oder gibt es das überhaupt?
Wie bewerten wir den Erfolg von Social Media Plattformen?
In den ersten Jahren der Social Media Nutzung kam sehr zeitnah die Frage auf, wie denn gemessen werden soll. A: Welche Plattform erfolgreich ist? Oder B: Wie denn der Erfolg der eigenen Kommunikation gemessen werden soll? Ich möchte in diesem Artikel ausschließlich auf A eingehen und – auch wenn wir uns schon in einer reiferen Phase von Social Media befinden – einmal einen Blick auf zentrale Bewertungspunkte werfen.
Aus meiner Sicht gibt es drei Größen, die einem für die allgemeine Plattform Performance ins Auge springen:
- Angemeldete Nutzer
- Aktive Nutzer
- Nutzung
- über Verweildauer
- über aktive Nutzung
Social Media ist unzweifelhaft ein Erfolg und viele Plattformen haben eine Reichweite aufgebaut, welche die klassischen Medien sehr blass aussehen lässt. Die Medianutzung ist heute zunehmend auf das Internet gestützt. Und würde man die Ü60 Generationen abziehen, so läge das Internet schon fast auf Augenhöhe mit dem Fernsehen. Somit ist es wohl nur noch eine Zeitfrage, bis Internet vorne liegt. In Social Media hat das „neue TV“ sogar schon den Favoriten Facebook vom Thron gestoßen. Doch das Rennen ist noch lange nicht entschieden. Facebook arbeitet sicher bereits an Gegenstrategien.
Social Media ist in der Gesellschaft angekommen, hat doch der überwiegende Teil der Internet Nutzer ein Social Media Konto. Und in der Regel nicht nur eines: Der Social Media Nutzer heutzutage verwendet nicht nur ein Profil in Social Media, sondern einen ganzen Strauß an Kanälen. Die Nutzer von Social Media kommen in Deutschland zwar überwiegend aus der Gruppe der unter 30-Jährigen. Doch auch in den reiferen Altersgruppen ist Social Media kein Fremdwort mehr. Mittlerweile wird die meiste Internetzeit heute von Social Media in Anspruch genommen. Das sind ja an sich schon Erfolge des Mediums. Doch wie die einzelnen Netzwerke bewerten?
Große Zahlen sind toll aber sinnlos
Meistens ging es in den letzten Jahren bei den großen Meldungen, die durch die Presse gingen, um „angemeldete User„. Dabei gab es auch Kombinationen wie bspw. das schnellste Erreichen eines Schwellenwertes X in einer Zeit Y. Wobei der Zeitraum oder Anzahl der Nutzer meist variierte und somit ein Vergleich nur schwer möglich ist. Spätestens seit Facebook die 1 Milliarde Nutzer überschritten hat, ist es natürlich schwer dieses von der reinen Zahl her zu toppen. Die gravierendsten Gegenargumente gegen diese Größe als Messkriterium sind Karteileichen und die Verwendung mehrerer Profile durch eine Person. Letzteres mag per AGB (z.B. bei Facebook) ausgeschlossen sein. Trotzdem verfügen viele Personen über mehrere Profile in der einen oder anderen Plattform. Wie groß diese Unschärfe ist, dürfte schwer zu ermessen sein. Im Fazit kann man aber sagen: Die Zahl ist nicht geeignet, um den Erfolg eines Social Media Netzwerkes zu beurteilen.
Facebook hat das Dilemma erkannt und ist irgendwann auf „aktive Nutzer“ gewechselt. Aus meiner Sicht ist dieses auch die gängigste Zahl, die heute rund um Social Media kommuniziert wird. Und dieses ist ohne Zweifel, die deutlich validere Größe. Wenn Nutzer sich in einem Zeitraum X angemeldet haben, dann sprich das schon einmal gegen Karteileichen. Hier sind Personen aktiv unterwegs und haben irgendeine Aktion durchgeführt – auch wenn es nur das Lesen eines Nachrichtenstromes ist. Was die jeweiligen Aktivitäten sind, liegt vor allem an den Möglichkeiten der jeweiligen Plattform bzw. welche Funktionen die Nutzer auf dieser am liebsten verwenden. Das Problem der mehrfachen Profile wird damit zwar nicht behoben, verfälscht im Schnitt wahrscheinlich die grundsätzliche Aussage nicht – wenn alle Plattformen dieses haben. Ein größerer Pferdefuß bei den Veröffentlichungen ist der für die Messung der Anmeldung gewählte Zeitraum – hier gibt es aus meiner Sicht keinen Standardzeitraum. Denn jeder Zeitraum hätte seine Berechtigung, würde aber die eine oder andere Plattform benachteiligt. Das liegt vor allem daran, dass man Äpfel mit Birnen vergleicht, wenn man alle über einen Kamm resp. Zeitraum schert. Dazu aber später.
Wenn die Bewertung über die „Köpfe“ nun schwierig ist, dann bietet sich als weitere Möglichkeit an, die Zeit der „Nutzung“ zu verwenden. Allerdings gibt es auch hier wieder eine Unschärfe, die sich durch die Arten der Funktionalitäten der jeweiligen Plattform ergeben.
Wenn bspw. die passive Nutzung im Vordergrund steht, dann bietet sich für die Social Media Netzwerke die Größe „Verweildauer“ an. Sprich: Ich bin angemeldet bzw. als ein Besucher online und konsumiere mich zurücklehnend die von mir ausgesuchten Medien. Plattformen, bei denen sich dieses anbietet sind Video Plattformen wie YouTube oder Vimeo. Die aktive Nutzung des „eigene-Beiträge-hochladens“ steht von der netto Plattform Nutzung nicht im Vordergrund, sondern die große Masse der Nutzer befindet sich lean backward im eigenen Sofa.
Ist hingegen der zentrale Anwednungsfall einer Plattform die aktive Teilnahme an den jeweiligen Möglichkeiten, dann wird als zeitlicher Bezug sinnvollerweise die „aktive Nutzung“ gewählt. Das ist gut nachvollziehbar, weil der passive Online Status hier eher für einen Gang zum Kühlschrank oder andere Drittaktivitäten spricht. Denn der Nutzen eines solchen Netzwerkes geht ja mit der vorwärts gebeugte Haltung über der Tastatur resp. in Zeiten von „Mobile first“ dem nach vorne geneigten Kopf beim Blick auf das Smartphone oder Tablet einher. Hier sind vor allem die ganzen Messenger Dienste zu nennen, die zwingend den lean forward Modus beim Nutzer brauchen, wenn diese am Dialog teilnehmen wollen.
Aber welche Nutzung ist denn nun besser? Aufenthalts- bzw. Verweildauer oder doch besser die Nutzungsdauer? Die Antwort hierzu liegt ohne Zweifel darin, ob ich eher auf eine aufmerksame Zuhörer- resp. Zuschauerschaft oder auf die aktive Teilnahme setze. Hier liegt der Ball definitiv im Spielfeld der Kommunikationsagenturen und -abteilungen in den Werbung schaltenden Unternehmen.
Also haben wir jetzt den jeweiligen Silbermeter für die Bewertung der Social Media Plattformen? Klingt erst einmal so. Ist aber eine grobe Vereinfachung der Bewertungskriterien.
Bitte nicht Äpfel mit Birnen vergleichen
Jetzt kommen wir zu einem grundsätzlichen Problem, was den Vergleich der Plattformen schwierig macht: Die Anwendungsfälle, die sich den Nutzern auf einer Plattform X bieten, haben per se verschiedene Zeitintervalle für eine sinnvolle Nutzung.
- Wenn es z.B. um die „Ablage“ von Business Kontakten geht, wie auf den Plattformen Xing oder LinkedIn, dann wird man dieses aller Wahrscheinlichkeit mit größeren Zeitabständen durchführen. Die beiden Plattformen haben das natürlich erkannt und versuchen hier die Nutzer über News u.a. zu einer häufigeren Nutzung zu bewegen.
- Wer hingegen Tagesnachrichten verfolgt oder sogar auf Eilmeldungen wartet, wird täglich bzw untertägig in die Plattformen einsteigen. Gerade Twitter und Facebook warten auf solche „Breaking News“, die den Nachrichtenstrom unterbrechen und so eine höhere Aktualität bieten können als TV oder Radio. Von Print wollen wir hier mal nicht sprechen. Mit dieser Aktualität bieten die Plattformen einen Mehrwert und damit eine Motivation diese Plattformen untertägig auch mehrfach zu nutzen.
Andere Plattformen haben wiederum eigene Anwendungsfälle, denen eine andere zeitliche Komponente innewohnt. Am Ende werden die Kunden die Anwendungen nutzen, die Ihnen für ihren Usecase den entscheidenden Mehrwert bringen – und zwar zu dem Zeitpunkt, der dabei für sie sinnvoll ist. Somit könnte man den Anwendungsfällen eine natürlich Reihenfolge zuweisen, die von Archiv artigen Fällen mit ein oder zwei Anwendungsfällen im Jahr bis zu mehrfacher untertägiger Nutzung reicht. Natürlich haben alle Plattformen ein Interesse daran häufiger genutzt zu werden, zum einen um im relevanten Medienset der Kunden zu bleiben und zum anderen um die eigenen Dienste über Werbung zu monetisieren. Und die werbetreibenden Unternehmen wollen natürlich Platzierungen, die eine möglichst große Reichweite und hohe Klickbereitschaft der aktiven Nutzer aufweisen. An dieser Stelle trifft nun die Zahl der aktiven Nutzerschaft auf die Frage der Relevanz der Inhalte resp Funktionen. Denn wer wollte schon Werbung schalten auf einer Plattform, die zwar intensiv aber nur von zwei Leuten genutzt wird.
Wie bewerten wir nun die Relevanz
Generell ist ja festzuhalten, dass die Basis der Fokus auf der eigenen Zielgruppe sein muss. Sollte die Zielgruppe sich Social Media verwehren, so ist es ebenso sinnlos sich den Haupt-Plattformen zu nähern, wie wenn die angepeilten Nutzer sich mit ihrem Thema ausschließlich auf einer Nischenplattform aufhalten. Wobei – bei allen Bedenken – der hohe Grad der Social Media Nutzung in der breiten Bevölkerung schon die Vermutung zulässt, dass man eine spezielle Zielgruppe auf den Plattformen Schwergewichten erwischen wird. Wie dieses am besten umzusetzen ist, muss im Einzelfall konzipiert und geprüft werden.
Wir wissen nicht zuletzt seit der Visualisierung der Plattformen in einem Prisma, dass die Anwendungsfälle und die Social Media Plattformen sehr vielzahlig sind. Nun ist es ein großes Problem, dass die Trennlinien nach „Thema“ resp. „Anwendungsfall“ nicht konstant sind. Auf der anderen Seite ist die Nutzung der Plattformen über die Jahre auch nicht statisch. So hat sich die zentrale Nutzung von Facebook in den letzten Monaten und Jahren eher Richtung der passiven Nutzung gedreht. Also anders, aber immer noch top? Sprich: Ist Facebook noch vorne? Nach dem Motto: „Traue keiner Statistik, die du nicht selber gefälscht hast“ sind die Zahlen unterschiedlich, je nachdem welcher Kreis der Plattformen und welche Messgröße gewählt wird:
- So wird Facebook in manchen Studien schwach bewertet. Und diese Schwäche wird über die schlechte Platzierung des Marktführers bei der Nutzung hergeleitet. Problematisch ist bei solchen Studien, dass in Deutschland manche der Plattformen im Vergleich noch Nischen-Anwendungen sind, auch wenn sie sich international einer großen Beliebtheit erfreuen. Welche Aussagekraft habe solche Publikationen?
- Wie in allen Plattformfragen ist auch in Social Media festzustellen, dass die Reife des Marktes sich darin äußert, dass sich die Nutzung zugunsten der Favoriten verschiebt. Der ganz große Hype scheint zwar vorbei zu sein und die Nutzung der originären Social Media Plattformen ist leicht rückläufig. Doch die Schwergewichte der Branche sind deutlich stabiler in ihren Nutzungszahlen. Integriert man zusätzlich die Nutzung von Messengerdiensten und Co., so nimmt alles zusammen deutlich mehr Zeit in der täglichen Mediennutzung ein. Sprich: Es geht aufwärts mit Social Media.
Spannend ist zu beobachten, dass sich diese „Basis-Mediennutzung“ über Social Media durch Besonderheiten wie den Pokemon Hype problemlos an die Seite schieben lässt. Wir können gespannt sein, auf welches Niveau die Nutzung zurückkehren wird, wo der Hype um die japanischen Zeichentrickmonster – sprich deren Relevanz im Alltag – langsam wieder abnimmt.
Fazit: Social Media Bewertung mit Augenmaß
Eine endgültige Bewertung kann ich hier leider nicht anbieten. Jedes Unternehmen muss für sich bewerten, welche Plattformen für ihre Zielgruppe und somit für ihre Maßnahmen am geeignetsten ist. Für eine allgemeine Erstbewertung empfiehlt sich meiner Meinung nach eine Melange aus beiden Faktoren:
- Anzahl (aktiver) Nutzer
- Nutzungs-/Verweildauer
Welches ist Ihre richtige Mischung? Dieses herauszufinden muss das Ziel für die nächste Zeit sein, wenn es das nicht schon lange ist. „Wir sind darauf, weil andere drauf sind!“ ist das schlechteste aller Argumente – auch wenn es immer mal wieder zu hören ist. Aber bewerten Sie die Plattformen bitte mit Augenmaß und Know how.
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