Viele Banken und Sparkassen behaupten von sich, Multikanalbanken zu sein, also Kunden gleichermaßen einen Zugang über verschiedene Kanäle zu ihren Leistungen zu ermöglichen. Nicht überall hält dieses Versprechen einer Prüfung stand.
Ein Bekannter von mir, nennen wir ihn mal Rainer, versuchte vor kurzem, bei einer Multikanalbank ein Konto online zu eröffnen. Anlass war sein beruflicher Umzug in eine andere Stadt. Bislang hatte er sein Girokonto bei einer klassischen Filialbank geführt, genauer gesagt, bei seiner örtlichen Sparkasse. Inzwischen nutzte er dieses Konto jedoch vornehmlich über das Online Banking und somit war es nicht weiter erstaunlich, dass er auch das neue Konto online eröffnen wollte.
Von Multikanal zu Omnikanal
Auch wenn Rainer kein Banker ist, so hat er doch, ohne den Begriff „Multikanal“ als solchen zu kennen, verstanden, dass moderne Banken heutzutage ihre Leistungen nicht nur in Filialen sondern auch über andere Vertriebskanäle anbieten.
Er ahnt natürlich nicht, dass Multikanal eigentlich schon längst der Vergangenheit angehört und das aktuelle Motto „Omnikanal“ heißt. In der Erweiterung von Multikanal bedeutet dies, Leistungen nicht nur über verschiedene Kanäle anzubieten, sondern dem Kunden auch eine einheitliche und nahtlose kanalübergreifende „Erfahrung“ (Customer Experience) zu bieten.
Im Laufe seines Kundenlebens (Customer Journey) erwartet ein Bankkunde heutzutage vielfältige Wahlmöglichkeiten, mit dem Institut seiner Wahl in Kontakt zu treten. Die folgende Grafik stellt diese Möglichkeiten dar.
Der Versuch einer Online Kontoeröffnung
Mein Bekannter Rainer wollte eigentlich nicht seine Bank wechseln. Dummerweise sind Sparkassen aber regionale Institute ohne Konzernverbund und von daher blieb ihm nur die Wahl, mit seinem alten Institut eine Fernbeziehung zu führen oder bei einer Sparkasse vor Ort eine neue Kundenbeziehung einzugehen.
Er entschied sich für letzteres und setze sich an einem regnerischen Sonntagnachmittag vor den PC, um Nägel mit Köpfen zu machen. Das Institut seiner Wahl war die örtliche Stadtsparkasse, ein respektables Institut mittlerer Größe.
Auf den folgenden Bildern sehen Sie den langen Weg durch das Dickicht der Internetseiten, bis Rainer das Girokonto seiner Wahl gefunden hatte:
Multikanal? Fehlanzeige!
Leider bot die Sparkasse keine Girokontoeröffnung per Online Abschluss an. Dass ein potentieller Kunde nach einer solchen wahren Web-Odyssee den Glauben an die simple Online Fähigkeit des Instituts seiner Wahl verloren hat, ist einleuchtend. Wie soll er davon überzeugt sein, dass ihm dieses Institut eine überzeugende Möglichkeit bietet, seine Bankangelegenheiten per Internet zu erledigen, wenn es nicht einmal möglich ist, ein ganz normales Girokonto online zu eröffnen.
Auch die ansässige Volksbank bietet übrigens keine Möglichkeit zur Online Eröffnung eines Girokontos. Allerdings ist dies kein Trost für die örtliche Sparkasse.
Da mein Bekannter (zumindest theoretisch) nicht auf die Möglichkeit eines Filialbesuches verzichten wollte, hat er schließlich sein Konto bei einer Großbank eröffnet. Er hat dies nicht wirklich begeistert getan, da seine Grundhaltung gegenüber Großbanken eher reserviert ist. Sein kostenfreies Studentenkonto wurde nur wenige Tage nach Abschluss seines Studiums sang- und klanglos in ein gebührenpflichtiges Standardkonto umgewandelt. Sachlich was dies in Ordnung, nur von der Art und Weise fühlte sich Rainer damals nachhaltig irritiert. Immerhin hat er jetzt sein neues Konto bei einer anderen Großbank eingerichtet.
Fazit
Sparkassen und Volksbanken behaupten seit Jahren von sich, Multikanalbanken zu sein. Viele sind es auch. Es gibt Institute wie z.B. die Kreissparkasse Köln, die nicht nur einen schlanken Prozess zur Kontoeröffnung sondern sogar eine unmittelbare Identifikation mit dem neuen elektronischen Personalausweise ermöglicht.
Aber es sind eben nicht alle selbstständigen Institute gleich aufgestellt. Eine kurze bei den zehn größten Sparkassen durchgeführte Stichprobe zeigt, dass die nahtlose Online Eröffnung eines ganz normalen Girokontos weitgehend Illusion ist. Spätestens am Schluss des Prozesses wird man aufgefordert, in einer Filiale mit den online ausgefüllten Dokumenten persönlich vorstellig zu werden.
Mag der DSGV Präsident Fahrenschon auf der jährlichen Tagung der Sparkassenvorstände noch so viel vom Eintritt ins digitale Zeitalter sprechen, die Realität ist eine andere. Was die einen als Segen betrachten, sehen andere offensichtlich als Fluch.
Bei den meisten Volksbanken sieht es leider nicht viel anders aus.
Eine einfache Online Kontoeröffnung zählt heutzutage zu den absoluten Basisanforderungen im Privatkundengeschäft. Wie soll die digitale Zukunft für Institute aussehen, bei denen nicht einmal dies möglich ist?
6 Kommentare
Wie wurde er denn bei der Großbank legitimiert? PostIdent odet war er auch da vor Ort.
ePersonalausweis benutzt kaum jemand, wird auch kaum angeboten; die brauchbaren Lesegeräte sind zu teuer.
Auch nahezu alle Direktbanken greifen auf PostIdent zurück.
Anstatt zu einer Postfiliale oder einem LottoLaden mit Post zu gehen, kann man auch direkt in der Sparkasse oder Volksbank vorstellig werden!
„Wie wurde er denn bei der Großbank legitimiert? PostIdent“
Ja
„Anstatt zu einer Postfiliale oder einem LottoLaden mit Post zu gehen, kann man auch direkt in der Sparkasse oder Volksbank vorstellig werden! “
Kann man. Nur will man das womöglich nicht aufgrund der schlechteren Öffnungszeiten.
Da sind die der Poststellen nicht besser!
Und Sparkassen….Da gibts Ausnahmen… Mo bis Fr 8:30 bis 19, samstags 9 bis 15 Uhr, durchgehend!
Ich denke, der Kunde sollte entscheiden können, was er wie und wann machen will. In diesem Fall wollte er eben nicht extra in die Filiale einer Bank oder Sparkasse zwecks Kontoeröffnung gehen sondern eher kurz auf einem Postamt Halt machen, z.B. beim Einkaufen im Supermarkt, wo es zahlreiche Poststellen gibt.
ach herrje, die Diskussion habe ich ja verpasst. Aber im Ernst: Februar 2015, und hier wird noch über PostIdent geredet? Was bitte ist daran Online?
NICHTS.
Exakt. Wer einen Online-Abschluss anbieten will, muss seit letztem Jahr, in dem Video-Ident von der BaFin erlaubt wurde, genau das anbieten. Denn was soll daran besser sein, einen Kunden zur Post zu schicken, als in die eigene Filiale. Beides ist ein Medienbruch und hat mit Omnikanal nichts zu tun. Es sei denn, man versteht unter Omnikanal, den Kunden zur Verwendung aller Kanäle zu zwingen: Ausfüllen des Formulars am Bildschirm, Klärung von Verständnisfragen am Telefon, und Unterschreiben in der (Post-)Filiale :-)
Post Ident ist natürlich auch ein Medienbruch, das bestreitet auch niemand. Aber zumindest ein Weg, den sehr einschränkenden Filialöffnungezeiten zu entkommen.