Firmenkundengeschäft: Nachwuchs einbeziehen und Zukunft formen

Regionalbanken im Geschäft mit dem Mittelstand

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Banken laufen Gefahr, sich zu sehr an langjährigen bisherigen Entscheidungsträgern zu orientieren und die Junioren in Unternehmen nicht ausreichend einzubinden. Dabei wären sie gut beraten, eine aktive Kommunikation mit jungen Nachfolgerinnen und Nachfolgern zu pflegen – vor allem, wenn sie schon im Hause sind.

Banken müssen Firmennachfolger einbeziehen

Banken und Sparkassen müssen Firmennachfolger stärker einbeziehen.

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Viele Branchen werden von schnellen und disruptiven Veränderungen heimgesucht – da muss alt bewährtes oft hinterfragt werden. Professionelle Firmenkundenberatung von Banken und Sparkassen kann dabei eine wichtige Rolle spielen. Wichtig ist die zukunftsgerichtete Ausrichtung des Geschäfts. Aber auch dieser bescheidene Anspruch ist keinesfalls zu unterschätzen, wie eine nähere Betrachtung der Marktzahlen nahelegt: Die geschätzten Bruttoerlöse (Zins- und Provisionsüberschuss) von Banken im deutschen Firmenkundengeschäft sind nach einer Berechnung von Roland Berger seit 2011 rückläufig. Die Anzahl der Bankverbindungen, die Mittelstandsunternehmen – das Gros der deutschen Wirtschaft – pflegen, sind seit 2010 um gute 25 Prozent zurückgegangen.

Dazu kommt: Die Banken selbst stehen in einem herausfordernden Umfeld von Regulatorik und Digitalisierung. Gleichzeitig fallen aufgrund intensiveren Wettbewerbs, höherer Transparenz und längerer Zinsbindung die Margen: Für Neuabschlüsse von Investitionskrediten über eine Million Euro wurden 2012 durchschnittlich noch 2,0 Prozent Zins verlangt; im Jahr 2018 lag dieser Wert bei 1,3 Prozent.

Regionalbanken punkten

Aber richtig ist auch, dass Regionalbanken zuletzt mit klassischen Erfolgsfaktoren die Gewinner im Verdrängungswettbewerb innerhalb der Bankenbranche waren: Seit 2013 haben die Sparkassen mit Marktnähe, Betreuungskontinuität und Entscheidern vor Ort ihre Ertragsmarktanteile von 24 Prozent auf 27 Prozent ausbauen können. Landesbanken, Großbanken und Sonstige haben Boden verloren. Die Nassauische Sparkasse (Naspa) kann da mithalten. Sie bewirtschaftet mit ihren 109 Finanz- und Servicecentern ein attraktives Geschäftsgebiet, wie ein Blick auf die regionale Verteilung des Ertragspotenzials zeigt: Die Rhein-Main Region kann in dieser Hinsicht als privilegiert bezeichnet werden.

Auf die Naspa vertrauen in der Region insgesamt 2.100 Firmen-, 8.000 Gewerbe- und 11.000 Geschäftskundenverbünde. Die jungen Unternehmer hat die Bank dabei fest im Blick: Mir persönlich war es ein besonderes Anliegen, diese Kundengruppe proaktiv und individuell anzusprechen. Zu diesem Zweck haben wir eine Arbeitsgruppe mit den jüngsten Beratern in jedem meiner Firmenkunden-Bereiche zusammengestellt, die sich systematisch mit den Herausforderungen der Unternehmensnachfolge befassen werden.

Worauf es ankommt

Wenn wir von einer auf die Zukunft ausgerichteten Strategie im Firmenkundengeschäft sprechen, gibt es für mich drei konkrete Anknüpfungspunkte: Strukturiertes Vorgehen, Fokussierung und Mitarbeitern Orientierung geben. Zu oft geht der Vertrieb von Banken reaktiv statt aktiv vor und legt den Fokus nicht auf Kunden mit der höchsten Erfolgswahrscheinlichkeit. Kundentypen werden nicht unterschieden, und es gibt keine systematische Maßnahmenplanung. Die Lösung ist eine Beraterunterstützung durch ein systematisches Zielkundenkonzept. Der richtige Kunde muss auf das Richtige angesprochen werden, genau dann, wenn der Bedarf da und unser Angebot die passende Lösung zur richtigen Zeit ist. Eine coachende Kundenbegleitung mit Einbindung der verfügbaren Spezialisten ist dabei erfolgskritisch – das nutzt dem Kunden essentiell, und auch für die Bank folgen nachhaltige Ertragssteigerungen.

Alle Firmen- und Gewerbekunden durchlaufen deshalb bei der Naspa jährlich ein Benchmarking, bei dem ihr Bedarf – und damit auch für die Naspa offene Potenziale – ermittelt werden. Anschließend werden 20 Prozent unserer Kunden als Zielkunden definiert und verbindliche Maßnahmen geplant. Die Berater der Naspa, das Know-how unserer hausinternen Spezialberater und die konkrete Einzeldurchsicht aller Zielkunden gewährleisten, dass die Zielkunden auf ihre konkrete Situation mit den passenden Lösungen angesprochen werden.

Junge Kunden und die Hausbank

Die Hausbank-Beziehung ist oft von besonderem Vertrauen geprägt, aber welche Personen sind da persönlich involviert? Wenn der junge Nachfolger oder die Nachfolgerin wie in vielen Fällen nicht oder nicht ganz dazugehört, sollte man sich als Bank Sorgen machen. Sie müssen einbezogen werden.

Dabei kommt es schon auf das äußere Erscheinungsbild an. Die Krawatte mag für den Senior zum Auftreten eines Bankers gehören, für den Junior ist sie häufig keineswegs ein Muss. Ihm sind kompetente Beratung und zuvorkommender Service wichtig. Die Naspa-Berater können deshalb dem Anlass entsprechend zwischen Business- oder Business Casual-Stil wählen. Entscheidend ist, dass sie den Kunden auf Augenhöhe mit Wertschätzung und Respekt begegnen.

Im Mittelstand ist die Bank als unternehmerischer Gestaltungspartner oft nur noch in zweiter Linie gefragt: Ein typisches Bankenthema wie Finanzierung findet sich laut der zeb.Firmenkundenstudie 6.0 aus dem Jahr 2017 auf der Prioritätenliste erst auf Platz acht wieder. Themen wie Innovation, Fachkräftegewinnung/-bindung und Digitalisierung dominieren den Diskurs. Das sind offensichtlich auch in besonderer Weise Themen der jungen Generation. Banken tun also gut daran, sich bei ihrem Angebot breit und offen aufzustellen. Die Nachfolgeplanung kann da als Einstieg sicherlich hilfreich sein. Denn neben der Gründung gibt es kaum ein tiefgreifenderes Ereignis im Leben eines Unternehmens als das Management eines Generationenwechsels.

Das Volumen ist dabei beachtlich: Allein 2018 planen nach der KfW-Studie „Generationenwechsel im Mittelstand“ 236.000 Inhaber kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) den Rückzug aus ihrem Unternehmen – und wollen das Unternehmen definitiv in die Hände einer Nachfolgerin oder Nachfolgers legen. Das sind allein 6 Prozent aller KMU in Deutschland bis Ende 2019.

Dabei darf nicht vergessen werden, dass für den Bankvertrieb der Stabwechsel im Unternehmen ein Moment der Chancen aber auch des Risikos sein kann: Die Agenda der Jungen sieht oft signifikante Änderungen im Unternehmen vor, darunter meist auch das Reporting. Mit den veränderten Steuerungsmodellen ergeben sich auch veränderte Schnittstellen zur Bank. Sensibel zu sein für die ggf. anderen Anforderungen der nächsten Generation ist die Grundlage guter Beratung.

Ein Aufbruch für junge Unternehmer und Bank

Der zeitnah bevorstehende Generationenwechsel in der Inhaberschaft, gepaart mit einem hohen Alter des Inhabers blockiert Investitionsfreude. Einerseits herrscht bei Alteigentümern von KMU vor ihrem Rückzug Unsicherheit, ob ein potenzieller Nachfolger den künftigen Ertrag einer Investition gleich hoch bewertet wie sie selbst – und dies entsprechend im Kaufpreis berücksichtigt. Andererseits besitzen viele Investitionen bei fortgeschrittenem Alter aus Inhabersicht eine zu lange Amortisationszeit. Der Wunsch, keine langjährigen finanziellen Verpflichtungen einzugehen ist dann ausgeprägt. Daher ist nicht verwunderlich, dass direkt nach dem Wechsel die Investitionen deutlich ansteigen. Einen besseren Zugang kann sich keine Bank wünschen.

Dabei haben die Jungen auch Verständnis dafür, dass Firmenkundengeschäft nicht per se hochkomplex und individuell ist: Standardisierbares darf standardisiert werden. Komplexes wird bei der Naspa künftig auch weiterhin persönlich bearbeitet, aber der Preis für den „Maßanzug“ muss natürlich stimmen. Der Vertrieb agiert dabei immer nach einer festen Ablaufstruktur, ein zentrales Vertriebsmanagement und -controlling übernimmt die Steuerung.

Ein finanzielles Sorgenfeld der jungen Nachfolger in weiten Teilen des Mittelstandes sind zweifelsohne die noch nicht geklärten Fragen bei der Anwendung des neuen Erbschaftsteuergesetzes. Nach Angaben der IHK treibt dieses Thema so viele Unternehmer wie noch nie um (25 Prozent). Die Banken sind aufgefordert, hier unterstützend zur Seite zu stehen und finanzielle Engpässe mit Krediten zu überbrücken.

Und zuletzt: Die private Seite als Erfolgsfaktor

Das Firmenkundengeschäft hat eine private Seite: Der Unternehmer und seine Familie sollten auch mit anderen Bankdienstleistungen wie Wertpapiergeschäft/Vermögensverwaltung, private Finanzierungen etc. versorgt werden. Erfolgreiches Firmenkundengeschäft vergisst diese nicht, sondern bietet sie im Gegenteil aktiv an. Denn im Unterschied zu amerikanischen Internetkonzernen, die per Algorithmus weitere passende Produkte anbieten, wissen die Berater aus langjähriger Erfahrung, was Kunden in ähnlichen Situationen geholfen hat.


Dieser Artikel basiert auf einem Vortrag des Autors, gehalten anlässlich der Handelsblatt Jahrestagung REGIONALE BANKEN im März 2019.

Über den Autor

Bertram Theilacker

Bertram Theilacker ist Mitglied des Vorstandes der Nassauischen Sparkasse (Naspa), zuständig für das Firmenkundengeschäft, das Vertriebsmanagement Firmenkunden sowie für den Bereich Kapitalmärkte und Kommunen. Der Diplom-Volkswirt war zuvor für das Land Hessen und die Stadt Wiesbaden tätig.

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