Die Welt in der wir leben verändert sich und damit auch die Finanzbranche. Doch wohin geht die Reise längerfristig? Im Rahmen einer heute startenden Artikelserie werden prominente Gastautoren einen Ausblick auf den Markt für Finanzdienstleistungen im Jahr 2035 wagen.
„Prognosen sind schwer, besonders wenn sie die Zukunft betreffen“ lautet ein bekanntes Bonmot. Ein weiteres Sprichwort lautet: „Der einzige Weg, die Zukunft zu sichern, besteht darin, sie selbst zu kreieren“.
In diesem Sinne habe ich ausgewiesene Experten aus verschiedenen Banken und Sparkassen sowie aus dem Bereich Wissenschaft und Forschung eingeladen, sich mit einem Gastbeitrag an das anspruchsvolle Thema „Finanzdienstleistung im Jahr 2035“ heranzuwagen.
Gefragt war keine exakte Prognose oder Vorhersage sondern ein offener Blick in eine unbestimmte Zukunft und die Skizzierung einer Vision, wie der Markt für Finanzdienstleistungen im Jahr 2035 aussehen könnte und welche Rolle heutige Banken und Sparkassen dabei spielen könnten und sollten.
Wird das Jahr 2035 eine Ära der Überraschungen, wie im folgenden Video dargestellt?
Lange Tradition der Finanzdienstleistung
Schon seit dem zweiten Jahrhundert v. Chr. gibt es eine buchmäßige Verrechnung von Forderungen, Kontenführung für Einlagen sowie Anleihen, Schecks und Wechsel, mithin also Finanzdienstleistungen. Ausgangspunkt für die ersten europaweit tätigen Banken war im 13. Jahrhundert die italienische Stadt Florenz. Die älteste deutsche Bank, das Bankhaus Joh. Berenberg, Gossler & Co. KG, wurde 1590 gegründet, die Deutsche Bank und die Commerzbank 1870. Wann die älteste Sparkasse hierzulande aufmachte, darüber herrscht Uneinigkeit; 1749 und 1786 stehen zur Diskussion. Die älteste Volksbank wurde 1843 gegründet.
Das Wesen von Banken und ihren Geschäften – entweder für Kunden, oder im eigenen Namen – ist seit der Einführung weitgehend gleich geblieben. Dazu gehören der Zahlungsverkehr, die Hereinnahme von Geld, das Ausleihen von Geld sowie die Vermittlung von Krediten und Geldanlagen. Verändert haben sich vor allem Produktion, Bereitstellung und die mit der Bereitstellung verbundenen Vertriebs- und Kommunikationskanäle.
Gewandelt hat sich aber auch das Verhältnis zwischen Kreditinstituten und den Kunden. Galt der Finanzbereich lange als „geschützt“ so hat sich in den letzten 10-20 Jahren ein Wettbewerb entwickelt, der anderen Branchen in nichts nachsteht.
Verändert Digitalisierung die Finanzdienstleistung?
In den letzten Jahren sind es vor allem die digitalen Kanäle und Prozesse, welche Herausforderungen mit sich bringen, von denen manche meinen, sie könnten disruptive Ausmaße annehmen. Neue FinTech-Unternehmen mit innovativen Ideen versuchen, die etablierten Banken beim Kunden zu verdrängen und erwecken mitunter den Eindruck, als könnten sie diese sogar ganz überflüssig machen.
Auch in der Vergangenheit gab es allerdings schon Untergangsprognosen, doch weder Ulrich Cartellieri 1990 („Die Banken sind die Stahlindustrie der 90er Jahre”) noch Bill Gates 1998 („Banking is necessary, Banks are not”) haben recht behalten.
Oder waren sie nur ihrer Zeit voraus?
Sicher dürfte sein, dass sich der Markt für Finanzdienstleistung und die darin agierenden Geldinstitute in den kommenden 20 Jahren mehr verändern werden als in den zurückliegenden 20 Jahren.
Die Digitalisierung wird erstens weitergehen und zweitens neue, heute noch nicht bekannte Ausmaße erreichen. Experten sagen voraus, dass wir alle in wenigen Jahren über das Internet der Dinge mehrfach vernetzt und 24/7 online sein werden und dass unsere Lebensführung dadurch in weiten Bereichen vollautomatisiert vonstattengehen wird.
Unabhängig davon werden digital verfügbare Daten und Informationen exponentiell zunehmen. Der 1984 geprägte Satz von Walter Wriston, dem ehemaligen CEO der Citibank, „Informationen über Geld sind mindestens so wichtig, wie das Geld selbst“ ist damit aktueller denn je.
Viele offene Fragen für die Bank der Zukunft
Doch wie diese Entwicklungen die Finanzgeschäfte tatsächlich verändern werden, ist heute noch weitgehend offen bzw. gestaltbar. Einige wichtige Fragen in diesem Kontext sind:
- Welche Aufgaben und Funktionen hat die Bank der Zukunft?
- Welche und wie viele Institute/Institutsgruppen wird es noch geben? Und wie werden diese aussehen?
- Wie, mit was, wo und wofür werden wir bezahlen?
- Wer ist Herr über die Finanzdaten der Kunden? Wie steht es um Transparenz, Vertrauen und Privatsphäre in einer Welt der totalen Digitalisierung?
- Werden Apple, Google, Facebook oder irgendein anderer Technologiekonzern das Bankgeschäft weltweit an sich gezogen haben?
- Was versteht man unter „Beratung“ und „Kundenservice“ in einer Welt in der alle verfügbaren Informationen online und in Echtzeit von jedem überall abrufbar sind?
- Wie hoch ist der Anteil der „automatischen Lebensverwaltung“? Übernehmen digitale Roboter und Expertensysteme die Verwaltung der Kundenfinanzen?
- Wird es weitere neue Vertriebs- und Kommunikationskanäle geben? Wie könnten diese aussehen?
- Was bedeuten „persönlich“ und „kundennah“ in einem weitgehend digitalen Alltag?
- Wird es noch Filialen geben? Wenn ja, wie viele werden das sein und wie sehen sie aus?
Und dies sind nur einige Fragen, zu einer weitgehend noch offenen Zukunft der Banken und Sparkassen. Nicht alle dieser Fragen werden im Rahmen der kommenden Gastbeiträge beantwortet werden, aber sicherlich doch einige.
Vor diesem Hintergrund freue ich mich gemeinsam mit Ihnen (ab nächster Woche immer Freitags) auf spannende Zukunftsvisionen für das Banking im Jahr 2035!
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