FiDA im Fokus: Transformation im Finanzsektor

Was die EU-Verordnung für Banken und Versicherer bedeutet

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Neue Regularien aus Europa verursachen der Finanzbranche immer wieder Kopfschmerzen. Doch hat nahezu jede Regulatorik auch strategische Aspekte. Die kommende FiDA Verordnung wird gnadenlos aufdecken, was bei Unternehmen gut läuft – und was nicht.

Was die EU-Verordnung FiDA für Finanzinstitute bedeutet

Was die EU-Verordnung FiDA für Finanzinstitute bedeutet.

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MiFiD II, SFDR, EMIR, GDPR , DORA oder PSD2 – der Finanzsektor stand spätestens seit der Finanzkrise oft im Fokus europäischer Regulierungen mit mehr oder weniger seltsam anmutenden Abkürzungen und viel Arbeitsbedarf. Nun droht am Horizont eine weitere Verordnung der Europäischen Union (EU): FiDA.

FiDA steht für Financial Data Access und soll eine moderne Datenökonomie im europäischen Finanzsektor schaffen. Dazu schreibt die Verordnung einen einfachen, schnellen und sicheren Austausch von Daten zwischen Finanzdienstleistern vor. Noch befindet sich FiDA im Gesetzgebungsverfahren und wird voraussichtlich in Q1 2025 verabschiedet. Damit würde FiDA ab 2027 greifen. Die genauen Folgen sind heute kaum abzuschätzen. Doch klar ist: FiDA wird den Finanzsektor in Aufruhr versetzen.

Mehr Transparenz und Vergleichbarkeit für Kunden

Denn konkret bedeutet FiDA: Banken und teilweise auch Versicherer, Fondsanbieter, FinTechs, Krypto-Dienstleister und andere Finanzinstitute müssen ihren Kunden künftig über ein Dashboard alle personenbezogenen und nichtpersonenbezogene Kundendaten zur Verfügung stellen, die das Finanzinstitut im Rahmen seiner Geschäftstätigkeit erhoben und verarbeitet hat. Ausgenommen sind Versicherungen, die biometrische Daten benötigen, wie Lebens- und Krankenversicherungen. Über dieses Dashboard haben Kunden dann die Möglichkeit, ausgewählte Daten mit Drittanbietern, beispielsweise anderen Banken, zu teilen und von diesen ein zugeschnittenes Alternativangebot zu erhalten. Der Kunde behält dabei die volle Kontrolle. Er bestimmt, welche Daten mit wem geteilt werden. Durch FiDA erhalten Kunden mehr Transparenz und Vergleichbarkeit ihrer Produkte und deren Kosten – die EU stellt den Verbraucher konsequent in den Mittelpunkt.

Aber sie verfolgt mit FiDA noch weitreichendere Ziele. Neben Transparenz soll die Verordnung „Open Finance“ vorantreiben und die digitale Transformation im Finanzsektor beschleunigen. FiDA soll den Wettbewerb anregen, dem Endkunden den Zugang zu personalisierten Produkten erleichtern und die Grundlage für neue, datenbasierte Geschäftsmodelle und Produktinnovationen schaffen.

FiDA wird den Markt in Bewegung bringen

Die Ziele sind ambitioniert, scheinen hinsichtlich der schleppenden Digitalisierung im Finanzwesen aber leider notwendig. Doch die Umsetzung wird Banken und andere Finanzdienstleister vor erhebliche technische Herausforderungen stellen. So erfordert ein zentrales Kunden-Dashboard, das alle notwendigen Informationen bündelt, das Zusammenführen aller relevanten Kundendaten. Das mag trivial klingen. Angesichts komplexer, mit den Jahren gewachsener IT-Legacy-Systeme ist es in der Umsetzung jedoch alles andere als das.

Darüber hinaus ist der Datenschutz ein kritischer Aspekt. Kundendaten müssen im selben Datenraum gespeichert werden können, aber strikt voneinander getrennt zugänglich sein. Zudem muss die Übertragung dieser Daten selbst datenschutzkonform erfolgen. Dies bedeutet: mittels Einwilligung des Kunden. Auch das erscheint machbar, aber große IT-Projekte oder aber die Umsetzung der DSGVO in den vergangenen Jahren haben gezeigt, wie schwer diese Anforderungen tatsächlich umzusetzen sind. Hinzu kommt, dass Daten in Echtzeit bereitgestellt werden müssen, was bei vielen Unternehmen eine Modernisierung ihrer Datenverarbeitungs- und Speichersysteme erforderlich macht. Diese Unternehmen werden für das Dashboard und dessen Datengrundlage neue IT-Systeme und Plattformen aufbauen müssen. Im besten Fall können bestehende Kundenportale erweitert werden. Doch selbst dann muss der Datenhaushalt im Hintergrund sorgfältig aufgeräumt werden.

FiDA verändert den Wettbewerb im Finanzsektor

Auch der Wettbewerb im Finanzsektor wird durch FiDA erheblich verändert. Für Kunden sinken die Wechselbarrieren deutlich. Die Kombination aus technischer Umstellung und vereinfachtem Produktvergleich könnte zu einer Marktbereinigung führen. Im Bankensektor ist weniger mit einer Marktbereinigung zu rechnen, dafür jedoch mit einer deutlichen Zunahme der Marktbewegungen. Kunden könnten die Transparenz und die bequemen Wechseloptionen nutzen.

An dieser Stelle öffnen sich zudem neue Potenziale für einen anderen Akteur: Vergleichsportale. Es ist höchst wahrscheinlich, dass sie als ein großer Gewinner aus FiDA hervorgehen. Betrachtet man das heutige Kundenverhalten und die intensive Nutzung von Vergleichsportalen zu Produkten aller Art, dürften Kunden von den Möglichkeiten unter FiDA intensiv Gebrauch machen.

FiDA erfüllen – Pflicht oder Kür?

Auch der Dauerbrenner Künstliche Intelligenz (KI) gewinnt durch FiDA an Bedeutung. Die Verordnung soll maßgeschneiderte Angebote fördern. Unternehmen sollen nicht einfach ein günstigeres Angebot machen, vielmehr geht es um individuelle Lösungen, die auf den spezifischen Bedürfnissen des Kunden basieren. Diese Personalisierung erfordert leistungsfähige KI-Systeme, die die Kundendaten effizient analysieren. Ein solider, strukturierter Datenhaushalt ist dabei unverzichtbar. Die Qualität der KI-Analysen hängt unmittelbar von der Datenqualität ab. Wenn Unternehmen ihre Daten nicht sorgfältig zusammenführen und pflegen, hat das direkte negative Auswirkungen.

FiDA stellt die Finanzbranche also vor große Herausforderungen – eröffnet jedoch zugleich neue Potenziale. Unternehmen müssen sich entscheiden: Möchten sie FiDA nur als regulatorische Pflicht erfüllen – oder diese als strategische Chance nutzen? Ist das Ziel eine zukunftsorientierte Ausrichtung, muss letzteres die Antwort sein.

Denn Geld kostet FiDA so oder so. Um allein die technischen Voraussetzungen zu schaffen, werden Unternehmen signifikante Investitionsentscheidungen treffen müssen. Es ist nur gutes Management, sicherzustellen, dass diese Investitionen das eigene Unternehmen auch wirklich stärken und zukunftsfähig aufstellen. Selbst wenn Unternehmen sich entscheiden, die Regulierung bloß zu erfüllen, sind größere Maßnahmen notwendig. Diese sollten Unternehmen – je nach Größe und Geschäftsmodell – nutzen und aus der Pflicht die Kür machen.

Erfolgsfaktor FiDA

Allein das Thema Datenhaushalt bietet große Potenziale. Viel wird über den Einsatz von KI in verschiedensten Anwendungen und Use Cases gesprochen. Möglich wird all das nur mit einer guten Datengrundlage. Hier muss FiDA nahezu als Vorlage genutzt werden.

Auch das Thema Kundenbindung rückt stärker in den Fokus. Durch erhöhte Marktbewegungen werden Unternehmen nahezu gezwungen, sich um ihre Kunden zu kümmern. Teilt ein Kunde seine Daten mit einem Drittanbieter, kann und muss das der Auslöser für Kundenservice oder Vertrieb sein, diesen Kunden zu kontaktieren und seine Leistungen zu überprüfen.

Ja, FiDA ist umfangreich und bringt hohe Anforderungen mit sich. Der Transformationsdruck auf den Finanzsektor ist groß und für viele Unternehmen wird diese Entwicklung schmerzhaft sein. Aber wie nahezu jede Regulatorik hat auch FiDA strategische Aspekte. Wer diese heute erkennt und die richtigen Entscheidungen trifft, kann FiDA zum Erfolgsfaktor machen.


Jan-Hendrik Uhlenberg – Partner, Wavestone Germany AG

Jan-Hendrik Uhlenberg.

Jan-Hendrik Uhlenberg ist Partner bei der Wavestone Germany AG und verantwortet den Bereich Financial Services DACH für die Themen Risk Management, Actuarial Services & Sustainability. Der MBA ist zudem zertifizierter Supervisory and Advisory Board Member.

 

Über den Autor

Christian Brockhausen

Christian Brockhausen ist Associate Partner bei der Wavestone Germany AG in München und verantwortet den Bereich Compliance Audit & Regulatory (CAR). Der MBA ist zertifizierter Anti Financial Crime Officer, Compliance Auditor sowie Datenschutzbeauftragter. Er hält zudem Jahren Seminare, tritt als Speaker auf und publiziert regelmäßig Fachbeiträge und fungiert als Interims Manager (Compliance und Datenschutz).

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