In einem hochgradig dynamischen Umfeld entscheiden erfolgreiche Innovationen über die Wettbewerbsfähigkeit und das Überleben von Unternehmen. Eine gute Innovationskultur ist dabei mitentscheidend, um innovatives und unternehmerisches Denken und Handeln zu fördern.
Die Meldungen über neue Services und Produkte an der Schnittstelle zwischen Banken und Kunden reißen nicht ab – allerdings beherrschen derzeit primär Dritt-Unternehmen die Schlagzeilen: Apple integriert Kontostände und Umsatzinformationen in der Wallet in UK, Mercedes lanciert das „in-Car Payment“ per Fingerabdruck und SAP bietet Firmenkunden mit seiner KI-Lösung „Joules“ perspektivisch die Optimierung der gesamten Value Chain inklusive des Finanzwesens. Die Entwicklungen der letzten Jahre zeigen: Die Geschwindigkeit, mit der sich Technologien entwickeln und grundlegende Strukturen von Industrien und Geschäftsmodellen ändern, nimmt immer mehr zu.
Banken müssen daher viel stärker und konsequenter „out of the box“ denken und bestehende Geschäftsmodelle und Rahmenbedingungen hinterfragen. Sie müssen bereit sein, Geschäftsmodelle systematisch zu adaptieren und disruptive Entwicklungen voranzutreiben, bevor es Unternehmen aus anderen Industrien tun. Die aktive und konsequente Förderung von Innovationen und innovativen Ideen in Banken wird immer erfolgskritischer – und dafür bedarf es neben einer entsprechenden Strategie und dem konsequenten Einsatz von innovativen Methoden und einem klaren Prozess vor allem auch einer guten Innovationskultur.
Kernelemente einer guten Innovationskultur
Hinsichtlich der Innovationskultur gibt es eine Reihe von Kernelementen, die Führungskräfte aktiv etablieren und stärken können. Ziel ist dabei die Förderung von innovativem und unternehmerischem Handel in den Organisationseinheiten als Ganzem und bei individuellen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Führungskräfte müssen dafür eine Kultur schaffen, in der Menschen sich trauen, auch unkonventionelle und disruptive Ideen auszusprechen und entsprechende Projekte zu übernehmen und voranzutreiben. Dazu gehören …
- ein Mindset, in dem Unsicherheit auch als Chance verstanden, aktiv nach neuen Chancen gesucht und konsequent über den Status Quo hinaus geblickt wird
- organisationale und emotionale Anreize und Freiräume für innovatives und unternehmerisches Denken und Handeln und Förderung von Intrapreneurship
- ein konstruktiver und chancenorientierter Umgang mit Scheitern und das aktive Lernen daraus
- eine vertrauensvolle und offene Atmosphäre, in der konstruktive Kritik und Kollaboration gefördert und wertgeschätzt wird
Effektives Innovationsmanagement braucht schnelles Feedback
Sieht man von inkrementellen Innovationen wie beispielsweise graduellen Produkt- oder Prozessverbesserungen ab, so sind innovative Ideen und Projekte immer mit Risiko verbunden. Sobald man mit Innovationen zumindest teilweise unbekanntes Terrain betritt – seien es sich verändernde Kundenbedürfnisse, neue Kundengruppen, neue Produkte und Technologien oder auch neue Kommunikations- oder Distributionskanäle – so muss mit Hypothesen gearbeitet und müssen Annahmen getroffen werden. Die schnelle Überprüfung dieser Annahmen wiederum erfordert, dass Kundenbedürfnisse und Pain Points zeitnah in der Interaktion mit Kunden identifiziert und verifiziert, erste Prototypen frühzeitig gebaut und verprobt und im Idealfall Piloten mit sogenannten „Minimum Viable Products“ durchgeführt werden.
Anfängliche Misserfolge und die darauf folgende Adaption von Produkten und Lösungen gehören dabei zur normalen Entwicklung – kaum eine Idee ist von Anfang an perfekt. Zeitnahes Feedback aus Praxistests, Piloten und Fokusgruppen verhindert auch, dass Ressourcen in Projekte investiert werden, die nicht den Marktanforderungen und Kundenwünschen entsprechen oder deren Technologie noch nicht reif ist. Dieses Vorgehen ähnelt auch stark der Lean Start Up Methode, die ebenfalls auf konsequentem und schnellem Testen, Lernen und Adaptieren basiert.
Konstruktiver Umgang mit anfänglichem Scheitern
Viele sehr innovative Unternehmen gehen daher mit dem Scheitern von Innovationsprojekten sehr konstruktiv um: Sie akzeptieren anfängliches Scheitern und Adaptionen von Ideen und Produkten als Teil des Innovationsprozesses und lernen strukturiert und institutionalisiert aus Misserfolgen. Astro Teller, Leiter von Alphabets Innovationsfabrik X, beispielsweise propagiert die Vorteile einer Kultur, in der das Eingeständnis des Scheiterns keine negativen sondern eher positive Konsequenzen hat: Nur so trauen sich Mitarbeiter,
- innovative und disruptive Ideen umzusetzen,
- generieren und teilen wertvolle Informationen aus anfänglichen Misserfolgen und
- stellen Projekte, die nicht erfolgsversprechend sind auch konsequent ein, um sich dann neuen Projekten zu widmen.
Diese Philosophie des Portfolioansatzes sieht man beispielsweise auch im Venture Capital Bereich, in dem Fonds in mehrere Start-Ups investieren, da nicht alle erfolgreich sein werden. Denkt man an die Entwicklung von Technologien wie mobile Payments, Blockchain oder generativer KI, so hat ein „Failure to try“ dagegen möglicherweise langfristig deutlich negativere Konsequenzen. Ein konstruktiver Umgang mit Scheitern bedeutet jedoch keinesfalls eine Carte Blanche, denn es geht bei innovativen Projekten um Entwicklung unter Unsicherheit, bei denen ohne ein gewisses experimentelles Vorgehen kein Fortschritt erzielt werden würde. Fehler aus mangelnder Sorgfalt oder Vorbereitung, Nachlässigkeit, Faulheit oder sogar Vorsatz sind hiermit nicht gemeint.
Vertrauen und konstruktive Kritik spielen wichtige Rollen
Ein wichtiges Element einer derartigen Innovationskultur ist auch eine vertrauensvolle und offene Atmosphäre, in der unkonventionelle Ideen ausgesprochen werden, aber auch konstruktive Kritik und das Hinweisen auf mögliche Probleme und Herausforderungen explizit erwünscht ist. Die Bezeichnung „Psychological Safety“ wurde bereits 1999 von der Harvard-Professorin Amy Edmondson geprägt und bezeichnet einen Zustand, in dem sich Menschen wohl fühlen, sogenannte interpersonelle Risiken einzugehen.
Dazu gehört, auch konträre Meinungen zu äußern, auf potenzielle Gefahren oder Fehler hinzuweisen, aber auch disruptive Ideen anzubringen, ohne dass negative Konsequenzen oder eine abwertende Reaktion droht. Auch bei Netflix beispielswese gehört offenes und ehrliches Feedback explizit zur Unternehmenskultur, um Innovationen zu verbessern und voranzutreiben.
Fehlerkultur in Deutschland mit Optimierungspotenzial
Laut dem Ernst & Young Fehlerkultur Report 2023 wird eine gute Fehlerkultur auch in deutschen Unternehmen als sehr relevant für die Innovationskraft eines Unternehmens angesehen: Führungskräfte in der Finanzwirtschaft bewerten die Relevanz auf einer Skala von eins bis zehn durchschnittlich mit 9,1 und Mitarbeiter mit 8,38. Bei der Umsetzung gibt es jedoch noch einiges an Potenzial: In der Studie bestätigten rund die Hälfte der Mitarbeiter aus der Finanzwirtschaft, dass es in ihrem Unternehmen eine offene Diskussionskultur zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten gäbe. Auch die Einschätzung der Qualität der Fehlerkultur unterscheidet sich signifikant, wobei Führungskräfte diese als deutlich besser einschätzen als Mitarbeiter. Zur Verbesserung der Fehlerkultur wünschen sich die Befragten der Studie vor allem Innovationsprogramme, die Experimentieren und Ausprobieren fördern, entsprechende Anreiz- und Vergütungssysteme, den Einsatz von innovativen und agilen Methoden und Trainings für Führungskräfte.
Maßnahmen zur Förderung der Innovationskultur
Eine gute Innovationskultur fördert nicht nur innovatives Handeln auf individueller Ebene sondern etabliert in der gesamten Organisation eine zukunftsorientierte Mentalität. Dies beinhaltet auch Offenheit für neue Trends und Entwicklungen und fördert die Anpassungsfähigkeit und Wettbewerbsstärke des Unternehmens in einer sich immer schneller verändernden Umwelt. Veränderungen werden chancenorientiert betrachtet und das Geschäftsmodell konstruktiv adaptiert. Führungskräfte können eine gute Innovationskultur fördern, indem sie …
- Innerhalb des Unternehmens die Relevanz von Innovationen und innovativem und unternehmerischen Denken und Handeln kommunizieren und vorleben
- Anreize für das Übernehmen innovativer Projekte setzten und anfängliche Misserfolge als Teil des innovativen Prozesses ansehen
- Gezielt Innovations- und Kreativitätstechniken wie beispielsweise Design Thinking einsetzen, bei denen exploratives Vorgehen, Experimentieren und schnelles Einholen von Feedback im Vordergrund stehen
- Freiräume schaffen durch Zeit und Ressourcen für innovative Projekte, Design Sprints und Experimente
- Kreative Impulse triggern durch in- und externe Ideenwettbewerbe, Hackathons und Co-Creation mit Kunden, Start-Ups und anderen Partnern
- Mitarbeitern Entscheidungskompetenz übertragen und Eigeninitiative fördern
- Sichtbarkeit und Anerkennung für Ideen der Mitarbeiter schaffen
- Eine offene Diskussions- und Feedbackkultur sowie eine Atmosphäre von „Psychological Safety“ fördern
- Eine konstruktive Fehlerkultur etablieren und selber beispielhaft vorleben
Führungskräfte werden in diesem Kontext auch zu Botschaftern einer solchen Innovationskultur. Innovative Ideen brauchen Flügel, um zu fliegen – und jedes Mitglied eines Unternehmens kann dazu beitragen, der Wind unter ihren Flügeln zu sein.
4 Kernelemente einer Innovationskultur
Innovationen sind eine wichtige Grundlage der Wettbewerbsfähigkeit und des langfristigen Erfolgs von Unternehmen. Eine gute Innovationskultur ist neben einer klaren Strategie und dem Einsatz innovativer Methoden ein zentrales Element zur Förderung von innovativem und unternehmerischen Denken und Handeln. Kernelemente einer solchen Kultur sind
- eine zukunfts- und chancenorientierte Mentalität,
- organisationale und emotionale Anreize für innovatives und unternehmerisches Denken und Handeln,
- ein konstruktiver Umgang mit Scheitern und das aktive Lernen aus anfänglichen Misserfolgen und
- eine vertrauensvolle und offene Atmosphäre, in der Mitarbeiter sich trauen, auch unkonventionelle Ideen anzubringen und in der konstruktive Kritik eingefordert und wertgeschätzt wird.