Zum Glück haben die Beteiligten rechtzeitig erkannt, dass eine Fusion zwischen Deutsche Bank und Commerzbank keinen Sinn macht. Doch wie geht es nun weiter?
Im Zuge der Finanzkrise machte sich Ernüchterung breit. Galt lange Zeit, dass Größe eine wichtige Erfolgsvoraussetzung im internationalen Bankgeschäft sei, so mutierte nun das „Too big to fail“ zum Schreckgespenst. Die Rettungsaktion für die Commerzbank zeigte die Ohnmacht des Staates mehr als deutlich. Mehr als zehn Jahr sind vergangen und die Aktien befinden sich (mit geringerem Wert) noch immer im Portfolio des Finanzministers. Der geneigte Steuerzahler stellt sich die Frage, wie es eigentlich die US-Regierung geschafft hat, ihre Banken in kürzester Zeit zu gesunden und die Beteiligungen gewinnbringend zu veräußern…
Nun träumte der Finanzminister wieder mal von einer großen deutschen Bank, die als globaler Champion und Speerspitze der Volkswirtschaft an frühere Erfolge anknüpfen und deutsche Unternehmen weltweit begleiten soll. Deutsche Bank und Commerzbank hätten dazu doch bitte ganz schnell fusionieren sollen und alles wäre besser geworden.
Ein (kurzer) Rückblick in die Geschichte der deutschen Bankfusionen
Politische Diskussionen um eine (größere) Deutsche Bank gab es in den vergangenen Jahrzehnten immer mal wieder. In den 90er Jahren wurde eine sinnvolle Fusion zwischen Deutsche Bank und der Bayerischen Vereinsbank im letzten Moment verhindert. Die Vorstände waren sich bereits einig, doch die (bayerische) Politik wollte lieber mit der Bayerischen Hypo- und Vereinsbank einen lokalen weiß-blauen Champion schaffen. Das Ergebnis ist bekannt. Inzwischen ist das Institut nicht mehr bayerisch sondern italienisch beherrscht. Dass dieses Fiasko die bayerische Staatsregierung nicht davon abhielt, 2007 mit der Hypo Alpe Adria noch einmal das teure Bankenfusions-Monopoly zu spielen, sei nur am Rande vermerkt.
2001 platzte im letzten Augenblick die – öffentlich schon perfekt geglaubte – Fusion zwischen Deutsche Bank und Dresdner Bank. Angeblich, weil von Seiten der Deutschen Bank das Versprechen einer Fusion auf Augenhöhe gebrochen wurde. In zahlreichen grünen Filialen soll es daraufhin Jubelfeiern gegeben haben. Die folgende Übernahme durch die Allianz, die anschließende massive Kapitalvernichtung und der Verkauf an die Commerzbank im verflixten siebten Jahr danach zeigte aber einmal mehr, dass durchaus alles schlimmer kommen kann als zuvor gedacht.
Die Deutsche Bank blieb weiterhin solo. Angeblich ließ sich Josef Ackermann von Angela Merkel dazu überreden, 2006 erst die Berliner Bank und 2008 die Postbank zu übernehmen, um bösen ausländischen Instituten zuvorzukommen. Vor allem die Postbank hat die Deutsche Bank in der Folge viel Geld gekostet und strategisch (bislang) nicht wirklich erkennbar vorangebracht.
Nun sollte es also die Übernahme der Commerzbank richten…
10 Gründe, warum die Fusion zur Deutschen Commerzbank gescheitert ist
Es fand sich allerdings eine Vielzahl von Argumenten, die gegen eine Fusion zwischen Deutsche Bank und Commerzbank sprechen, u.a. die folgenden:
- Minus plus Minus ergibt auch in der Mathematik immer noch Minus. Beide Banken haben derzeit genug mit vorhandenen eigenen Problemen zu kämpfen, die durch ein Zusammengehen nicht gelöst würden.
- Die Zeiten, in denen schiere Größe über den Erfolg einer Bank entscheidet sind lange vorbei. Ertragskraft ist das Gebot der Stunde und daran kranken beide Institute.
- Weder bei den Privat- noch bei den Firmenkunden beider Banken bestand Bedarf nach einer fusionierten Bank.
- Von Anfang an fehlte eine nachvollziehbare Strategie als Fusionsgrundlage. „Welches Problem soll hier gelöst werden?“ fragte sich z.B. Philipp Hildebrand von Blackrock.
- Eine Fusion hätte eine Fülle von rechtlichen und organisatorischen Herausforderungen mit sich gebracht, welche die Aufmerksamkeit des Managements für Jahre vom Markt abgelenkt und zur „Mit-sich-selbst-Beschäftigung“ geführt hätte. Hauptprofiteuer wären alte und neue Wettbewerber gewesen, die versuchen, im deutschen Markt Fuß zu fassen.
- Die für das Gelingen der Fusion notwendigen Management- und Personalkapazitäten wären kaum vorhanden respektive teuer im Einkauf gewesen.
- Eine Fusion hätte zu einem erheblichen Abbau von Arbeitsplätzen geführt, , um überhaupt Synergien zu realisieren. Dieser wäre erstens teuer und zweitens aufgrund der erheblichen internen und externen Widerstände vermutlich nicht im notwendigen Umfang zu realisieren gewesen.
- In den beiden Banken gab es erhebliche Widerstände gegen die Fusion. Ein Blick in die Nachrichten der letzten Wochen zeigt übereinstimmend viel Skepsis ob des Gelingens einer möglichen „Deutsche Commerzbank“. Übereinstimmend haben sich sowohl Mitarbeiter beider Institute als auch Aktionäre und Kunden kritisch bis ablehnend geäußert. Zwar lautet eine alte Beraterweisheit, dass man nicht die Löwen fragen sollte, wie hoch der Käfig um sie herum gebaut werden solle, doch das Megaprojekt hätte sich kaum gegen diesen breiten Widerstand durchboxen lassen. Auch der kulturelle Fit war wohl nicht vorhanden.
- Die Mär vom weißen Ritter: Um den Druck auf die Deutsche Bank noch zu steigern, tauchten am Horizont mit UniCredit und ING plötzlich zwei weitere Institute aus dem Nichts auf, die – allerdings wenig konkret – anbieten, die Commerzbank zu übernehmen. Der eine hat kein Geld und beim anderen stellt sich die Frage, wie dies in die bisher so vehement vertretene deutsche Direktbankenstrategie passen würde. Wetten, dass da nichts mehr kommen wird…
- Die Deutsche Bank wollte das Finanzministerium wohl kaum im Aufsichtsrat sitzen haben. Das wäre aber wahrscheinlich gewesen, da der Bund die Aktien nicht verkauft, sondern – aus Gründen der Verlustvermeidung – weiter gehalten hätte.
Wer wollte eigentlich die Fusion? Von außen erkennbar vor allem der Finanzminister und sein Staatssekretär. Ersterer wollte wohl endlich seine Commerzbankaktien loswerden, letzterer war mal für Goldman Sachs tätig. Einige mögen sich erinnern, dass auch der US-Finanzminister der Lehman Brothers fallen ließ ein ehemaliger Goldman war. Und tatsächlich sah Goldman Sachs als einer der wenigen am Markt „gute Gründe“ für eine Fusion. Angeblich ließ sich die Commerzbank bei den Fusionsgesprächen von Goldman Sachs beraten.
Ein Schelm, der bei all dem Böses denkt…
Zum Glück haben die vielen Argumente gegen eine Fusion obsiegt und beide Banken die Gespräche für beendet erklärt. Damit stellt sich die Frage, ob ihnen nun der beschworene Untergang droht oder ob es doch noch eine Zukunft für sie geben wird.
Das Märchen von der Alternativlosigkeit – Wie geht es weiter?
„Wenn nicht jetzt, wann dann?“, warfen einige ins Feld. Andere meinten „dies sei die letzte Chance“ oder eine „Option, die es so nicht mehr geben wird“. Was passiert also jetzt?
Die Commerzbank kann nun entweder ihren strategischen Umbau fortsetzen oder alternativ auf die oben genannten (oder noch kommenden) weißen Rittern Ausschau halten.
Glaubt man den öffentlichen Verlautbarungen, wird es für die Deutsche Bank nicht ganz so einfach. Doch auch für sie ergeben sich vielfältige Optionen.
Die dringend benötigten strukturellen Kostensenkungen ließen sich auch ohne Fusion realisieren. Gemeinsame IT- und Back Office Dienstleister der Banken (auch gruppenübergreifend) wären hierfür ein denkbarer Weg. Man müsste halt mal über vorhandene eigene Schatten springen und das hohe Potential von strategischen Kooperationen ausnutzen. Die möglichen Effekte wären bei einer Vollfusion nicht wirklich größer gewesen.
Gleiches trifft prinzipiell auch auf einige Geschäftssparten zu. Die Deutsche Bank denkt bereits darüber nach, mit der UBS zusammenzuarbeiten. Vermutlich „nur“ beim Asset Management, also der DWS. Die Schweizer hatten bereits vor einigen Wochen mögliche Fusionen mit anderen Großbanken kategorisch ausgeschlossen. Sollte sich das Verhältnis der Marktkapitalisierungen allerdings von derzeit 3:1 angleichen, könnte dies in Zukunft eine Option darstellen.
Aber es gibt noch andere Möglichkeiten. Wie wäre z.B. folgende Rechnung: Eine Übernahme der Commerzbankaktien hätte die Deutsche Bank rund 10 Mrd. Euro gekostet (ohne die Berücksichtigung alternativer Möglichkeiten, wie z.B. eines Aktientauschs und ohne die Einpreisung des Bad Wills). Ganz grob geschätzt wären dann nochmal mindestens 10 bis 20 Mrd. Euro in den Fusionsprozess zu investieren gewesen.
Mit 10 Mrd. Euro könnte man der UniCredit ein Angebot zur Übernahme der HypoVereinsbank unterbreiten. Die würde vom Kunden- und Geschäftsprofil wesentlich besser zur Deutschen Bank passen als die Commerzbank. Wetten, dass die UniCredit bei diesem Preis verkaufen würde…
Und falls die Politik jetzt eine andere Spielwiese im Finanzbereich sucht: Herr Schleweis könnte dringend Unterstützung gebrauchen, die Konsolidierung zunächst der Landesbanken, dann der Bausparkassen und Versicherungen und anschließend vielleicht noch die der Primärinstitute voranzutreiben. Schaut man mal ins europäische Ausland, so sehen die Sparkassenorganisationen dort deutlich anders als bei uns aus…