Immer mehr Unternehmen berufen einen Customer Experience Officer, der im gesamten Unternehmen die Interessen der Kunden vertritt. Doch wie gelingt es, den Kunden in den Mittelpunkt aller geschäftlichen Entscheidungen zu stellen? Vier Erfolgsfaktoren sind ausschlaggebend.
2008 war kein gutes Jahr für Finanzdienstleister: In den USA platzt die Immobilienblase. Aus der Immobilienkrise wird eine Finanzkrise, die mit dem Zusammenbruch der Investmentbank „Lehman Brothers“ ihren Höhepunkt erreicht. Ihre Insolvenz löst eine Lawine aus, die viele Länder in eine Wirtschaftskrise reißt. Deutsches Sorgenkind ist die „Hypo Real Estate“, die mit Milliardenkrediten vor dem Untergang bewahrt wird.
Hatten Kunden Finanzinstitute zuvor als vertrauenswürdige Berater gesehen, so zweifelten sie jetzt ihre Geschäftspraktiken an. Um die Rezession zu überleben, mussten Banken zu Kundenbindungsexperten werden. Daraus entstand eine neue Disziplin, die seitdem zur Königsdisziplin avanciert ist: Das Customer Experience Management. Und aus dieser Disziplin entstanden Customer Experience Experten.
Der Aufstieg des Customer Experience Officer (CXO)
In der Anfangszeit des Abschwungs mussten die Mitarbeiter, die die Customer Experience verbessern sollten, eine wahre Bewährungsprobe bestehen. Sie mussten schnell lernen und schnell agieren. Sie konzentrierten sich auf Initiativen für das gesamte Kundenerlebnis und nutzten die allgegenwärtige Atmosphäre der Dringlichkeit, um sie in allen Abteilungen voranzutreiben.
Woher kamen diese unerschrockenen Menschen, und wie konnten sie in einer vage definierten, aber genauestens beobachteten Position durchhalten und sich durchsetzen? Um Antworten auf diese und weitere Fragen zu finden, sprachen wir mit sieben CX-Führungskräften aus der Finanz- und Versicherungsbranche weltweit. Wir dürfen nicht alle Namen nennen, aber wir dürfen von Ihren Erfahrungen berichten.
Sie hatten unterschiedliche Titel, von Chief Marketing Officer (CMO), Chief Customer Officer (CCO), Chief Experience Officer (CXO) bis hin zum Customer Experience Officer (CXO). Ihre Positionen enthielten Beschreibungen wie „strategische Initiativen“, „digitales Marketing“ und „Verbraucherprodukte“. Trotz der unterschiedlichen Titel waren sie sich alle einig, dass die CX-Disziplin nicht mehr wegzudenken ist – und noch einen langen Weg vor sich hat.
Die vier wichtigsten Erfolgsfaktoren
Die Geschäftsabläufe eines Unternehmens auf seine Kunden hin zu orientieren, ist ein riesiges Projekt. Erfahrene CX-Führungskräfte sind sich einig, dass es nur erfolgreich sein kann, wenn bestimmte Faktoren stimmen:
- Unterstützung durch die C-Suite einfordern
- Die Mitarbeiter einbeziehen
- Etwas aufbauen, an das die Mitarbeiter glauben können
- Den Nutzen belegen können
Im Folgenden werden diese Faktoren erklärt und aufgezeigt, warum sie für die Arbeit einer CX-Führungskraft entscheidend sind.
Erfolgsfaktor 1: Unterstützung durch die C-Suite einfordern
Damit eine kundenorientierte Transformation beginnen und wirklich Fuß fassen kann, muss der CEO hundertprozentig dahinterstehen.
„Sich die Unterstützung des CEO zu sichern und dafür zu sorgen, dass er oder sie sich sichtbar für das Projekt engagiert, ist erfolgskritisch“, erklärt Isabelle Conner, CCO und CMO bei der Generali-Versicherungsgruppe.
Die meisten CCOs sind außerdem der Meinung, dass alle Führungskräfte mitziehen müssen, um die Unternehmenskultur zu verändern. „Der CCO muss die Aufmerksamkeit der anderen Führungskräfte gewinnen, um Unterstützung und Ressourcen für seine Anliegen zu bekommen und um Veränderungen zu erreichen,“ sagt Nick Frunzi, Chief Customer Officer von Esri, einem internationalen Anbieter von Geoinformationssystemen (GIS), webgestützten GIS und Geodatenbank-Management-Anwendungen.
Erfolgsfaktor 2: Die Mitarbeiter einbeziehen
Während die Unterstützung durch die C-Suite dem Unternehmen hilft, an seiner kundenorientierten Transformation zu arbeiten, lässt erst der Beitrag der Mitarbeiter das Kundenerlebnis Realität werden.
„Ich habe festgestellt, dass die Akzeptanz durch die Mitarbeiter mich weiter bringt als die Akzeptanz durch die Führungskräfte (solange ich den CEO auf meiner Seite habe)“, erläutert Ingrid Lindberg, eine erfahrene CX-Führungskraft, die kundenorientierte Transformationen in vier Unternehmen geleitet hat. „Sicherlich besteht eine wichtige Aufgabe des CCO darin, die Zukunft und den Weg dorthin klar und deutlich zu beschreiben, aber um das Unternehmen zu verändern, müssen Sie auch auf jeden Fall Ihre Mitarbeiter um Unterstützung bitten und ihnen diese ermöglichen.“
Erfolgsfaktor 3: Etwas aufbauen, an das die Mitarbeiter glauben können
Mitarbeiter interagieren am meisten mit Ihren Kunden. Somit sind sie an der Umsetzung Ihres kundenzentrierten Ansatzes maßgeblich beteiligt. Damit sie sich effektiv und konsequent einbringen, müssen die angestrebten Veränderungen für sie glaubwürdig sein.
„Wir müssen dafür sorgen, dass wir hervorragende Kunden- und Mitarbeitererlebnisse bieten“, erklärt Christine Corbett, CCO von Australia Post. „Ein Problempunkt für unsere Kunden ist im Allgemeinen auch ein Problempunkt für unsere Mitarbeiter. Wenn wir Koordination und Interaktion sicherstellen können, können wir daher auch sicherstellen, dass unsere Mitarbeiter unsere Kunden weiterhin begeistern.“
Erfolgsfaktor 4: Den Nutzen belegen können
Wie wichtig es ist, zu einer kundenzentrierten Unternehmensphilosophie überzugehen, kann sehr deutlich und überzeugend anhand der Verbindung zwischen CX-Initiativen und finanziellen Ergebnissen gezeigt werden.
„Das Kundenerlebnis mit Finanzdaten zu verknüpfen, um den wirtschaftlichen Wert der Arbeit zu zeigen, ist einer meiner drei wichtigsten Erfolgsfaktoren“, erklärt Isabelle Conner. Sie nennt ein Beispiel: „Im November 2016 habe ich auf dem Investor Day in London gezeigt, dass die intensive Arbeit am Kundenerlebnis wesentliche Auswirkungen auf das Unternehmensergebnis hatte. Spanien war eines der ersten Länder, in denen wir den NPS gemessen haben, und wir konnten zeigen, dass dort der vorhandene Kundenstamm in nur 18 Monaten um 7 % wuchs und die eingenommenen Prämien um 36,5 Millionen Euro.“
Veränderungen fördern für besser Customer Experience
Immer mehr Unternehmen – insbesondere aus dem angelsächsischen Kulturraum – sind in den vergangenen Jahren dazu übergangen, das Thema Customer Experience in der Chefetage zu verankern. Sie berufen einen Customer Experience Officer, der im gesamten Unternehmen die Interessen der Kunden vertritt.
Laut des amerikanischen Chief Customer Officer Council gehört zu den Aufgaben eines Chief Experience Officer (CXO), chronische Probleme von Kunden zu lösen, die Kundenbindung zu stärken, eine effektive Kundenstrategie zu entwickeln und eine kundenorientierte Unternehmenskultur zu schaffen.
Im Endeffekt geht es jedoch darum, Veränderungen im Unternehmen zu fördern, etwa an der Unternehmenskultur und der strategischen Ausrichtung. Der CXO arbeitet dabei nicht in einem Vakuum. Erst mit der Unterstützung aller Mitarbeiter und Abteilungen kann eine CX-Strategie gelingen.
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