Die Banken in Europa müssen sich seit rund einem Jahrzehnt mit sinkenden Erträgen, steigendem Kostendruck und begrenzten Wachstumsmöglichkeiten befassen. Eine neue Studie zeigt, dass sich die Institute dank ESG auch auf neue Chancen einstellen können.

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Die europäischen Banken befinden sich seit mehr als zehn Jahren in einem Teufelskreis – bestehend aus sinkenden Erträgen, erheblichem Kostendruck und begrenzten Wachstumsmöglichkeiten. Zwischen niedrigen Zinsen, steigenden Betriebs- und Kapitalkosten, u.a. bedingt durch Regulierungen sowie einem massiven Gegenwind durch die Corona-Krise, blicken die Banken nun auf erhebliche Herausforderungen. Das gesamte Jahr 2020 und auch die COVID-19-Pandemie haben bei Banken in ganz Europa tiefe Spuren hinterlassen. Trotzdem zeigt sich der Bankensektor im Ganzen als recht robust. Wie eine neue Studie von zeb zeigt, ergibt sich allerdings für viele Institute ein zweigeteiltes Bild.

Für Banken zeichnet sich ein zweigeteiltes Bild ab

Auf der einen Seite sind die Gewinne der 50 größten Banken insgesamt um mehr als die Hälfte zurückgegangen und die Eigenkapitalrentabilität ist im Durchschnitt weiter von 6,4 Prozent in 2019 auf nur rund 3 Prozent im Jahr 2020 gesunken. Doch betrachtet man andererseits die Kapitalausstattung der Institute im Durchschnitt, stellt sich diese weiterhin gut dar. Zahlreiche Banken konnten ihre Eigenkapitalposition erhöhen und damit die entsprechenden Kapitalquoten wieder verbessern.

Die wesentliche Ursache für den Gewinnrückgang waren deutlich steigende Risikokosten – sie erreichten den höchsten Wert der vergangenen sieben Jahre. Doch anders als in der Finanzkrise, konnten 80 Prozent der untersuchten Institute die Belastungen aus dem operativen Gewinn stemmen. Nur zehn der großen europäischen Banken haben Verluste geschrieben, betroffen waren vor allem Banken in von COVID-19 sehr stark betroffenen Regionen.

Nach der Corona-Pandemie kommen neue Herausforderungen

Mit Blick auf die Zukunft wird es in den nächsten Monaten für die Banken darum gehen, die zusätzlichen wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie zu bewältigen. Trotzdem steht die nächste Hürde bereits vor der Tür. ESG (Environment, Social und Governance) ist der neue Megatrend des 21. Jahrhunderts.

Diese drei Buchstaben stehen allerdings nicht nur für Umwelt, Soziales und Unternehmensführung, sondern auch für eine breite Entwicklung, welche die Gesellschaft, die Wirtschaft und das Verhalten in der Gesellschaft wesentlich verändern und damit auch enorme Auswirkungen auf das Bankwesen haben wird. Die Kernfrage für europäische Institute lautet demnach: Kann ESG – und alles, was darunter fällt – dazu beitragen, den aktuellen Teufelskreis zu durchbrechen, oder treibt er diesen eventuell noch an?

Das „E“ steht im Fokus der ESG-Diskussion

Für viele der Marktteilnehmer in ganz Europa – und besonders im europäischen Bankensektor – steht das „E“ aus ESG, der Umwelt- und Klimaaspekt, im Fokus. Dies ist bedingt durch die Risiken im Zusammenhang mit dem Klimawandel, welche in der politischen und gesellschaftlichen Diskussion an Bedeutung gewinnen. Dies führt dazu, dass Regulatoren und politische Behörden die Banken dazu drängen, ESG-bezogene Anforderungen zu erfüllen.

Die Studie zeigt drei wesentliche Bereiche für regulatorische Initiativen im europäischen Bankensektor auf – allerdings mit unterschiedlichem Konkretisierungsgrad:

  • (nicht finanzielle) Berichterstattung und Offenlegung,
  • Stresstests und Risikomanagement und
  • (nicht zuletzt) Kapitalanforderungen.

Vor allem mit Fokus auf die ersten beiden Bereiche gibt es schon umfangreiche Initiativen und geplante Anforderungen. Dazu zählen besonders aktuell mögliche, zusätzliche Kapitalabschläge bzw. sogar -zuschläge für sogenannte „grüne“ oder „braune“ Kreditgeschäfte der Banken, die eine Veränderung der Kapitalquoten bedeuten würden. Die Studie zeigt, dass mit grundlegenden Veränderungen der Kapitalquote erst bei sehr hohen Zu- bzw. Abschlagsfaktoren zu rechnen ist. Auf Einzelvertragsebene ergibt sich aber durchaus ein enormer Einfluss auf das Neugeschäft der Institute.

Prognosen im Zusammenhang mit ESG noch schwierig

Die Studie zeigt auch, dass es momentan nur wenige Informationen zu den tatsächlichen Klimarisiken der Institute gibt. Generell sind die Ergebnisse unter den größten europäischen Banken sehr heterogen und vor allem durch den individuellen Anteil der Institute an den Industriesektoren und Ländern forciert, die besonders von klimawandelbedingten Risiken betroffen sind. So wird deutlich, dass beispielweise die nordischen Länder und vor allem der Immobiliensektor sowie das verarbeitende Gewerbe vergleichsweise stärker von diesen Transitionsrisiken betroffen ist, d. h. von der Notwendigkeit, Treibhausgase zu reduzieren. In Südeuropa werden die Banken mit relativ höheren physischen Risiken konfrontiert, z. B. durch extreme Wetterereignisse und deren Auswirkungen auf den Agrarsektor.

Allgemein macht die Studie deutlich, dass viele relevante Fragen im Zusammenhang mit ESG noch offen bleiben. Sogar etablierte Ratingagenturen kommen momentan in ihrer Prognose der ESG-Profile von Banken und Unternehmen zu unterschiedlichen Ergebnissen oder stellen nur in begrenztem Maß Daten zu Verfügung. Daher wird die Entwicklung von belastbaren Ratingsystemen für das eigene – beispielweise mittelständische – Geschäft eine Kernherausforderung.

Nachhaltigkeit als große Chance für Banken

Neben den Herausforderungen, die sich mit der ESG-Entwicklung zeigen, zeigt ein unternehmerischer Blick ein hohes Chancenpotenzial für Banken. Möchte man bis 2030 eine Reduktion der Treibhausgase um ca. 55 Prozent erreichen, sind hohe klimarelevante Investitionen über alle volkswirtschaftlichen Branchen hinweg notwendig. So geht die EU-Kommission – allein in Europa – von einem direkten Finanzierungsvolumen in Höhe von 1.000 Milliarden Euro im Jahr aus – konservativ geschätzt. Nach Ergebnissen der Studie könnte das für Banken zusätzliche Erträge von rund 27 Milliarden Euro jährlich – oder 270 Milliarden Euro bis 2030 bedeuten.

Die Studie zeigt außerdem, dass die meisten Marktteilnehmer ESG-Produkte als Angebote für sogenanntes „dunkelgrünes Geschäft“ versteht. Damit sind Aktivitäten gemeint, welche schon per Definition grün sind, wie beispielweise Windkraftanlagen oder Ähnliches. Dieser Bereich ist jedoch noch vergleichsweise klein.

Harter Wettbewerb um attraktive ESG-Angebote

Laut der Untersuchung sei die Konsequenz ein harter Wettbewerb um attraktive Angebote bei eher geringen Margen. Bedeutend interessanter sei das Transitionsgeschäft – also die Unterstützung von Unternehmen auf ihrem Weg zu einem deutlich niedrigeren CO2-Ausstoß oder einem verbesserten ESG-Profil. Obwohl dieser Bereich einen Großteil des Gesamtmarkts ausmache, werde es bisher noch von vielen Banken vernachlässigt. Das an internationalen Standards orientierte ESG-Transitionsgeschäft sei der Schlüsselbereich für ein ertragsorientiertes Geschäft – und somit auch der wichtigste Bereich für Banken.

Abschließend bleibt die Frage, wie Banken die Risiken angehen und letztendlich die Chancen ergreifen. Klar ist aber, dass Institute, die einen frühen, mutigen Schritt in Richtung ESG machen, indem sie beispielweise vielversprechende Risikomanagement-Tools, Scoring-Expertise und Messmethoden etablieren und Kunden bei der Transformation mit Beratungs-, Finanzierungs- und Investmentlösungen unterstützen, werden einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Instituten erlangen.

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