Die Sparkassen stehen wie alle Banken vor großen Herausforderungen. Doch statt die Themen Demographie, Digitalisierung und Regulierung im schwierigen Niedrigzinsumfeld engagiert anzugehen und durch Innovation Kunden zu begeistern drohen sie sich im eigenen Strukturdickicht zu verlieren. Dem Anspruch „Sparkassen-Konzern“ müssen die Entscheidungsgremien und –strukturen endlich folgen.
Die Sparkassenfamilie, so scheint es, wenn man der Berichterstattung glauben darf, befindet sich in einer Krise. Anstoß zu den Unstimmigkeiten scheint das Familienoberhaupt Georg Fahrenschon zu sein, der als Präsident des Spitzenverbandes DSGV versucht, die Entscheidungsstrukturen des Sparkassengeflechts neu zu ordnen und an den Anforderungen der Zukunft auszurichten. Angesichts der Tatsache, dass die Auswirkungen der Megatrends Demographie, Digitalisierung und Regulierung durch die Niedrigzinsphase extrem beschleunigt werden, scheint es dringend geboten, die Entscheidungswege zu verkürzen und zudem die Geschäftspolitik verbindlicher zu gestalten. Fahrenschon ist auf dem richtigen Weg.
Eitle Ex-Politiker in den regionalen Führungsgremien
Nun weiß aber auch Jeder, der es einmal mit Landesverbänden oder besser regionalen Strukturen zu tun gehabt hat, dass das, was auf der Bundesebene geschieht, selten auf tosenden Beifall der Landes- oder Regionalverbände trifft. Es gibt in solchen Strukturen auf diesen Ebenen immer das latente Gefühl, es eigentlich ohne den Bund viel besser zu können, mindestens aber, es besser zu wissen. Im Hinblick auf die Besetzung der Spitzengremien in der Sparkassenorganisation, häufig sind es ja ehemalige politisch hauptamtlich Tätige, verstärkt sich dieser Trend noch. Politiker sind grundsätzlich eitel und von sich selbst komplett überzeugt, was an dieser Stelle kein Vorwurf sein soll. Allerdings behindern diese Charaktereigenschaften die Weiterentwicklung der Sparkassengruppe.
Natürlich ist ein gesunder Wettbewerbsförderalismus gut. Richtig gelebt kann er die Weiterentwicklung der Sparkassen insgesamt befruchten. Er muss nicht im Widerspruch zu effizienten Entscheidungsstrukturen und deren Akzeptanz stehen. Die Sparkassen betrachten sich gern als Konzern und wollen zumindest in bestimmten Bereichen auch aufsichtsrechtlich so behandelt werden. Die Entscheidungsstrukturen aber haben das Niveau des Bundesverbandes Deutscher Kaninchenzüchter inklusive aller Eitelkeiten, die es in einem deutschen Verein so gibt. Das passt nicht zusammen.
Hält die Institutssicherung was sie verspricht?
Alle Banken haben Probleme, die gewaltigen Herausforderungen der Zukunft zu stemmen. Bei den Sparkassen behindert der Vereinscharakter zusätzlich die notwendige Innovation. Hinzu kommt der Zweifel, ob das Versprechen der Institutssicherung tatsächlich so werthaltig ist, wie behauptet. Schon bei der Rettung der WestLB haben Gesetzgeber und Aufsicht angesichts der Performance, die die Sparkassen-Regionalfürsten dort an den Tag gelegt haben, mehr als nur eine Augenbraue hochgezogen. Mit der HSH Nordbank steht der nächste Fall möglicherweise vor der Tür und aus der Sparkassenorganisation ist uneindeutiges Gemurmel zu hören. Klar dürfte sein: geht auch dieser Fall den Bach runter können sich die Sparkassen sämtliche Diskussionen rund um die Institutssicherung zukünftig schenken, das Thema dürfte dann durch sein, womöglich auch für die Genossenschaftsbanken.
Letztere sind allerdings erstaunlicherweise durchaus weiter hinsichtlicher ihrer Aufstellung am Markt und ihrer Entscheidungswege, obwohl der Aufbau von der Basis aus durchaus mit den Sparkassen vergleichbar ist. Einen Unterschied gibt es allerdings: die Genossenschaftsbanken wurden als Hilfe zur Selbsthilfe gegründet und den Genossen ist klar, dass es eine gewissen Rentabilität braucht, um diese Selbsthilfe auch in Zukunft leisten zu können. Die Sparkassen definieren sich hingegen eher als Teil der Daseinsvorsorge, so verstehen sich häufig auch die Gremien, die ja politisch besetzt sind.
Klare Zuordnungen in schwierigen Zeiten
Die Zeiten sind aber derzeit andere. Regionale Alleingänge und Provinzfürstentum kann man sich in guten Zeiten schon nur sehr schwer leisten. Wenn das Schiff in schwere See gerät, ist es umso notwendiger, dass klar ist, wer was wann zu sagen und zu entscheiden hat. Dabei kann durchaus ein Jeder seine Ideen und Kompetenzen einbringen, die dann aus dem Blickwinkel der Tauglichkeit und nicht aufgrund der Frage, wer aus welcher Region sie hatte, bewertet werden müssen. Und wenn dann entschieden ist, dann tun alle gut daran, die Entscheidungen umzusetzen bis hin zum letzten Mitgliedsinstitut. Eine Organisation, die als Konzern betrachtet werden will, hat auch keine andere Möglichkeit, denn mindestens die Kunden sehen im Wesentlichen das große rote S im Logo ihrer Sparkasse. Nur die wenigsten denken daran, dass die Sparkasse im Nachbarort eigentlich eine ganz andere ist.
Die Sparkassen haben eigentlich alle Möglichkeiten. Sie sind Marktführer, sie genießen hohes Vertrauen, sie haben die Mitarbeiter und die Kompetenzen, die notwendig sind, um die Bedürfnisse der Menschen in finanziellen Angelegenheiten voll zu befriedigen. Aber sie werden die Zukunft verschlafen, wenn sich die Strukturen nicht ändern.