DIE LINKE will den Finanzsektor auf seine realwirtschaftlich nützlichen Funktionen schrumpfen und konsolidieren, u.a. mit der Einführung einer Zulassungspflicht für Finanzinstrumente. Übrig bleiben werden vor allem gemeinwohlorientierte öffentlich-rechtliche und genossenschaftliche Institute.
Leitbild
Die LINKE will die Dominanz des Finanzsektors gegenüber demokratischen Institutionen und der Realwirtschaft zurückdrängen und eine deutliche Reduzierung der Quantität bei gleichzeitiger Erhöhung der Qualität von Finanzdienstleistungen und monetären Umsätzen erreichen.
Glücklicherweise gibt es in Deutschland bereits die dezentrale und nicht-renditeorientierte Finanz-Infrastruktur der öffentlich-rechtlichen Sparkassen und der genossenschaftlichen Volks- und Raiffeisenbanken. Sie sind ein wesentlicher Grund für den wirtschaftlichen Erfolg (gerade von KMU) und für die breite und relativ kostengünstige Versorgung der Bevölkerung mit grundlegenden Finanzdienstleistungen. Nicht das Investmentbanking darf das Geschäftsmodell des Bankensektors der Zukunft sein, sondern eine Rückbesinnung auf den Zahlungsverkehr, seriöse und verständliche Sparinstrumente und die Finanzierung privater und öffentlicher Investitionen. DIE LINKE will daher die öffentlich-rechtliche und die genossenschaftliche Säule stärken und auf ihre ursprüngliche Bestimmung verpflichten.
Ein Finanzsystem der Zukunft darf nicht weiterhin die Umverteilung von unten nach oben begünstigen. Denn der Finanzsektor ist gleichermaßen Indikator wie Katalysator dieser Umverteilung. Je größer die Vermögen einiger weniger und desto breiter die Verarmung im unteren Drittel der Gesellschaft, desto mehr verschieben sich die Finanzdienstleistungen vom seriösen Einlagengeschäft hin zum riskanten Investmentbanking, desto mehr sollen mit immer schnelleren und höheren Einsätzen im Finanzmarkt-Kasino aus großen Vermögen und Eigenmitteln der Finanzindustrie noch größere Vermögen und Renditen erwirtschaftet werden. Diese zusätzlichen Risiken wachsen sich periodisch zu finanzsystemischen Krise aus, in der dann selbstverständlich nach dem Staat als Retter gerufen wird. Auch um dieser destabilisierenden Dynamik der Finanzmärkte entgegenzuwirken, ist für uns die Verringerung der Arm-Reich-Schere eine zentrale staatliche Aufgabe, die durch Beeinflussung der Primärverteilung (Verhältnis von Lohn- und Gewinneinkommen) und Sekundärverteilung (Steuern, Transfers etc.) angegangen werden muss.
Zur Entschleunigung und Schrumpfung des Finanzsektors einerseits und zur Überwindung seiner Umverteilungswirkung von unten nach oben andererseits kommt der Rückabwicklung der bislang erfolgten Teilprivatisierung der Sozialversicherung (insbesondere der Alterssicherung) eine wichtige Rolle zu. Alleine dadurch würde sich das täglich auf die Finanzmärkte fließenden Volumina anlagesuchenden Kapitals bereits deutlich reduzieren und die Verarmung großer Teile der heutigen, v.a. aber der zukünftigen Rentnerinnen und Rentner verhindern.
Konkrete Regulierung
Auf der Ebene konkreter Regulierungen wollen wir kurzfristig die bestehenden Instrumente (z.B. CRD, MiFID, OGAW etc.) so reformieren, dass sie so weit als möglich in den Dienst des obenstehenden Leitbildes gestellt werden. Dies ist im Rahmen der bestehenden europäischen Finanzregulierung zwar nur begrenzt möglich, aber auch wir sind uns im Klaren, dass eine rein national ausgerichtete Reformstrategie politisch nicht trägt und Alleingänge auch gesetzgeberisch kurzfristig enge Grenzen haben.
Eine sehr grundlegende Reform zur Erreichung unseres Leitbildes ist die Einführung eines Finanz-TÜV.
Ausgangspunkt ist eine Verfahrensumkehr. Statt – wie bislang – alle Finanzprodukte als erlaubt zu betrachten, solange sie nicht ausdrücklich verboten sind, und als Aufsicht und Regulierung zumeist hilflos der Finanzindustrie und den Finanzkrisen hinterher zu laufen, sollte in Zukunft nur das erlaubt sein und in Verkehr gebracht werden dürfen, was vorher durch einen Finanz-TÜV zugelassen würde. Um eine Zulassung zu erhalten, müssen die Emittenten in Zukunft gegenüber dem Finanz-TÜV darlegen, dass ihre Produkte sinnvoll, sicher und ihr betriebs- und gesamtwirtschaftliches Risiko beherrschbar sind. Vorbild sind die Zulassungsverfahren, wie sie für andere gesellschaftlich wichtige, aber risikobehaftete Bereiche üblich sind, wie z.B. bei der Einführung neuer Arzneimittel. Damit sollen die in weiten Teilen realwirtschaftlich unnötigen und gleichzeitig für das Finanzsystem und die einzelnen Anleger gefährlichen „Finanzinnovationen“ auf ein vernünftiges Maß gestutzt werden.
Wir lehnen die Rettung maroder Finanzinstitute mit staatlichen Mitteln ab, aber in Fällen systemischer Relevanz kann dies unvermeidbar sein. Eine Verstaatlichung reicht aber nicht aus (vgl. aktuelle Probleme der Landesbanken), sondern es muss vielmehr um Vergesellschaftung gehen, d.h. eine gesellschaftliche Verbreiterung der Aufsichtsorgane (z.B. durch Verbraucher- und Umweltschützer, Regionalplaner etc.) und eine Stärkung der Informations- und Mitwirkungsrechte.
Weiterhin fordert DIE LINKE das Verbot der Spekulation mit Agrarrohstoffen und Nahrungsmitteln sowie die Einführung einer umfassenden und effektiven Finanztransaktionsteuer. Die unabhängige Finanzberatung durch Verbraucherzentralen und die Honorarberatung sollen ausgebaut werden. Die BaFin muss hinsichtlich des kollektiven Verbraucherschutzes gestärkt werden. Dispo-Zinsen sollen auf höchstens fünf Prozent oberhalb des Leitzinses begrenzt werden. Gleiche Finanzdienstleistungen – egal ob von einer Großbank, einem Hedge-Fonds, oder einem kleinen FinTech erbracht – müssen derselben Regulierung unterliegen.
Von einer Abwicklung maroder Banken, dem Finanz-TÜV und den weiteren aufgeführten Maßnahmen erwarten wir eine deutliche Verkleinerung des Finanzsektors, in deren Ergebnis von den heutigen drei Säulen vor allem die öffentlich-rechtliche und die genossenschaftliche Säule mit einem gesellschaftlich und realwirtschaftlich nützlichen Hauptgeschäft übrigbleiben.
Der Beitrag ist Teil einer Serie „Parteien zur Bundestagswahl 2017“. Dazu wurden die finanzpolitischen Sprecher aller im Bundestag vertretenen Parteien eingeladen, einen Gastbeitrag für den Bank Blog zu verfassen. Ziel soll es sein, zu präsentieren und zu erläutern, was Banken, Sparkassen und FinTechs sowie deren Kunden von den jeweiligen Parteien – im Fall einer Regierungsbeteiligung – zu erwarten haben. Dies betrifft regulatorische Themenstellungen ebenso wie volkswirtschaftliche und ordnungspolitische Rahmenbedingungen mit entsprechender Relevanz.
Die Serie ist als Beitrag zur Meinungsbildung gedacht.
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