Im Rahmen der Serie über Social Media Krisen präsentiere ich Ihnen heute fünf Beispiele für Social Media Shitstorms. Dabei habe ich bewusst unterschiedliche Fälle aus verschiedenen Branchen gewählt.
Hintergrund
Im ersten Teil der Serie über Social Media Krisen habe ich erläutert, was sich hinter dem Begriff Shitstorm verbirgt und dass es dabei zu differenzieren gilt. Heute nun stelle ich Ihnen eine kleine Auswahl mehr oder weniger berühmter derartiger Krisen vor. Dabei habe ich bewusst versucht, auch von der Entstehung her, unterschiedliche Fälle zu präsentieren, um Ihnen die Vielfalt des Phänomens Shitstorm näher zu bringen.
Pril – Ein misslungener Crowd Design Versuch
Im Frühjahr 2011 forderte Pril über seine Facebookseite seine Fans auf, Vorschläge für das Design einer limitierten Edition des Spülmittels Pril zu machen. Favorit der Fangemeinde war das Motiv eines Grillhähnchens auf dem Etikett. Pril selbst fand daran anscheinend wenig Gefallen und entschied sich für ein anderes Design mit weniger Stimmen. Daraufhin kam es zu einem Aufschrei der Fans, der entsprechenden Widerhall in Massenmedien fand und so zu einem Image GAU für die Firma wurde.
Attacke auf KitKat
Greenpeace nahm sich Anfang 2010 Nestle als Angriffsziel, indem die Organisation darauf hinwies, dass bei der Palmöl-Produktion für KitKat Lebensräume von Orang-Utans zerstört würden und die Population der Primaten dadurch gefährdet sei.
Die Attacke wurde begleitet von ziemlich drastischen Videos und entsprechenden Postings auf der Facebookseite des Unternehmens.
Dass diese Kampagne zu einem Shitstorm wurde, lag unter anderem an Nestlé selbst und dem Versuch, die Diskussion künstlich zu unterdrücken. Das Abschalten der Facebookseite und das gerichtliche Vorgehens gegen das Video führten erst recht zu einem Aufschrei der Kritiker mit entsprechender Berichterstattung in allen großen Massenmedien.
Mammut und die CO2 Emissionen
Anfang März 2011 beschloss der Schweizer Ständerat, die C02-Emissionen der Schweiz nachhaltig zu senken. Der Wirtschaftsdachverband „Economiesuisse“ geht dagegen mit Kampagnen in Print und Web vor. Auf einer Liste dieses Lobbyverbandes tauchte u.a. der Outdooranbieter Mammut auf. Ein Mammut-Fan entdeckte dies und löste durch ein Posting auf der Mammut Facebookseite einen Sturm der Entrüstung aus, der sich durch eine anfangs unglückliche Reaktion von Mammut zu einem Shitstorm steigerte.
Eine kaputte Gitarre und die Folgen
Im März 2008 flog der amerikanische Country Sänger David Carroll mit seiner Band auf einer Tournee mit United Airlines von Halifax nach Omaha. Bei einer Zwischenlandung konnten er und die anderen Bandmitglieder sehen, wie ihre Gitarren vom Verladepersonal durch die Gegend geworfen wurden. Alle Versuche von Carroll mit Mitarbeitern von United Airlines über den Vorfall zu sprechen und auf die Zerstörung seines Eigentums hinzuweisen scheiterten, weil niemand sich zuständig fühlen wollte.
Nach neun Monaten vergeblicher Kundenbeschwerde veröffentlichte der Sänger das folgende Video das seitdem fast 13 Mio. mal angeschaut wurde. In der Folge berichtete dann u.a. das Fernsehen über die Geschichte. Angeblich soll sogar der Aktienkurs von United Airlines in Folge der Ereignisse an Wert verloren haben.
Die ganze Geschichte über die zerstörte Gitarre kann man auf der Webseite des Sängers nachlesen. Inzwischen hat er sogar ein Buch (United Breaks Guitars) über seine Erlebnisse mit schlechtem Kundenservice geschrieben und darin die neue Macht von Social Media als Waffe der Kunden sich zur Wehr als Thema gewählt.
Aufstand gegen die Bank of America
„Your are evil thieving bastards“ („Ihr seid eine üble Verbrecherbande“) sagt Ann Minch aus dem ländlichen Nord-Kalifornien, in ihrem Youtube-Video “Debtor`s Revolt Begins Now”.
Nach mehreren vergeblichen Versuchen sich direkt bei der Bank über zu hohe Kreditzinsen zu beschweren, startete sie im September 2009 mit diesem YouTube Video eine Schuldner Revolte gegen die Bank of America und andere Großbanken und entfachte damit einen Aufmerksamkeitssturm. Das Video verzeichnet fast 550.000 Zugriffe und große Medienaufmerksamkeit. Erst nachdem die öffentliche Diskussion eskalierte, reagierte BoA auf das Anliegen von Ann Minch.
Fazit
Die Liste ließe sich (beinahe) beliebig fortsetzen.
In den weitaus meisten Fällen lassen sich folgende grundlegende Ursachen von Shitstorms herauskristallisieren:
- Die betroffenen Unternehmen haben aufkommende Kritik ignoriert oder nicht ernst genommen (Bank of America, United Airlines).
- Die betroffenen Unternehmen waren sich der Folgen ihres Handels nicht bewusst und durch eigenes Fehlverhalten selbst Ursache (Pril, Mammut, Nestle)
- Die Unternehmen wurden gezielt angegriffen und haben durch falsche Reaktion eine Krise verschlimmert oder überhaupt erst herausbeschworen (Nestle)
Ausblick
Kommende Woche, im dritten Teil der Serie über Social Media Krisen, erhalten Sie zehn Tipps aus der Praxis, wie man erfolgreich einen Shitstorm lostreten kann.
Haben Sie bei den Beispielen den Wurstkrieg bei der ING DiBa vermisst? Diesen Shitstorm habe ich bewusst weggelassen, da im Rahmen der Serie noch ein Insider dazu ausführlich berichten wird. Es lohnt sich also dabei zu bleiben.
Ein Kommentar
Bemerkenswert finde ich daran, dass die Ur-Quelle eines Shitstorms offenbar mittlerweile entweder YouTube/Videos oder Facebook geworden ist. Vor ein paar Jahren waren es noch Blogs.