Biometrische Daten werden die Zukunft neugestalten? Falsch, sie sind schon überall vorhanden und an vielen Stellen auch im Einsatz. Auch für Banken und Sparkassen eröffnen sie eine Vielzahl von Möglichkeiten, von denen Finanzinstitute und Kunden profitieren. 

Biometrie als Technologie der Zukunft in der Finanzbranche

Biometrische Verfahren wie Fingerabdruck-Scanning gelten als Technologie der Zukunft in der Finanzbranche.

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Für viele Menschen ist die Anwendung der biometrischen Daten selbstverständlich und aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. So nutzt beinahe jeder Smartphone-Nutzer bereits seinen Fingerabdruck oder Gesichtserkennung um sich einzuloggen, man tätigt Einkäufe oder öffnet sogar seine Wohnungstür mit Biometrics. Windows Hello ist beispielweise eine Authentifizierungsmethode bei Windows, um sich per Fingerabdruck-, Gesichts- oder Iriserkennung bei Windows 10-Geräten anzumelden. Nicht nur der Faktor Convenience kann dadurch erhöht werden, sondern auch die Sicherheitsmechanismen – wesentlich im Banking – können erweitert und optimiert werden.

Die Customer Experience hat in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen und stellt hohe Anforderungen an die Einfachheit, Bequemlichkeit und Mobilität von Services. Banken sind traditionell keine Vorreiter bei neuen Technologien.

Die Top 5 Technologien aus dem Bereich Biometrie

Biometrics hat einiges an Potential, nicht nur im Banking. Im folgenden stellen wir Ihnen einige Beispiele für erfolgreiche Anwendungen vor. Unsere Top 5 Anwendungsgebiete sind.

  • Stimme,
  • Fingerabdruck,
  • Iris,
  • Gesicht und
  • Verhalten.

Biometrics #1 – Stimme

Insbesondere im Bereich der Authentifizierung bieten biometrische Daten einen großen Vorteil. So kann ein Service Agent im Telefongespräch mit einem Kunden beispielweise einfach über seine Stimme (Sprachbiometrie) authentifizieren. Dadurch wird das Merken von Passwörtern, PINs oder anderen Legitimationsdaten überflüssig und Call Zeiten z.B. im Service Center können deutlich reduziert werden.

So konnte die slowakische Privatbank Tatra durch die Nutzung von Sprachbiometrie die Identifikationszeit des Kunden während des Identifikationsprozesses um 66Prozent reduzieren.

Barclays hat bereits 2013 die Sprachbiometrie im Telefon-Banking für die Wealth und Investment Management Kunden eingeführt – auch hier authentifizieren sich Kunden allein durch ihre Stimme. Lloyds Bank, Wells Fargo und ANZ Bank nutzen diese Systeme ebenfalls. Neben der reinen Authentifizierung können zusätzlich Standardanfragen oder auch Transaktionen über einen sogenannten Voice Bot ohne Involvierung eines menschlichen Mitarbeiters direkt beantwortet bzw. angestoßen werden. Kunden verbringen weniger Zeit mit dem Warten auf einen freien Agenten und erhalten konsistente, qualitative hochwertige Antworten und „ersparen“ sich monotone Ansagen, die man von IVRs kennt.

Biometrics #2 – Fingerabdruck

Die Identifizierung an Geldautomaten über den klassischen vierstelligen PIN wird immer wieder als nicht zeitgemäß und unsichere Methode kritisiert. Wir erwarten, dass deutsche Banken internationalen Beispielen folgen und eine Umrüstung der über 50.000 Geldautomaten in Deutschland durchführen werden. Die gewohnte Nutzung von Karten und dazugehörigen PINs wird überflüssig werden und durch eine Authentifizierung mittels biometrischer Daten, wie beispielsweise Fingerabdruck oder Iris-Erkennung, abgelöst werden.

Es gibt aber auch Ansätze: so bietet die puertorikanische Bank Popular Bank bereits karten- und PIN-loses Geldabheben am Geldautomaten mithilfe des Smartphones an. Ein einfaches Einloggen in die App per Fingerabdruck und anschließendes Scannen eines QR-Codes reicht zum Abheben an Geldautomaten aus. Auch Barclays arbeitet u.a. testweise mit Geldautomaten, bei denen man sich per Fingervenenmuster identifizieren kann.

Biometrics #3 – Iris

Die koreanische KB Kookmin Bank war eine der ersten Banken, die den Iris-Scans auf mobilen Endgeräten von Samsung genutzt hat, um Kunden zu authentifizieren. Die Nutzung der Iris ist ebenfalls eine weitere Option für Geldautomaten. Die Jordan Commercial Bank nutzt Iris-Scans auch in Filialen und ermöglicht es Kunden jegliche Transaktionen ohne Personalausweis oder sonstige Zusatzkennung durchzuführen. In Indien finden sich mehrere Banken – insbesondere auf Basis von Aadhaar, einer zentralen Datenbank, in der neben einer persönlichen Identifikationsnummer mehrere biometrische Informationen gespeichert werden, die biometrische Daten für Authentifizierungen nutzen.

Biometrics #4 – Gesicht

MasterCard beispielsweise bietet auch das Log-In per Gesichtserkennung oder Fingerabdruck über das Smartphone an.

ING, HSBC und die Erste Bank haben Face IDs ebenfalls in die Mobile Banking App integriert. Papierhafte TAN-Blöcke oder lästiges Merken eines Passworts hören somit der Vergangenheit an. Sie müssen hier auch keine Angst haben, dass jemand einfach ein Foto vor die Linse halten kann, denn moderne Technologien können ganz klar zwischen Foto und Wirklichkeit unterscheiden.

Biometrics #5 – Verhalten

Royal Bank of Scotland, Bank Leumi und NatWest nutzen Behavioral Biometrics Lösungen. Hierbei werden mehrere Hundert Parameter (physische Merkmale und Gesten) erfasst, um ein persönliches Profil herzustellen und für nachfolgende Transaktionen zu nutzen. Dazu zählen beispielsweise Fingergröße, Druck beim Tippen, Rhythmus beim Tippen, Bewegungen des Handys etc. Der Vorteil ist, dass dies sowohl in Verbindung mit einem Smartphone, als auch mit einem Computer funktioniert.

Alle Kundensegmente profitieren

Die Beispiele belegen, dass Biometrics eine weitverbreitete Lösung im Banking ist. Die meisten Häuser nutzen mehrere Merkmale und kombinieren unterschiedlichste IDs, um sichere und gleichzeitig komfortable Services anbieten zu können.

Ein großer Vorteil dieser Identifizierungsmethoden für die Banken ist, dass dies für jede Kundengruppe angeboten werden kann und für verschiede Kundentypen Vorteile hervorbringt. So kann bei einem digitalaffinen Privatkunden die Customer Experience durch ein erweitertes komfortables Angebot der Bank erhöht werden. Ein vielbeschäftigter Geschäftskunde benötigt auf Reisen nicht ständig seine Legitimationskennnummern (PIN oder TAN), um einen Auftrag auszuführen, sondern kann sich ganz bequem während einer Bahnfahrt oder Autofahrt mittels Freisprecheinrichtung legitimieren.

Biometrische Identifikationsdaten bieten weitere Chancen und Vorteile

Biometrische Identifikationsdaten bieten noch weitere Chancen und Vorteile. So wird damit eine erhöhte Sicherheit für den Kunden geschaffen, da dieser sich mit seinen einzigartigen biometrischen Merkmalen identifizieren kann. Für die Bank bedeutet das im Gegenzug eine Reduzierung von Betrugsfällen, aber auch starke Effizienzvorteile. Durch Wegfall der Legitimation mit veralteten PIN-TAN-Verfahren können administrative Aufwände deutlich reduziert werden.

Der Einsatz von Biometrics wird in den nächsten Jahren rasant ansteigen und in der Filiale, im Mobile und im Online Banking nicht mehr wegzudenken sein.


Sahar Khaksar, Deloitte

Sahar Khaksar Koautorin des Beitrags. Die Beraterin im Financial Services Bereich bei Deloitte ist Teil des FSI R&CA Teams in Deutschland. Zu ihren Schwerpunkten gehören Asset Management und Digitalisierung.

 

 

Jurek Malinowski, Deloitte

Jurek Malinowski ist Koautor des Beitrags und Berater im Financial Services Bereich bei Deloitte. Sein Beratungsschwerpunkt liegt in der Digitalen Transformation und im Prozessmanagement, insbesondere in der Prozessdigitalisierung und ‑automatisierung. Er ist Teil des FSI R&CA Teams in Deutschland.


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