Freundschaften im Job: Vorteile nutzen, Fallstricke vermeiden

Grenzen zwischen Berufs- und Privatleben verschwimmen

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Früher hieß es meist, Berufliches und Privates fein säuberlich auseinanderzuhalten. Heute wird das längst nicht mehr überall so dogmatisch gesehen, bieten Freundschaften im Arbeitsumfeld doch viele Vorteile. Allerdings gilt es, Fallstricke zu vermeiden.

Freundschaften im Beruf, Job und Arbeitsumfeld

Früher verpönt, heute nicht ungewöhnlich: Freundschaften im Beruf, Job und Arbeitsumfeld.

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Home Office und Flex Office auf der einen Seite, Firmen-Fitnessstudios und Betriebs-Kindergärten auf der anderen – die Grenzen zwischen Berufs- und Privatleben verschwimmen immer stärker. Zudem stellt sich die Frage, ob es überhaupt sinnvoll ist, beides sklavisch voneinander trennen zu wollen – im Sinne einer sogenannten Work-Life-Balance? Ist unser Job nicht integraler Bestandteil unseres Lebens? Schließlich verbringen die meisten von uns in der Woche mehr (Lebens-)Zeit mit ihren Kolleginnen und Kollegen als mit ihrer Familie.

Jeder Zweite hat auf der Arbeit Freundschaften fürs Leben geschlossen

Insofern passen die Ergebnisse einer Forsa-Umfrage von vor zwei Jahren gut ins Bild: Demnach hat schon jeder Zweite an seinem Arbeitsplatz einen oder sogar mehrere Freunde fürs Leben gefunden. Und wenn die Kollegen viel Zeit miteinander verbringen, können sich neben Freundschaften noch tiefergehende Beziehungen entwickeln. Dann entstehen im Job eheähnliche, platonische Vertrauensbeziehungen. Laut der Befragung pflegt jeder zehnte Berufstätige eine solche Beziehung zu einer „Work Wife“ bzw. zu einem „Work Husband“.

Dr. Sabine Flick, Soziologin an der Uni Frankfurt, hat das untersucht und dazu ein Buch („Freundschaft heute“) veröffentlicht. Sie ist der Meinung, dass wir sogar vermehrt „die klaren und übersichtlichen“ Beziehungen am Arbeitsplatz suchen, während unser „privater Lebensbereich immer anstrengender erscheint“. Es wird halt auch immer schwieriger mit seinen Freunden oder Freundinnen aus Schulzeiten oder von der Uni in Kontakt zu bleiben, insbesondere wenn man für den Job wegzieht und/oder eine Familie gründet. Dann wird‘s schwieriger, sich regelmäßig zu treffen.

Was bringen Freundschaften am Arbeitsplatz?

Aber ist es wirklich gut, Freundschaften im Job zu pflegen? Oder lenkt das nur von der eigentlichen Arbeit ab, wenn aus Kollegen Freunde werden, sogenannte Frollegen? Wird dann nur über private Dinge gequatscht und Käffchen getrunken?

Es gibt eine Reihe von Experten, die solchen Beziehungen einen positiven Effekt auf die Arbeit bescheinigen: „Freundschaften zwischen Kollegen bereichern den Betrieb ungemein“, meint etwa Dr. Sabine Hommelhoff, Arbeitspsychologin von der Uni Erlangen-Nürnberg. Menschen mit Freunden im Job seien deutlich motivierter und zufriedener. Sie würden freiwillig länger im Büro bleiben, sich gegenseitig unterstützen und auch kritisches Feedback offener austauschen. Diese positive Energie sei zudem gut fürs Betriebsklima insgesamt.

Freunde ermöglichen Abgleich von Selbst- und Fremdbild

Außerdem kommt es in vielen Jobs heute auf Fähigkeiten an, die auch in Freundschaften eine wichtige Rolle spielen: z. B. Vertrauen, Teamgeist, die Bereitschaft zu Kompromissen und auch Verhandlungsgeschick. Darum können enge Freundschaften für Mitarbeiter und Manager gleichermaßen wichtig sein. „Führungskräfte sollten möglichst unterschiedliche und ehrliche Perspektiven kennen“, so der Augsburger Management-Coach Eberhard Hauser. „Freunde bieten einen guten Abgleich von Selbst- und Fremdbild und schaffen so professionelle Stabilität.“

Gute Freunde kennen uns ja meistens ganz genau. Sie können uns Dinge sagen, die sich ein normaler Kollege vielleicht nicht traut. Sie können uns auf den Boden der Tatsachen holen, wenn wir drohen, abzuheben. Oder uns auch wieder aufbauen, wenn wir gerade ein Projekt in den Sand gesetzt haben. Keiner versteht so gut wie ein befreundeter Kollege, warum mein Job gerade besonders nervenaufreibend ist. Und keiner kann uns in stressigen Situationen leichter wieder aufmuntern – bei einem gemeinsamen Kaffee oder in der Mittagspause.

Studien über Freundschaften am Arbeitsplatz

Es gibt etliche Untersuchungen zu diesem Themenkomplex: Bei einer Befragung von Officevibe sagten 70 Prozent der Angestellten, dass Freunde am Arbeitsplatz das wichtigste Element für ein glückliches Berufsleben sind. Und diejenigen, die einen besten Freund/eine beste Freundin im Job haben, profitierten von 137 Prozent mehr Unterstützung bei ihrer persönlichen Entwicklung.

Eine frühe Studie der Unis von Minnesota und Pennsylvania kam zu dem Ergebnis, dass Teams aus guten Freunden bei Gruppenarbeiten deutlich bessere Resultate erzielten, als Teams aus Bekannten. Dafür hatten sie Studenten zwei Projekte durchführen lassen, bei denen es u.a. um Entscheidungsfindung und kollaboratives Denken ging. Die Gründe für den größeren Erfolg der Teams aus Freunden: Sie waren von Anfang an engagierter in den Projekten, sie kommunizierten besser während der Arbeit und gaben ihren Teamkollegen mehr konstruktive Kritik und positives Feedback.

Berufliche Freundschaften führen zu besseren Leistungen

Auch nach Untersuchungen des Gallup-Instituts sind starke soziale Arbeits-Beziehungen ein ganz wichtiger Faktor fürs persönliche Wohlbefinden im Job – sowohl für Frauen, als auch für Männer. Aber auch für die Firmen würde sich das auszahlen, weil berufliche Freundschaften zu besseren Leistungen führen – durch deutlich mehr Motivation, mehr Engagement, mehr Produktivität. Wenn Kollegen ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl hätten, würden sie eher Maßnahmen ergreifen, die dem Unternehmen zugutekommen. Maßnahmen, die sie eventuell nicht mal in Betracht ziehen, wenn sie keine freundschaftlichen Beziehungen zu ihren Kollegen pflegen.

Ein weiterer Aspekt: Laut dem „Gallup Engagement Index 2018“ haben nur 15 von 100 Beschäftigten in Deutschland eine starke emotionale Bindung zu ihrem Arbeitgeber, 71 haben eine geringe und 14 gar keine. Diese mangelnde Identifikation kostet die deutsche Wirtschaft jährlich zwischen 77 und 103 Milliarden Euro, schätzen die Gallup-Analysten. Freundschaften am Arbeitsplatz können dem entgegenwirken, ist die amerikanische Wissenschaftlerin Dr. Christine M. Riordan überzeugt: „Es geht um einen Gemeinschaftssinn und die Mentalität, dass man gemeinsam in einer Sache drinsteckt.“ Kameradschaft schüre eine Gruppenloyalität, die in einem gemeinsamen Engagement für die Sache münden können.

Fallstricke für Freundschaften im Job

Sind Freundschaften im Job also durchweg positiv zu betrachten? Oder gibt‘s dabei auch Dinge zu beachten? Ja, sagt der Regensburger Neurowissenschaftler Dr. Volker Busch. Für wichtig hält er es, berufliche und private Themen trennen zu können. Während der Arbeitszeit sollte der Fokus nach Meinung von Busch klar auf dem Job liegen, private Themen hätten bis Feierabend Zeit. Dann wiederum sollten private Dinge Vorrang haben. Im Zweifelsfall solle man sich gegenseitig immer wieder daran erinnern.

Freundschaften können zu Neid führen

Das sei besonders dann wichtig, wenn Freundschaften über Hierarchien hinweg geführt würden. Wer mit seinem Chef gut befreundet sei, müsse darauf achten, dass etwaiges Macht- und Statusdenken die Arbeit nicht negativ beeinflusse – die eigene, als auch die der übrigen Kollegen. Kann sich ja jeder leicht vorstellen, dass die Kollegen neidisch werden, wenn der Chef mit einem Kollegen enger ist, als mit anderen. Das kann dann bei der Verteilung von Arbeitsaufträgen oder Gehaltsverhandlungen schnell ein Thema werden.

Das Thema „Neid“ sieht auch der Buchautor Wolfgang Krüger als potenzielles Problem bei Berufsfreundschaften: „Je ähnlicher der Beruf des Freundes ist, desto leichter vergleicht man sich mit ihm.“ Warum wird er befördert und nicht ich? Das könne sich dann der eine oder andere schnell fragen. Generell fallen Konflikte unter Freunden am Arbeitsplatz oft heftiger aus als im „normalen Leben“.

Für Sabine Flick ist dabei noch ein anderer Punkt wichtig: „Meine Untersuchungen zeigen, dass es heute bei Freundschaften besonders wichtig ist, Geheimnisse zu teilen.“ Das falle in einem wettbewerbsintensiven Arbeitsumfeld jedoch oft flach. Hier würden wir – selbst unter Freunden – lieber Erfolgsgeschichten teilen, statt eigene Fehler oder Schwächen einzugestehen.

Freunde sind heute wichtiger denn je

Echte Freunde sind heute in unserer komplexen, schnelllebigen Welt mit hunderten Facebook-Kontakten wichtiger denn je. Bei Freundschaft geht‘s um mehr, als gemeinsame Hobbys zu pflegen oder zusammen auszugehen. Vertrauen, Offenheit, Ehrlichkeit, gute Gespräche, sich gegenseitig bei Problemen helfen, sich aufeinander verlassen können, das zeichnet eine wahre Freundschaft aus – im privaten wie im beruflichen Umfeld.

Darum können Büro Buddies einen positiven Impact auf unseren Arbeitsalltag haben – wenn wir ein paar Regeln beachten (siehe oben). Sie machen uns glücklicher, zufriedener, motivierter und produktiver. Sie machen uns offener für Hilfe, Feedback und Ratschläge. Sie sorgen dafür, dass wir uns stärker mit unserem Arbeitgeber identifizieren. Ich finde das eine Bereicherung.

Gerade bei uns im Service kommt es auf den Menschen an. Motivierte, kompetente und empathische Mitarbeiter machen für den besten Service den Unterschied. Gegenseitige Unterstützung ist bei uns das A und O. Denn wenn wir als ein Team agieren, können wir verschiedene Kompetenzen optimal einsetzen und unseren Kunden ein umfassendes Serviceerlebnis bieten. Durch gegenseitige Unterstützung sind bei uns im Service schon viele Freundschaften entstanden. Das bekomme ich bei meinen Standortbesuchen regelmäßig mit. Ich finde das klasse! Und vielleicht helfen uns diese Freundschaften sogar ein Stück weit dabei, unseren Job als einen bereichernden Bestandteil unseres Lebens zu betrachten.

Mir ist aber auch klar: Es gibt sicher noch genügend Menschen, die wollen Berufliches und Privates lieber voneinander trennen, die wollen gar keine Frollegen haben. Das ist in meinen Augen auch völlig in Ordnung! Was für den einen passt, muss für den anderen noch lange nicht passen. Jeder muss für sich selbst entscheiden, mit welchem Konzept er besser fährt, womit er sich wohler fühlt. Wir können und sollten daher niemanden zwingen, Freundschaften am Arbeitsplatz zu schließen. Wer aber von deren Mehrwert überzeugt ist, und solche knüpft, der kann meiner Meinung nach stark davon profitieren.

Über den Autor

Dr. Ferri Abolhassan

Dr. Ferri Abolhassan ist Mitglied der Geschäftsführung der Telekom Deutschland GmbH und Vorsitzender Geschäftsführer der Deutsche Telekom Service GmbH und der Privatkunden Vertriebsgesellschaft mbH. Zuvor war der promovierte Informatiker für T-Systems, Siemens, SAP, IBM und IDS Scheer tätig.

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