FinTechs starten neue Angriffswelle

Hausbanken im gewerblichen Kreditgeschäft unter Druck

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Ich kam, ich sah, ich siegte: Kreditportale wie Smava oder Check24 haben den Markt für Konsumentenkredite revolutioniert. Als nächstes greifen sie die etablierten Finanzinstitute dort an, wo es noch schmerzhafter ist: bei lukrativen Krediten für Gewerbekunden. Können Banken eine erneute Niederlage vermeiden?

FinTechs starten Angriffswelle beim Gewerbekredit

FinTech-Startups machen Banken und Sparkassen auch im gewerblichen Kreditgeschäft Konkurrenz.

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Ende Februar wurde das Wettrennen um den niedrigsten Zinssatz für Konsumentenkredite zur Gaga-Veranstaltung: Minus 100 Prozent „verlangte“ das Hamburger Kreditportal finanzcheck.de schlussendlich auf seiner Internetseite. Im Klartext bedeutete das: Nach der Auszahlung des Kredits zahlt der Kunde nichts an die Bank zurück, weder Zins noch Tilgung. Ein Marketing-Gag, keine Frage. Aber einer, der den Banken unmissverständlich klar gemacht hat, wer zum neuen Bestimmer im Markt für Konsumentenkredite aufgestiegen ist. „Wir rollen den Markt auf!“, so die glasklare Botschaft der Kreditportale.

Jetzt nehmen Kreditportale und FinTechs einen neuen Markt in Angriff: den für standardisierte Gewerbekunden-Kredite. Wiederholt sich hier die Geschichte? Ist nach dem Spiel vor dem Spiel? Haben die Banken aus der Ratenkredit-Erfahrung gelernt? Fakt ist: Im Geschäft mit Gewerbekunden ist die staatliche Regulierungsdichte deutlich geringer als im Geschäft mit Privatkunden. Dadurch sind die Markteintrittsbarrieren niedriger, so dass sich neue Märkte schnell erobern lassen. Meine Erfahrung als Berater im Kreditbereich sagt mir: Wer jetzt nicht handelt, steht in drei Jahren vor großen Problemen, spätestens in fünf Jahren ist dieser Zug dann auch im Markt für Gewerbekundenkredite abgefahren. Zum Vergleich: Beim Konsumentenkredit hat es vom ersten Online-Angebot bis zum vollständig digitalen Kredit immerhin noch zehn Jahre gedauert.

Echte Disruption kommt erst noch

Was Kreditportale bislang für Konsumenten und Gewerbekunden anbieten, geschieht im vollen Einvernehmen mit den Banken. Das hat nichts Disruptives, auch wenn sich das für viele Bankmanager so anfühlen mag. Echte Disruption kommt erst noch. Schon heute können sich Amazons Marketplace-Händler in den USA, Japan und Großbritannien über „Amazon Lending“ Geld leihen, um ihre Bestände aufzustocken. In Deutschland bietet Amazon jedem Privatkunden eine Auflade-Funktion für sein Kundenkonto an. Mit dem eingezahlten Geld kann dann später bezahlt werden. Harmlos? Was passiert denn, wenn Amazon aus dieser Auflade-Funktion plötzlich ein vollwertiges Girokonto macht? Laut „Wall Street Journal“ von Anfang März prüft die Amazon-Führung gerade genau diesen Schritt. Würde das Konto dann ins Minus rutschen, liefert Amazon den Kredit gleich mit. Auch außerhalb der Amazon-Welt wäre das Konto plötzlich einsetzbar. Das ist dann echte Disruption!

Noch können etablierte Banken ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen. Dass sie die dafür notwendigen Kundenbeziehungen haben, zeigt ihr zuletzt deutlich gestiegener Provisionsüberschuss. Vor allem Sparkassen und Genossenschaftsbanken können sich bei Ihren Stammkunden bedanken, die im internationalen Vergleich sehr treu sind. Sie haben beispielsweise akzeptiert, dass ein Girokonto zum Nulltarif auf Dauer nicht zu haben ist und Bankdienstleistungen Geld kosten. Damit bleiben Sie dem traditionellen Banking treu. Da diese Gruppe aber immer kleiner wird, läuft den Banken mittlerweile die Zeit davon.

Konsequent handeln und das Mindset ändern

Sie müssen sich deshalb spätestens jetzt für eine klare Strategie entscheiden: Wollen sie Kredite, egal ob für Konsumenten oder Gewerbekunden, wirklich weiterhin selber fertigen? Oder lieber als reine Vertriebsbank agieren, die auf Produkte von Verbund- und/oder Partnerbanken zurückgreift und allenfalls noch komplexe Kredite selber macht? Beide Wege sind sinnvoll und gangbar. Nur: Der gewählte Weg muss konsequent beschritten werden, vor allem gegen interne Widerstände. Das eigentliche Problem, das zeigt unsere Arbeit in den Banken sehr deutlich, ist das Mindset der Führungskräfte und Mitarbeiter. Das entscheidet über Erfolg oder Misserfolg.

Fällt die Entscheidung zugunsten der Eigenfertigung, stehen große Herausforderungen an:  Damit der Kredit überall auffindbar ist, müssen zunächst digitale Schnittstellen zu allen eigenen und fremden Vertriebskanälen geschaffen werden. Auch eine Differenzierung nach dem Standardisierungsgrad hat sich als sinnvoll erwiesen: hier der schlanke Standardkredit, der quasi maschinell abgearbeitet werden kann, dort der maßgeschneiderte Exot, der sich einer Standardisierung zumindest heute (noch) verschließt. Weitere notwendige Schritte: Straffung der angeforderten Kunden-Unterlagen, Ausrichtung auf digitalen Empfang, automatisierte Verarbeitung von Kundendaten. Kurzum: Alle Prozesse müssen durchgängig digital und automatisiert ablaufen.

Oft werde ich von kritischen Bankmanagern gefragt, ob FinTechs durch ihre Erfahrung beim Konsumentenkredit nicht einen uneinholbaren Vorsprung beim Gewerbekredit haben. Das ist so nicht richtig! In puncto Erfahrung, Kompetenz und dem bestehenden Kundenstamm kann Banken niemand das Wasser reichen. Jetzt kommt es drauf an, sich diese Vorteile nicht aus der Hand nehmen zu lassen.

Über den Autor

Stefan Graß

Stefan Graß ist Partner bei der auf Finanzdienstleister spezialisierten Unternehmensberatung Cofinpro. Der Betriebswirt verfügt über jahrzehntelange Erfahrung in der Branche und verantwortet die Themenentwicklung Kredit bei dem Consultinghaus.

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