Ertragssteigerung bei gewerblichen Girokonten für Sparkassen

Auch mit Kundenzustimmung

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Die große Heterogenität im Nutzungsverhalten von Geschäfts- und Firmenkonten erschwert Preisanpassung für Sparkassen, vor allem in Verbindung mit einer Kundenzustimmung. Mit dem richtigen Ansatz können aber auch künftig hohe Ergebnisbeiträge generiert werden.

Mehr Ertrag bei Geschäfts- und Firmenkonten von Sparkassen

Maßnahmen zur ertragssteigernden Anpassung von Geschäfts- und Firmenkonten bei Sparkassen in Verbindung mit einer Zustimmung zu den neuen Preisen und Leistungen.

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Die unterschiedlichen Geschäftsmodelle gewerblicher Kunden führen zu abweichenden Anforderungen an den gewerblichen Zahlungsverkehr, insbesondere an das Girokonto. Diese Heterogenität zeigt sich in einer stark gespreizten Nutzungsintensität der Konten sowie in sehr unterschiedlich nachgefragten Leistungen am Konto. So haben beispielsweise auch große Dienstleister oft weniger Transaktionen als ein kleineres Handelsunternehmen. Dafür haben diese in der Regel Bedarf an Kartenzahlung und Bargeld-Handling, wohingegen andere Unternehmen im großen Stil Sammelbuchungen tätigen. Wieder andere nutzen ihre Konten generell nur im sehr überschaubaren Maße.

Struktur und Preispunkte gewerblicher Kontomodelle müssen all diese individuellen Nutzungsverhalten und -bedarfe geeignet abdecken. Entsprechend sind Modellanpassungen und Preisfindung deutlich komplexer als bei privaten Girokonten. Vor allem, wenn diese nun auch in Verbindung mit einer Kundenzustimmung eingeführt werden.

Dennoch ist der Ertragshebel bei einer intelligenten Preisanpassung weiterhin signifikant und mit angemessenem Aufwand zu realisieren. Das neue Pricing fußt dabei auf einer Analyse bis auf Einzelkontoebene, um individuelle Bedarfe zu erkennen und passgenaue Preissteigerungen je Konto zu gewährleisten.

Mit einer differenzierten Kontenstruktur die heterogenen Bedarfe gewerblicher Kunden abdecken

Um diese Komplexität zu bewältigen, bieten Sparkassen im Regelfall bereits mehrteilige Kontomodelle an, die zumindest nach Nutzungsintensität differenzieren. Dieser Ansatz ist richtig, jedoch fehlt oft die richtige Balance. Die Übergangspunkte (Break-even-Punkte) zwischen den Modellen sind häufig nicht optimal austariert. Sie kommen entweder zu spät, sodass nur wenige Viel-Nutzer von den höheren Modellen profitieren oder zu früh, sodass bereits bei wenigen Transaktionen ein im Grundpreis teureres Modell gewählt werden muss. Das Angebot ist daher nur für wenige Kunden wirklich passend und führt letztlich zu entgangenen Erträgen.

Zudem sind die unterschiedlichen Leistungen, die sogenannten Leistungseinheiten, untereinander und im Zusammenspiel der Kontovarianten preislich oft nicht ausreichend differenziert. In vielen Häusern werden zum Beispiel alle Formen von Gut- und Lastschriften innerhalb einer Kontovariante gleich bepreist. Dabei sind besonders im Payment-Geschäft Lösungen notwendig, um im Wettbewerb mit günstigen Pooling-Anbietern zu bestehen. Beispielsweise könnten Preise für Gutschriften nach der Zahlbetragshöhe variieren oder Zahlungseingänge über Sparkassen-Terminals günstiger als über Fremd-Terminals angeboten werden. Auch Unternehmen mit vielen Lastschrifteneinzügen, zum Beispiel für Monatsbeiträge ihrer Kunden, könnten durch günstigere Preise für Buchungssammler in höheren Modellen besser berücksichtigt werden.

Wichtig ist aber vor allem das Verhältnis aus angemessener Bepreisung der Postenpreise in den Einstiegsmodellen und der Postenpreise in den höheren Modellen, um auch hier Preisspielräume zu nutzen. Vielerorts sind gerade die Preise einzelner Leistungseinheiten im Einstiegsmodell zu günstig. Anderenorts sind die Buchungsposten im obersten Modell als Listenpreis zu günstig. Beides verspielt viel Ertragspotenzial.

Eine gut differenzierte Kontenstruktur reduziert den Bedarf an individuellen Sonderkonditionen (Soko). Kunden mit ausgeprägtem Zahlungsverkehr erhalten so in den Standardmodellen einen standardisierten Nachlass auf die Postenpreise, entrichten dafür jedoch einen deutlich höheren Grundpreis. Dies schöpft Zahlungsbereitschaft besser ab als der gängige prozentuale Pauschalrabatt auf alles inkl. Grundpreis. Zudem spart eine Modelldifferenzierung Aufwand im laufenden Soko-Management und sorgt für Transparenz und Fairness im Kundenbestand. Zusätzlich birgt das strukturierte „Aufräumen“ laufender Sokos oft erhebliche Ertragspotenziale.

Ein detailliertes Datenmodell auf Einzelkontoebene bringt die notwendige Klarheit

Um die gewerblichen Kontomodelle richtig zu differenzieren und auf die individuellen Bedürfnisse der Kunden anzupassen, ist ein genaues Verständnis des eigenen Kontenbestands erforderlich. Dafür ist ein Datenmodell aufzubauen, das für jedes Einzelkonto die detaillierte Kontonutzung je Leistungseinheit inkl. eventueller Rabatte enthält sowie weitere Kunden- und Produktdaten integriert (Segment, Dauer der Kundenbeziehung, Produktnutzung, Salden, etc.).

Denn nur so kann das tatsächliche Nutzungsverhalten der Konten analysiert und als Fundament der Anpassung genutzt werden. In vielen Sparkassen offenbart der Blick auf die Einzelkonten für viele überraschend, dass rund 15–25 Prozent der gewerblichen Konten sehr geringfügig genutzt werden. Darunter sind nur wenige Zweitkonten eines Kontenverbunds, sondern hauptsächlich solche ohne weitere Verbindung im Bestand. Diese Konten werden als Nebenbankverbindung geführt. Daraus folgt die Frage, über welches andere Institut der Zahlungsverkehr derzeit läuft.

Die Einzelkontenanalysen ist unerlässlich, um ein Pricing zu entwickeln, welches das richtige Angebot für die vielen heterogenen Konten im Bestand bietet. Sie ermöglicht zudem die kontenindividuelle Simulation des Mehrertrags im Zuge der Kontopreisanpassungen und eine verbesserte Abschätzung von Kontobewegungen zwischen den Modellen. Außerdem wird sichergestellt, dass alle Konten einen fairen Anteil an der Preisanpassung tragen und verhindert, dass intensiv genutzte Konten unangemessene Preiserhöhungen erfahren.

Preisanpassungen entlang des gesamten Preis- und Leistungsverzeichnis empfohlen

Im Rahmen der Überarbeitung des Preis- und Leistungsangebots der gewerblichen Konten empfiehlt es sich, die weiteren Preise auf den Prüfstand zu stellen. Dabei liegen die größten Potenziale hier im Cash Services (Safebag, Bareinzahlungen, Münzen), Kartenpreisen und im Electronic Banking. Vor allem innerhalb des Electronic Bankings ließen sich in vergangenen Projekten oftmals zusätzliche Mehrertragspotenziale im sechsstelligen Bereich identifizieren.

Denn insbesondere rund um die Bereitstellung von Kontoinformationen über Schnittstellen (EBICS, DATEV, etc.) lassen sich Preise optimieren. Typische Hebel sind hier das Einführen optimierter Pauschalpreise oder ein intelligentes Bepreisen von einzelnen Bereitstellungen. Zudem sollte das Leistungsspektrum geprüft werden, um Nutzungslücken bei beispielsweise untertägigen Bereitstellungen oder bei Sammlerinformationen zu identifizieren.

Werden die Modell- und Preisanpassungen mit einer Zustimmungseinholung verbunden, achten mehr Kunden genauer auf die Auswirkungen. Der Blick auf stark betroffene Einzelkonten ist daher bereits in der Konzeption besonders wichtig und hilft auch später als Information an die Mitarbeitenden im Markt bei Kundenrückfragen und -einwänden.

Ein einfacher Kniff beschleunigt die Kundenzustimmung bei gewerblichen Kunden ganz erheblich

Inzwischen wird auch bei Preisanpassungen an gewerblichen Konten eine Zustimmungseinholung breit empfohlen. Das hat zwei wesentliche Gründe: Zum einen wäre die Entgelt-Rückerstattung hier weitaus umfangreicher und komplexer als bei privaten Kontomodellen, sollte der BGH ein Urteil fällen, das sich auch auf Nichtverbraucher bezieht. Zum anderen gilt der alte AGB-Änderungsmechanismus bei weitem nicht mehr für alle gewerblichen Konten. Gerade unter den Geschäftskunden oder bei Kunden mit Nebenerwerb sind die Kontoinhaber vielfach Verbraucher. Viele Häuser sehen hierfür sogar eigene Kontovarianten vor. Hinzu kommen die Kontoinhaber mit Verbrauchereigenschaft. Dies gilt für die allermeisten GbR und WEG.

Somit fällt bereits ein großer Teil der gewerblichen Konten aufgrund seiner Inhaber ausdrücklich unter das BGH-Urteil zum AGB-Änderungsmechanismus. Außerdem wurden vor dessen Hintergrund im September 2021 die AGB angepasst und der alte Änderungsmechanismus gestrichen. Insofern greift das alte Vorgehen bei allen Kunden, die seitdem ein Produkt abschlossen, ohnehin nicht mehr. Dies erzeugt einen wachsenden Flickenteppich unter den gewerblichen Konten, der im Zustimmungsprozess kaum zu handhaben wäre. Jetzt einmal konsequent die Zustimmung einzuholen, sorgt für Klarheit und sichert die Erträge ab.

Die Zustimmung kann entgegen oft vernommener Vorurteile sogar leichter gelingen als bei Privatkunden. Man muss dabei nur eine Klippe umschiffen. Die bei den Verbrauchern besonders erfolgreichen digitalen Zustimmungswege erfordern einen personalisierten Zugang. Dieser liegt jedoch für juristische Personen bislang nicht vor. Diese sogenannten J-Personen müssten also im Regelfall per Antwortformular oder beim Berater zustimmen. Gerade bei den vielen kleinen Betrieben ohne intensive Beraterbeziehung kann hierbei eine Hängepartie entstehen.

Aufbau des indirekten Zustimmungsprozesses für juristische Personen

Je juristische Person finden sich ca. drei zustimmungsberechtigte Privatkunden im Bestand der Sparkassen.

Dies lässt sich durch eine vergleichsweise simple Ergänzung auflösen. Bei vielen dieser Unternehmen sind die Entscheidungsberechtigten zugleich Privatkunden des Hauses. Sie lassen sich leicht über die Rollen am Konto als z. B. Geschäftsführer, Vorstände oder Prokuristen identifizieren. Solche Personen finden sich im eigenen Kundenstamm nicht für alle Konten, dafür trifft man in vielen Fällen gleich auf mehrere Personen, teilweise mit Berechtigungen für mehrere Konten. Im Durchschnitt der von uns begleiteten Projekte fanden wir ca. drei Berechtigte je Konto, die als handelnde Personen in die Zustimmungstabelle aufgenommen wurden. Damit standen nun auch für diese Konten alle bewährten digitalen Kanäle bereit. Im Ergebnis war der Zustimmungshochlauf in diesen Häusern sogar deutlich schneller als bei den Privatkonten. Diese „indirekte Zustimmung“ über handelnde Personen hatte daran einen erheblichen Anteil.

Die großen Ertragspotenziale, die aus einem solchen ganzheitlichen Anpassungsprozess des gewerblichen Zahlungsverkehrs entstehen, legitimieren den Zustimmungsprozess allemal. Die Einzelkontoanalyse ist dabei die Kür und sorgt vor allem für weniger Kundenreaktionen.


Percy Heinricy – Manager, Berg Lund & Company

Percy Heinricy

Percy Heinricy ist Koautor des Beitrags. Er ist Manager bei Berg Lund & Company und begleitet Banken und Sparkassen unter anderem bei der Optimierung privater und gewerblicher Kontomodelle sowie Payment-Angeboten.

 


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Über den Autor

Dr. Thomas Nitschke

Dr. Thomas Nitschke ist Partner und Gesellschafter bei Berg Lund & Company (BLC) und ist u. a. spezialisiert auf Sparkassen. Er berät Retail-Organisationen in den Bereichen Vertrieb und Produktmarketing. Seine Schwerpunktthemen sind Pricing-Projekte, Zahlungsverkehr und Passiv-Geschäft sowie digitale Geschäftsmodelle. Das wirtschaftswissenschaftliche Studium am Finanzplatz Hamburg ergänzte Nitschke um einige Jahre in der Wissenschaft, bevor er zu BLC kam.

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