Faire Regeln für Regionalbanken

Regulierungsvorgaben dürfen nicht die Bankenstruktur ändern

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Die Regulierungskosten sind schon heute für kleine Regionalbanken um ein Vielfaches höher als für große Banken. Die neu geplanten Vorgaben des Basler Ausschusses würden aber zu einer weiteren Verschärfung führen. Daher brauchen wir jetzt faire Regeln für Regionalbanken.

Regulierung und die Zukunft von Regionalbanken

Die Zukunft der Regionalbanken hängt auch von der Regulierung ab.

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Ein flächendeckendes Angebot von kleinen und mittelgroßen Regionalbanken gibt es in Europa eigentlich nur in Deutschland, Österreich und Italien. Zwar kennen auch andere Staaten wie etwa Polen und Spanien das Konzept einer Regionalbank, allerdings erreichen sie keine vergleichbaren Marktanteile wie in den erstgenannten Staaten.

Regionalbanken sind selbständige Banken, die nicht Teil eines konsolidierenden Bankkonzerns oder eines konsolidierenden Kreditinstitute-Verbundes sind. Diese Eigenschaft ist ganz wesentlich, zumal sämtliche Entscheidungen weiterhin vor Ort in der Regionalbank und nicht in übergeordneten Einheiten getroffen werden. Unabhängig von ihrer Rechtsform betreiben sie ihr Bankgeschäft in einer bestimmten Region und unterstützen dadurch die Wirtschaft und die Menschen vor Ort. Der weit überwiegende Teil dieser Banken betreibt seine Geschäfte in Form einer Genossenschaft. Alleine in Deutschland, Österreich und Südtirol sind noch immer über 1.300 Genossenschaftsbanken aktiv. Ebenso sind die deutschen Sparkassen, aber auch alle anderen „stand-alone“ Banken in Form einer Aktiengesellschaft als Regionalbanken zu sehen.

Der Vorteil eines kleinstrukturierten Bankenmarktes liegt auf der Hand: Neben einer wesentlich höheren Kundennähe sind viele selbständige, kleine Einheiten aus Sicht der Finanzmarktstabilität wesentlich sicherer im Vergleich zu einer Großbank, weil sich das Risiko auf mehrere Einheiten verteilt. Immer mehr Aufseher erkennen diesen Umstand auch wenn in europäischen Aufsichtsbehörden nach wie vor Szenarien konstruiert werden, um diesen positiven Effekt kleinzureden.

Basel Regeln nur für Großbanken? Nicht in Europa…

Für die internationalen Bankenaufsichtsstandards ist der so genannte Basler Ausschuss zuständig. Alle Notenbanken der bedeutendsten Länder sind Mitglied in diesem Basler Ausschuss. Und er hat eine einzige Aufgabe: einheitliche Regeln für global systemrelevante Großinstitute zu schaffen. Für kleine oder mittelgroße Institute ist der Basler Ausschuss dagegen nicht zuständig. Europa hat sich allerdings als einziger Kontinent bei der Umsetzung der Basler Standards dazu entschlossen, die Basler Standards auf alle Banken, also auch auf kleine und mittelgroße Banken, anzuwenden. Dafür sollten im Gegenzug vereinfachte Regeln für kleine regionale Banken eingeführt werden. Zwar werden die EU-Aufsichtsbehörden immer wieder aufgefordert, für mehr Verhältnismäßigkeit bei der Anwendung der Bankenregulierung auf kleine Regionalbanken zu sorgen. Allerdings haben die EU-Aufsichtsbehörden nach wie vor viel zu stark die einheitliche Anwendung der Regeln in Europa im Auge und berücksichtigen nicht ausreichend die Bedürfnisse von Regionalbanken.

Zu hohe Regulierungskosten für Regionalbanken

Regionalbanken müssen nach wie vor alle Aufgaben selbst wahrnehmen, weil die Geschäftsleitung auch für diese Tätigkeiten gesetzlich verantwortlich ist. Dadurch ist aber auch die Kostenbelastung bei Kleinbanken viel stärker gegeben. Die Regulierungskosten sind schon heute für kleine Regionalbanken um ein Vielfaches höher als für große Banken. Diese Erkenntnis hat sich mittlerweile europaweit durchgesetzt und wurde auch schon durch mehrere wissenschaftliche Studien bestätigt. Der einzige Ausweg diese erhöhten Kosten abzumildern, besteht für Regionalbanken darin, stärker entweder in Verbünden oder mit anderen Banken zu kooperieren.

Auswirkung der hohen Kosten

Die immer stärker steigenden direkten und indirekten Regulierungskosten bringen kleine Regionalbanken unter einen immensen Fusionsdruck. Das zeigen die Fusionszahlen der vergangenen Jahre eindrücklich. Alleine in Österreich ist die Zahl der Raiffeisenbanken in den vergangenen fünf Jahren um über 100 Raiffeisenbanken zurückgegangen. Das entspricht einem Anteil von über einem Fünftel aller österreichischen Raiffeisenbanken. Die Regulierungskosten sind neben dem Niedrigzinsumfeld dabei der Hauptmotor für Fusionen, weil gerade Kleinstbanken die regulatorischen Anforderungen nicht mehr erfüllen können.

Fusionen per se sind nichts Schlechtes, weil sie eine Bank profitabler und effizienter machen können. Allerdings führen sie zu einem Strukturwandel, der kleine Banken weiter zurückdrängt und damit einen stärker konzentrierten Bankenmarkt schafft.  Ein solcher stark konzentrierter Bankenmarkt ist in vielen europäischen Staaten bereits heute Realität – mit allen negativen Auswirkungen auf den Wettbewerb und die Abwicklungsfähigkeit derart großer Bankenkonzerne.

Bestes Beispiel sind die Niederlande, die vor wenigen Jahren noch eine Vielzahl an Regionalbanken hatten. Durch eine rasante Entwicklung bei den Fusionen zählen die Niederlande mittlerweile zu einem stark konzentrierten Bankenmarkt. Das hat sogar dazu geführt, dass die Niederländische Notenbank in einer Studie dafür eintritt, wieder für mehr Heterogenität bei den Banken zu sorgen, weil diese Heterogenität zu einer geringeren Beeinträchtigung der Finanzmarktstabilität führt. Es scheint, als wollte die Niederländische Notenbank die bereits eingetretene Konzentration ihres Bankenmarktes wieder rückgängig machen. Das sollte alle Europäischen Aufsichtsbehörden eine Lehre sein.

Wie kann gegengesteuert werden?

Regionale Banken sind keine Bittsteller.  Sie haben ein Recht auf eine angemessene Regulierung. Dieses Recht ist schon bisher im EU-Recht niedergeschrieben. Allerdings haben diverse europäische Strömungen dieses Recht durch einheitliche Vorgaben verwässert.

Die Regionalbanken in Europa brauchen jetzt differenzierte Regeln in den Gesetzestexten. Allgemeine Hinweise auf mehr Proportionalität für Europäische Aufsichtsbehörden reichen nicht mehr aus, da diese in erster Linie die einheitliche Anwendung der Europäischen Regulatorik im Auge haben.

Konkret brauchen Regionalbanken Abmilderungen bei der Umsetzung der neuen Basel IV-Vorgaben, die ab dem Jahr 2020 in Europa umgesetzt werden. Der Standardansatz soll nach den Vorstellungen des Basler Ausschusses im Kreditrisiko wesentlich komplexer und granularer werden. Das sind Regeln, die von Regionalbanken mit einem vertretbaren Aufwand nicht mehr erfüllt werden können. Wir reden hier von neuen due-diligence-Vorgaben, Anforderungen bei Immobilien- und Retailkrediten, die weit über die Bedeutung eines Standardansatzes hinausgehen. Und wir sprechen auch über neue Vorgaben an Beteiligungen von Banken, die alle Regionalbanken in Europa negativ treffen. Diese Regeln müssen von europäischen Gesetzgebern abgefedert werden und dürfen nicht eins zu eins in Europa für Regionalbanken umgesetzt werden.

Fazit: Regulierung darf Bankenvielfalt nicht bedrohen

Die Umsetzung von Basel IV in Europa wird zeigen, wie wichtig den europäischen Gesetzgebern eine gesunde Bankenvielfalt in Europa ist. Wir werden sehen, welchen Stellenwert Regionalbanken in Europa haben. Wir werden uns dafür einsetzen, dass Regionalbanken auch in Zukunft einen hohen Stellenwert in Europa haben.

Über den Autor

Dr. Johannes Rehulka

Dr. Johannes Rehulka ist Geschäftsführer des Fachverbandes der österreichischen Raiffeisenbanken, der gesetzlichen Interessensvertretung der Raiffeisen Bankengruppe. Er ist zudem Mitglied des Aufsichtsrates der österreichischen Einlagensicherung und leitet als Mitglied des Executive Committees des Europäischen Genossenschaftsverbandes EACB die Arbeitsgruppe zum Bankenaufsichtsrecht. Zuvor war der promovierte Jurist stellvertretender Kabinettschef im Justizministerium und beim Europäischen Gericht in Luxemburg sowie dem Institut für Europarecht an der Universität Wien tätig.

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