Immer mehr Verbraucher erwarten von Unternehmen, sich zu politischen und gesellschaftlichen Themen positionieren. Für Banken und Sparkassen ist dies ein schmaler Grat. Allerdings bringen reine Schaufensteraktivitäten keinen Fortschritt.
Gesellschaftliche Aktionen und Bewegungen, wie „Fridays for Future“ und „Black Lives Matter“ betreffen auch Unternehmen, wie vor kurzem die Beispiele Siemens oder VW überdeutlich gezeigt haben. Damit stellt sich (nicht nur) Finanzinstituten die Frage: Position beziehen oder sich zurückhalten?
So hat der weltgrößte Vermögensverwalter Black Rock bereits Anfang des Jahres Unternehmen darauf hingewiesen, dass man zukünftig Nachhaltigkeit als Kriterium für Anlageentscheidungen ansehe. Die Fähigkeit von Unternehmen, ökologische, soziale und Führungsthemen (ESG-Kriterien) anzugehen sei essentiell, um ein nachhaltiges Wachstum zu gewährleisten.
Deutsche Institute und Verantwortungsvolles Banking
Auch deutsche Institute haben die UN-Prinzipien für verantwortungsvolles Banking unterzeichnet, konkrete Maßnahmen und Schritte liegen bisher allerdings noch weitgehend im Verborgenen. Das wird nicht mehr lange gut gehen. Der Druck von Kapitalmärkten und Kunden wird zunehmen und immer mehr Institute scheinen das zu erkennen.
So hat die Deutsche Bank kürzlich ein Rahmenwerk für den Umgang mit Umwelt- und Sozialrisiken beschlossen und bekannt gegeben, den EU-Plan zur CO2-Neutralität zu unterstützen und spätestens Ende 2025 keine Projekte zum Abbau von Kohle mehr zu finanzieren. Die Finanzierung neuer Projekte in der Arktis sowie Ölsand-Projekte wird ab sofort ausgeschlossen. Die Bank will zudem bis zum Jahresende den Umfang aller bestehenden Geschäfte für die Öl- und Gasbranche überprüfen. Ein guter Anfang!
Corporate Social Responsibility (CSR) rückt in den Fokus
Keine Frage, Banken und Sparkassen spielen eine wichtige Rolle in der Gemeinschaft. Finanzinstitute sind nicht nur ein Ort, an dem Gelder sicher aufbewahrt oder Zugang zu Krediten gewährt werden, sondern sie leisten auch einen aktiven Beitrag für die Gesellschaft im Rahmen ihrer sozialen Verantwortung. Diese Verantwortung geht allerdings über eine regulierte Ethik hinaus und schließt moralische Verpflichtungen ein.
In der Vergangenheit sind die meisten Banken und Sparkassen ihrer sozialen Verantwortung durch Spenden an Organisationen nachgekommen. In jüngerer Zeit hat CSR auch in internen Richtlinien ihren Niederschlag gefunden, die sich auf Mitarbeiter und den Arbeitsplatz auswirken. Aktuell geführte Diskussionen in Gesellschaft und Politik gehen indes weit über diese Ansätze hinaus.
Überwiegend zurückhaltende Reaktionen der Banken
Die meisten deutschen Banken und Sparkassen und deren Vorstände halten sich bislang in gesellschaftspolitischen Diskussionen weitgehend zurück bzw. agieren vorsichtig. Zu groß scheint die Sorge, ertragreiche Kunden zu verärgern oder rentable Geschäftsfelder in Frage zu stellen.
In den USA tätige Institute sind da mutiger. Mark Mason, CFO von Citi nimmt in einem Beitrag im bankeigenen Blog mit der Überschrift „I can’t breathe“ eine eindeutige Position ein. Und Tom Naratil, Chef von UBS Amerika schreibt auf LinkedIn unter der Überschrift „Silence is not an option“: „Wir alle haben die Verantwortung, Hass zu benennen, für das zu stehen, was richtig ist und Emotionen in konstruktives Handeln umzuwandeln.“
Position beziehen oder sich zurückhalten?
Dass man es – egal wie man sich verhält – niemals allen rechtmachen kann, liegt auf der Hand. Immerhin sind laut einer Studie 66 Prozent der Verbraucher der Meinung, dass Unternehmen ausdrücken sollten, wie sie zu einem bestimmten Thema stehen und würden dies sogar honorieren. Rund die Hälfte würde allerdings bei einem anderen Unternehmen kaufen, wenn die Position des Unternehmens nicht mit der eigenen Meinung übereinstimmt. So viel zum Thema Verbrauchertoleranz.
Und auch das Thema spielt eine wichtige Rolle. Während 80 Prozent dafür sind, dass Marken sich pro Umweltschutz positionieren, sind es bei Menschenrechten, Tierquälerei oder Bildung bereits weniger als ein Drittel.
Auf Authentizität und Handlung kommt es an
Es geht um ernste, emotional aufgeladene Themen. Es geht nicht um eine Ausrichtung am Zeitgeist oder eine neue Form von Produktmarketing. Nicht Populismus, sondern Authentizität ist gefragt. Und Worten müssen positive Taten folgen.
Jede Finanzmarke die dieses Gebiet betritt, muss sich im Klaren darüber sein, wofür sie wirklich steht und ist bereit sein, dies mit zielgerichteten Maßnahmen zu unterstützen.
Alfred Herrhausen – der mit seinem Tod eine große Lücke im gesellschaftspolitischen Diskurs hinterlassen hat, die bislang kein anderer Spitzenbanker füllen konnte – hat es einst auf den Punkt gebracht:
Wir müssen das, was wir denken, auch sagen.
Wir müssen das, was wir sagen, auch tun.
Und wir müssen das, was wir tun, dann auch sein.