Innovative FinTech Unternehmen sind weiter auf dem Vormarsch. Zahlreiche neue kundenorientierte Angebote sollten den etablierten Banken und Sparkassen Anlass zum Nachdenken über die eigene digitale Zukunft geben.
In den letzten Wochen habe ich – teils als Referent teils als Zuhörer – einige interessante Veranstaltungen zum Thema digitale Innovation im Bankbereich erlebt. Alle waren gut besucht und es wurde lebhaft diskutiert. Die hohe Bedeutung der Digitalisierung scheint in weiten Teilen der Branche angekommen zu sein, auch wenn Reaktionen auf dem Markt weiterhin nur ansatzweise sichtbar werden.
Besonders interessant ist immer wieder die Diskussion um die Bedeutung der FinTech Start-ups in diesem Prozess. Frank Schwab und Samarth Shekhar sind auf dem Weg sich mit ihrem FinTech Forum DACH zum deutschen Pendant zur Finovate zu entwickeln. An einigen Stellen sind sie sogar schon einen Schritt weiter.
Herzstück einer jeden Tagung ist eine spannende Paneldiskussion mit hochqualifizierten Teilnehmern. Über die Diskussion bei der Frühjahrsveranstaltung hatte ich unter dem Titel „FinTech Start-ups liegen im Trend“ berichtet.
Gibt es eine Disruption des Bankgeschäfts?
Die Diskussion der Herbstveranstaltung war mit der Fragestellung überschrieben „Google for Search, Amazon for Shopping, but for Banking?“. Aufhänger war einmal mehr der 1998 von Microsoft Gründer Bill Gates geprägte Satz “Banking is necessary, Banks are not”. Dabei gingen die Panelteilnehmer den Fragen nach, welche Chancen FinTech Start-ups am Markt haben, wie die etablierten Banken und Sparkassen von der digitalen Herausforderung betroffen sind und wie und in welchem Zeitraum sie darauf reagieren können und sollen.
Die wesentlichen Aussagen habe ich im Folgenden wieder stichpunktartig für Sie zusammengefasst:
Gibt es überhaupt eine Disruption der Finanzdienstleistung?
Wir stehen am Anfang einer disruptiven Entwicklung mit einem hohen Veränderungspotential.
Allerdings: Bankgeschäfte, zumal sie der Regulierung unterliegen, sind nicht einfach zu managen und noch schwerer ist es, sie zu verändern.
Das beste Beispiel für eine disruptive Entwicklung im deutschen Bankenmarkt ist die ING-DiBa, die es geschafft hat, vom Nobody mit Verlusten zu einer hochprofitablen Bank mit acht Millionen Kunden zu werden. Allerdings hat dies zehn Jahre gedauert.
Am wahrscheinlichsten ist Disruption vor allem dort, wo Ineffizienzen vorliegen oder die Unfähigkeit besteht, wirklich kundenorientierte Lösungen anzubieten. Ein Beispiel hierfür könnte der Paymentdienst Ripple sein, der aktuell die bislang den Markt dominierende Swift Lösung bedrängt.
Disruption durch FinTechs?
Der FinTech Trend hat vor rund fünf Jahren begonnen und setzt sich langsam fort. Bisher ist keine exponentielle Entwicklung festzustellen und auch kein Hype.
Viele FinTechs liefern gute am Kundenbedarf orientierte Lösungsansätze, Banking einfacher, schneller und preiswerter zu machen.
Start-ups müssen jedoch noch unter Beweis stellen, dass sie nicht nur gute Ideen und Lösungen haben, sondern es auch schaffen, Kunden von diesen zu überzeugen.
Hohe Kundenzahlen und positive Ergebnisse, am besten in verschiedenen Märkten dienen dafür als Beleg.
Im ersten Schritt bedrohen FinTechs vor allem Direktbanken, deren Kunden ihre Bankgeschäfte bereits heute digital erledigen.
Ein Konzept ähnlich dem von „Uber“ bei der Personenbeförderung könnte in einigen Jahren auch die etablierten Banken bedrohen.
Strategien der Angreifer
Vertrauen ist ein wichtiger Faktor, vor allem im Geschäft mit privaten Kunden. Es dauert lange, Vertrauen aufzubauen und noch länger, daraus Veränderungen im Konsumentenverhalten zu realisieren. Apple ist eines der wenigen Beispiele, denen dies wirklich gelungen ist.
Start-ups im B2C Bereich benötigen einen langen Atem. Im B2B Bereich sind Erfolge schneller möglich.
Die derzeit zu beobachtenden Strategien sind entweder Aggregatoren die Informationen oder Bankverbindungen zusammenführen oder Anbieter zur Optimierung von einzelnen Elementen der Wertschöpfungskette von Finanzdienstleistungen.
Bislang gibt es noch kein Modell, welches die komplette Wertschöpfungskette neu definiert. Ein solches Modell hätte vermutlich gute Erfolgsaussichten.
Bedeutung von Daten und Data Management
Daten und Datenmanagement sind wichtigste Elemente einer zukünftigen Disruption im Finanzgeschäft.
Das Management von Daten ist ein zentraler strategischer Erfolgsfaktor für die Bank der Zukunft.
Ob Banken dieses Management der Daten alleine bewerkstelligen können, ist eine zentrale Frage. Vermutlich benötigen sie die Hilfe von Technologieunternehmen.
Strategische Herausforderung für Banken
„Software eates the world“. Auf Dauer werden alle Prozesse auch in Banken digital werden.
In einer ersten Phase betrifft die Digitalisierung vor allem Direktbanken, deren Kunden ihre Bankgeschäfte bereits heute online erledigen und die über entsprechende IT Strukturen verfügen.
Filialinstitute müssen zunächst ihre Altlasten im IT Bereich beheben, bevor sie sich aktiv eigenen Digitalisierungsstrategien zuwenden können.
Banken müssen sich mit der Zukunft ihres Geschäftsmodells auseinandersetzen. Wollen sie ein Hub für innovative Lösungen sein und z.B. angedockten Anbietern ihre Banklizenz im Gegenzug für innovative Kundenlösungen zur Verfügung stellen? Oder wollen sie weiterhin die komplette Wertschöpfungskette anbieten und dazu entweder eigene Lösungen entwickeln oder die von anderen einkaufen?
Fazit
Die Disruption des Bankings wird – wenn sie überhaupt gelingt – länger dauern als manche denken und eher allmählich und evolutionär vonstattengehen als das es eine radikale Neuordnung im Sinne einer Revolution geben wird.
Eine Abwehrstrategie der Banken wird sein, immer einen Schritt voraus zu blicken, um nicht überrascht zu werden und in einem angemessenen Zeitraum reagieren zu können.
Die Mittel, um zu reagieren, sind zumindest bei den großen Banken/-gruppen vorhanden.
Allerding haben zahlreiche Banken allerdings noch gar nicht begriffen, was die digitale Transformation für sie bedeutet und welche Herausforderungen sie mit sich bringt.
Der Beginn der Transformation erfolgt heute. Banken die glauben, erst in fünf oder mehr Jahren reagieren zu müssen, laufen Gefahr, erhebliche Einbußen in der Kundenbeziehung hinnehmen zu müssen.