Deutschland steht vor enormen Herausforderungen und Problemen, die bisher  von der Berliner Politik weitgehend verdrängt werden. Politische Realitätsverweigerung und Staatsversagen entfalten ihre Auswirkungen fatalerweise in einer Phase wachsender Rezessionsgefahr und abnehmender Wettbewerbsfähigkeit.

Ausblick auf die deutsche Politik und Wirtschaft

Die Politik in Deutschland schwankt zwischen Realitätsverweigerung und Staatsversagen.

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„Hysterische Diskussion“

Die „Neue Zürcher Zeitung“  staunt über das hierzulande zunehmend irrationale Verhalten. Ein bemerkenswerter Artikel trägt die Überschrift: „Freude an Selbstzerstörung statt Freude am Fahren – Deutschland zerlegt seine Automobilindustrie.“ Im Text heißt es dann: „In Deutschland wird der Diesel verdammt, obwohl die neuesten Modelle extrem sauber sind, und über Stickstoffdioxid gestritten, obwohl Feinstaub das viel größere Gesundheitsproblem ist. Die Konzerne haben bei Politik und Medien keinen Kredit. So zerlegt man die eigene Spitzenindustrie und sägt am Wohlstand des Landes.“ Und weiter schreibt die renommierte Schweizer Tageszeitung: „Die hysterische Diskussion und der Dauerbeschuss des Diesels führten dazu, dass der Anteil der Selbstzünder bei Neuzulassungen von knapp 50 Prozent im Jahr 2015 inzwischen auf etwa 33 Prozent gesunken ist.

Damit droht das Aussterben des Dieselmotors, einer deutschen Spitzentechnologie. Die Entwicklung ist absurd, weil das Image der Technologie beschädigt, der moderne Diesel inzwischen aber sauber ist. Laut den unverdächtigen Testern des ADAC erfüllen alle bis jetzt im realen Fahrbetrieb gemessenen Diesel der Abgasnorm Euro 6d Temp die Anforderungen bei den Stickoxiden und liegen mit Ausnahme eines japanischen Modells alle deutlich unter dem Grenzwert von 80 μg.“

Schatten der Rezession

Die Bundeskanzlerin  hat kürzlich im gewohnten Beschwichtigungs-Modus von einer „etwas schwierigeren Phase mit geringerem Wachstum“ gesprochen. Tatsächlich kämpfen große Teile der Industrie schon jetzt mit erheblichem Auftragsrückgang. Die von einigen Ökonomen gehegte Hoffnung, dass die Wirtschaft ihre aktuelle Schwäche im zweiten Halbjahr überwinden würde, dürfte sich nicht erfüllen. Aus exportabhängigen Schlüssel-Branchen wie der Automobil- und Maschinenbauindustrie mehren sich die Hiobsbotschaften. Der Außenhandelsverband   prognostiziert für 2019 einen Anstieg des Exportvolumens um 1,5 Prozent. Das klingt zwar relativ gut, bedeutet aber gegenüber dem Vorjahr einen Einbruch um 50 Prozent.

Laut Bundesbank ist die deutsche Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal 2019 leicht zurückgegangen. In manchen Branchen zieht bereits die Rezession ihre Kreise. Schon  8,5 Prozent der Firmen planen in den nächsten drei Monaten Kurzarbeit. Auch die bisher als Konjunktur- Lokomotive wirkende Baubranche scheint ihren Höhepunkt überschritten zu haben. Als Folge der allgemeinen Abkühlungstendenzen hat sich – laut  GfK – auch die Verbraucherstimmung eingetrübt.

Der Klima-Hype

Auch in anderen Bereichen gefährdet die politische Umsetzung der vom allgemeinen Klima-Hype vorgegebenen Forderungen die Zukunft des Wirtschaftsstandorts und die (relative) Sicherheit der Arbeitsplätze. Der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder hat davor gewarnt, die gesamte politische Debatte von der Klimafrage dominieren zu lassen. Auf Dauer werde das nicht reichen, um die Republik aufrecht zu halten. Als Negativ-Beispiel nannte Schröder das willfährige Umschwenken auf die E-Autos.

Die Publizisten Marc Friedrich und Matthias Weik  fragen, warum die Jugend für das Klima demonstriere, aber niemand beispielsweise gegen „die irrsinnige Notenbankpolitik der EZB“,  die die deutschen Sparer bisher um 648 Mrd. Euro an Zinsen enteignet hat. Letztlich werde die Wettbewerbsfähigkeit des Landes fragwürdigen Klima-Thesen untergeordnet. Dabei seien „die fetten Jahre des Exportweltmeisters Deutschland endgültig vorbei.“  Davon zeugten die bereits angekündigten Entlassungen von Großunternehmen wie BASF, Bayer, Ford, Deutsche Bank, Siemens und Thyssen. Die beiden Ökonomen sagen voraus: „ Kurzarbeit, Abfindungen, Entlassungen, Arbeitslosigkeit und explodierende Sozialkosten werden bald die Schlagworte in den Medien sein, und keiner wird mehr über Fachkräftemangel, geschweige denn von Klimawandel sprechen.“

Der Verlust an Sicherheit

Die Sicherheit nach innen und außen ist hierzulande zu einem Trauerspiel mit verheerenden Konsequenzen verkommen. Hier offenbart sich das ungeheure Staatsversagen in besonders eklatanter Weise. Das persönliche Gefühl der Bedrohung durch Kriminalität hat – trotz aller schön gefärbten Statistiken – nie zuvor gekannte Höchstwerte erreicht. Jeder zweite Bürger glaubt – laut  INSA  – mittlerweile, dass ihn die Polizei nicht mehr effektiv schützen kann. In Saarlouis musste sich die Polizei kürzlich nach einem Stadtfest „geordnet“ zurückziehen, weil sie marodierende Jugendbanden nicht in den Griff bekam.

Die Verteidigungsfähigkeit der Bundeswehr wird von Kennern als „schlicht desaströs“ bezeichnet. Harald Kujat, der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr, bezeichnet das Erbe der Frau von der Leyen als „Scherbenhaufen“ und konstatiert „ein unglaubliches Versagen der Politik.“ Man habe heute die kleinste und am schlechtesten ausgerüstete Bundeswehr aller Zeiten.  Auch die Moral der Soldaten bewege sich auf einem Tiefstand. Schon die beiden Amtsvorgänger hätten die Bundeswehr neu ausgerichtet – weg von der  verfassungsmäßigen Landes- und Bündnisverteidigung, hin zu Auslandseinsätzen.  Ein Staat, der seine Bürger nicht mehr schützen kann, gibt jeden Anspruch auf Verfassungsmäßigkeit und Politikvertrauen auf.

„Rebellion der Sparer“

Mit der Nominierung von Christine Lagarde als Draghi-Nachfolgerin sind die Weichen für eine Fortsetzung der Geldflutung offenbar dauerhaft gestellt. Die EZB dürfte – vor allem nach dem Austritt Großbritanniens – noch mehr zum faktischen Vollstreckungsorgan der Schuldenländer werden. Fachleute erwarten kurzfristig eine weitere Erhöhung der Strafzinsen auf dann 0,6 Prozent. Gleichzeitig ist mit einer Wiederaufnahme der Nettoanleihenankäufe zu rechnen. Tatsächlich führt die seit 2009 praktizierte „Euro-Rettung“ nach dem japanischen Modell auf Sicht zur volkswirtschaftlichen Verelendung  Europas. Die durchsichtige Manipulation der Geldpolitik durch systemwidrige Null- und Negativzinsen dürfte schon bald zusätzliche Belastungen der deutschen Sparer und institutionellen Anleger auslösen.

Die „Börsen-Zeitung“ zeigt Verständnis für die  Banken: „Es geht für die Institute mittelfristig ums Überleben. Also werden sie demnächst wohl oder übel großzügig zur Kasse bitten und die absehbare Verärgerung der ihrerseits längst notleidenden Sparer in Kauf nehmen.“ Der Publizist Gabor Steingart  hält eine „Rebellion der Sparer“ für möglich. Es ist wohl kein Zufall, dass gerade in dieser Situation die Absicht der Bundesregierung bekannt geworden ist, den Schwellenbetrag für anonyme Goldeinkäufe ab dem 10. Januar 2020 drastisch zu senken. Statt bisher 10.000 Euro soll der geplagte Anleger künftig ganze 2000 Euro ohne Hinterlegung seiner Personalien im gelben Edelmetall anlegen dürfen. Offiziell  wird wieder einmal behauptet, diese Maßnahme sei unerlässlich zur Bekämpfung von Terror und Geldwäsche. Kritiker  sehen darin dagegen den Versuch, die Nutzung von Bargeld weiter einzuschränken und auf Sicht den Finanzbehörden den Wunsch vom transparenten Steuerzahler mit gläsernen Taschen zu erfüllen. Außerdem wolle man offenbar die alternative Absicherung gegen Inflation und Strafzinsen weiter erschweren. Darüber hinaus nähere sich die Politik dem Fernziel an, den privaten Kauf von Gold auf Sicht ganz zu verbieten.

Politische Großbaustellen

Deutschland geht unverkennbar schwierigen Zeiten entgegen. Eine ganze Reihe politischer Großbaustellen dämmert – wie der Berliner Großflughafen – ungelöst und unvollendet vor sich hin. Probleme wie die Rezession, strukturelle Umbrüche, Handelskrieg, Migrationsfolgen, Digitalisierung, Energieversorgungssicherheit und explodierende Sozialkosten kumulieren sich zu einer gefährlichen Gemengelage, die die Politik noch nicht einmal zur Kenntnis genommen zu haben scheint. Hinzu kommen offene wie auch verdeckte Initiativen aus dem In- und Ausland, die letztlich darauf abzielen, Deutschland dauerhaft in seiner Zahlmeisterrolle für Europa festzuschreiben.

In diesem Sinne ist der erfolgreiche Versuch der neuen EU-Kommissionspräsidentin, sich durch ihre Zustimmung zur europäischen Einlagensicherung die erforderliche Stimmenmehrheit im Europäischen Parlament zu sichern, als verheerendes Signal zu bewerten. Damit hat von der Leyen aus wahltaktischen Gründen – sicherlich nicht ohne Abstimmung mit der Bundeskanzlerin – eine bisher aus deutscher Sicht sakrosankte rote Linie in Richtung Schuldenunion überschritten. Außerdem versucht man wieder einmal, die Belastbarkeit der Wirtschaft zu testen.  Übersehen wird dabei, dass die Vielfalt und der Schwierigkeitsgrad der aktuell zu lösenden Aufgaben es eigentlich im Sinne des Ganzen nahe legen, auf zusätzliche Belastungen der Unternehmen und kontraproduktive Experimente zu verzichten. Möglicherweise bleibt es bei einer heftigen konjunkturellen Talfahrt. Sollten jedoch mehrere Negativfaktoren zur falschen Zeit zusammentreffen, so ist mittelfristig auch ein System-Absturz mit unabsehbaren Konsequenzen nicht mehr völlig auszuschließen.