Werden die Sparer enteignet?

Gefahren des European Deposit Insurance Scheme

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Das geplante „European Deposit Insurance Scheme“ der EU-Kommission soll die Einlagen für die gesamte Eurozone sichern und die nationalen Systeme ablösen. Dies bedeutet Gefahren für Finanzplatz und Sparer.

Gefahren des European Deposit Insurance Scheme

Gefahren des European Deposit Insurance Scheme für Finanzplatz und Sparer.

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In den nächsten fünf Jahren wird sich entscheiden, ob der Finanzplatz seine selbstverwaltete Unabhängigkeit behalten wird. Erklärtes Ziel des neugewählten Europäischen Parlamentes, der neu aufgestellten EU-Organe und der EZB mit ihrer Bankenaufsicht ist EDIS, das „European Deposit Insurance Scheme“ für alle Sparer – zunächst für die heutigen Euroländer, ab 2025 für alle EU-Länder.

Der deutsche Titel „Europäisches Einlagenversicherungssystem“ verschleiert „Plan und Programm“, nur das besagt „Scheme“ im Deutschen. Wirtschaftlich gesehen ist EDIS keine Versicherung. Es soll allein ein Umverteilungsinstitut werden, auf das die schlecht geführten EU-Staaten mit ihren Banken jederzeit kostenlos zurückgreifen können. Die Verschleierung wird dramatisiert mithilfe von Angstbegriffen der Mediziner: EDIS solle die Schockresistenz des Systems erhöhen und Ansteckungen verhindern. Doch zwischen gut geführten Staaten und Banken gibt es keine Ansteckung, auch keine Schockauslösung.

Vertrauen, Garant und Eigentum in Gefahr

EDIS wird jeden einzelnen Bürger in seinem Eigentumsrecht über sein Geld und in seiner individuellen Vermögensdisposition betreffen. Damit trifft es im Kern auch die Selbständigkeit des Finanzplatzes.

Mit dem Vorhaben werden drei Grundsätze ausgehebelt, die einzuhalten für die Liquidität des Finanzplatzes ausschlaggebend sind:

  1. Vertrauen: Die Liquidität eines Finanzplatzes beruht auf dem Vertrauen seiner Einwohner, in Notzeiten über sofort einsetzbares Geld verfügen zu können. Das sind ihr gespartes Bargeld zu Hause, ihre Einlagen auf dem Bankkonto und ihr schnell beleihbares Eigentum, wie Haus oder Wohnung.
  2. Garant: Für das Vertrauen brauchen die Menschen einen sichtbaren Garanten. Das ist die Deutsche Bundesbank mit ihren Zentren in den Regionen. Fallen die bargeldlosen und elektronischen Systeme aus, steht die Bundesbank mit Bargeld bereit. Die jederzeitige Liquidität des Finanzplatzes wird auf-rechterhalten.
  3. Eigentum: Ohne das Geld der Bürger stehen die Finanzplatzakteure nur in der Kulisse. Denn das Eigentum an ihrem Geld haben nur die Bürger. Nachdem die EZB die Verzinsung für Einlagen erledigt hat, besteht die Vertrauensbeziehung zwischen Bürgern und ihrem Finanzplatz allein in der Sicherung des Ersparten und in der Abwicklung von Geldgeschäften.

Vor einem landläufigen Irrtum ist zu warnen: Sparen ist nicht Geldschaffung. Geld wird über die Kreditvergabe von Finanzinstituten geschaffen und vernichtet über Kredittilgungen. Das sind Buchungen, aber keine anfassbare Liquidität. Wer politisch Geld umverteilen möchte, muss den Bürgern deren eigene Verfügbarkeit über ihre Ersparnisse wegnehmen und für seine Zwecke nutzbar machen.

Sparen und Finanzplatzautonomie am Ende?

Was dies bedeutet, soll am Beispiel des Finanzstandortes Hamburg gezeigt werden. Über die Bürgerliquidität ist leicht zu reden, das Volumen der Metropolregion ist nur zu schätzen. Die Regionalstatistiken der Bundesbank für Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein erlauben jedoch, zusammen mit den Statistiken zur Region belastbare Größenordnungen zu ermitteln. Die Summen für das Bargeldsparen zu Hause sind mit 15 Prozent auf die Einlagen der Bürger bei Banken vorsichtig geschätzt worden. Denn Bargeldnutzer horteten laut Bundesbank sogar ein Fünftel des emittierten Geldes, zusätzlich ein Zehntel hielten sie in ihrer „Transaktionskasse“.

In der Metropolregion lebten 2018 5,37 Millionen Menschen, das sind 6,5 Prozent der deutschen Bevölkerung (82,9 Millionen Einwohner). 385 Milliarden Euro betrug ihre Liquidität – mit 7,3 Prozent an der deutschen Liquidität (5.297 Milliarden Euro) höher, als der Einwohneranteil vermuten ließe. Zwei Drittel der Metropolliquidität stammt aus Sparen und Einlagen der „Nichtbanken“, vor allem der privaten Kunden. Wird das Bargeldsparen (15-Prozent-Annahme) einbezogen, erhöht sich der Anteil auf drei Viertel an der Liquidität. Statistisch betrachtet trägt jeder Einwohner in der Metropolregion mit 71.786 Euro zur gesamten Liquidität bei, 12 Prozent mehr als jeder andere Einwohner Deutschlands.

EDIS ist eine Bedrohung

EDIS würde das Zusammenspiel zwischen regionaler Liquiditätsschaffung und -verwendung über seine Apparatur beenden. Es würde zusammen mit der EZB inklusive deren hauseigener Bankenaufsicht und ihrem Eurosystem die Liquidität des Finanzplatzes an sich ziehen. So könnten EDIS und EZB auf dieser liquiditätstechnischen Basis die über die Maastricht-Regeln hinausgehenden Staatsschulden einzelner EU-Länder zerreißen. Oder Investmentbanken, Investoren und andere Zentralbanken könnten bei EDIS ihre Kredite an die EZB absichern. Die Bürger erführen nichts, hafteten aber voll, wenn EDIS sich mit EZB übernommen haben sollte. Dann werden deren Schulden zerrissen, finanzielle Repression nennt man die anschließende Ausbeutung der Bürger.

Die Realisierung von EDIS wird kommen. Für die Sparer der Metropolregion wird ihre bisherige jederzeitige volle Verfügbarkeit über ihr Erspartes und ihr ungebrochenes Eigentumsrecht daran beendet. Die EU inklusive EDIS und die EZB werden sie nicht einmal fragen, ob sie sich bedienen dürfen. Das „Scheme“ wird wie üblich so abgefasst, dass hinterher Bundesverfassungsgericht und nachfolgend Europäischer Gerichtshof feststellen können, die EDIS-Aneignung der deutschen Bürgersparvermögen habe mit der Eigentumsgarantie des Artikels 14 Grundgesetz nichts zu tun. Die Enteignung der Sparbürger ist vorgezeichnet. Denn Bundesregierung und Bundestag wollen EDIS nähertreten, wenn die hohen Bestände fauler Kredite in einigen Euroländern noch weiter zurückgebaut sein werden. Dem Finanzplatz wird seine Selbstverwaltung des Liquiditätsgeschäftes weggenommen werden.


Der Beitrag erschien als Teil des Jahrbuchs 2019/20 des Vereins Finanzplatz Hamburg e.V.. Das Jahrbuch können Sie hier herunterladen oder als Hardcopy bestellen.

Über den Autor

Dr. Bernd Lüthje

Bernd Lüthjes berufliche Laufbahn begann bei der Handelskammer Hamburg. Er hatte verschiedene Leitungsfunktionen in Banken und deren Vertretungen inne, u.a. als Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes öffentlicher Banken und ist Mitglied des Finanzplatz Hamburg e.V. 2013 publizierte Lüthje eine „Reformschrift“ zu dem aus seiner Sicht überflüssigen Baseler Bankenaufsichtsregime.

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