Bargeld oder Mobile Payment? Wie wird im Jahr 2035 bezahlt und gibt es den Euro noch? Was wurde aus den Themen FinTech und Blockchain? Und wie legen Menschen ihr Geld an? Um diese und weitere Fragen geht es im Ausblick auf Geld und Zahlungen im Jahr 2035.

Finanzdienstleistungen im Jahr 2035

Auf der Suche nach der Finanzdienstleistung der Zukunft
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Wir wollen uns im Folgenden aufs Banking konzentrieren. Versicherungen sind auch in 2035 noch eine eigene Branche. Auch sonst hat sich in 2035 nicht alles geändert, aber doch weiterentwickelt:

Die Dinge bezahlten selbst!

Natürlich zahlen die Dinge selbst. Das Auto zahlt seinen Tiefgaragenplatz und seine Strom- oder Wasserstoffrechnung, nachdem es die Fahrgäste an der Haustür abgesetzt und dann selbständig seinen Weg gefunden hat. Die Kfz-Steuer wird seit fünf Jahren über Road Pricing erhoben; der Streit „Seehofer vs. EU“ um die Ausländer-Maut ist Geschichte. Übrigens: Wer den Autopiloten auf der Autobahn auf FD („faster drive“) oder gar auf LLO („left lane only“) gestellt hat, zahlt einen 50%- bzw. 100%-Aufpreis. Der Kühlschrank bestellt und zahlt die Milch, die dann von „Mississippi S.E.“ (einer DHL-Tochter) geliefert wird. Allerdings nicht von Drohnen, denn der BGH hat in Anlehnung an das Juchtenkäfer-Urteil von Stuttgart-21 entschieden, dass Drohnen weder Tauben noch Falken, auch keine Fledermäuse oder Glühwürmchen belästigt dürfen.

Payment-Anbieter im Jahr 2035

Alipay ist zum weltweit führenden Retail-Zahlungssystem geworden. Der Konzern MaVision, 2023 aus der Fusion von Mastercard und Visa entstanden, leistet aber nachhaltig Widerstand; dabei spielt seine Tochter PayPal eine wichtige Rolle. Paydirect wurde 2018 auf Initiative großer europäischer Kunden aus „Paydirekt“ weiterentwickelt und hat sich in Europa recht gut etablieren können, da es als besonders sicher und zuverlässig gilt. Allerdings musste auch der Slogan „Sekurity made in Germany“ auf „Security …“ umgestellt werden.

Verbraucherschutz kämpft gegen Überschuldung

Aber ein neues soziales Problem ist entstanden: Seit das Zahlen so einfach ist, ja unmerklich nebenbei passiert, ist die Zahl überschuldeter Haushalte explodiert. Deshalb gibt es seit 2027 einen Pay-Blocker, in Anlehnung an den Ad-Blocker aus früheren Zeiten. Er greift jeweils in Realzeit auf die Gesamt-Finanzsituation des Haushalts zu und sendet das Signal „Kaufen erlaubt“ oder „Kaufen nicht erlaubt“. Vor Einführung des „Gesetzes zur verbrauchergerechten Begrenzung von Käufen mit elektronischen Währungen“ waren die Auseinandersetzungen im Bundestag hart. Dazu Alt-Bundeskanzler Cem Özdemir kürzlich in einem Interview: „Hier musste Verbraucherschutz Vorrang haben vor der Freiheit des Einzelnen, und in diesem Fall erfüllt Massendatenspeicherung einen guten Zweck“.

Bargeld lacht noch immer

Die Digitalisierung im Zahlungsverkehr führte zu Gegenbewegungen, so zur Bürgerinitiative B-i-K („Bar ist Klar“). Wer glaubt, dass Bargeld abgeschafft ist, der irrt also. Zwar hat sich der Anteil gegenüber 2015 halbiert, aber noch immer laufen über 40% aller Zahlungen mit 20% des Gesamtvolumens bar. „Schwedische Verhältnisse“ – unser nördlicher Nachbar hatte 2029 das Bargeld abgeschafft – gibt es noch lange nicht. Immerhin ist der größte Schein inzwischen die 50 Euro-Note; Zahlungen über 500 Euro müssen bargeldlos erfolgen.

Bargeld lacht sagt der Volksmund. Auch in Zukunft?
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Was wurde eigentlich aus Blockchain?

Übrigens hat die Blockchain-Technologie zwar in vielen Bereichen attraktive Lösungen hervorgebracht, nicht aber im Massenzahlungsverkehr. Denn die Performance-Probleme konnten erst vor wenigen Jahren so weit gelöst werden, dass das Volumen nun endlich zu bewältigen wäre.

Zu den für Blockchain eher geeigneten Interbanken-Zahlungen: Swift ist inzwischen ein rein US-amerikanischer Konzern. Die Nicht-US-Eigentümer konnten die Strafzahlungen nicht verkraften, die ihnen von der US-Gerichtsbarkeit wegen vermuteter Embargo-Verletzungen nach US-Gesetz gedroht hätten, und stimmten dem Verkauf ihrer Anteile an US-Banken zu. Aber Swift hat Konkurrenz durch das russisch-chinesische Clearing-Netz „Newo“ bekommen. Präsident Putin, mit seinen 83 Jahren weiterhin geistig und körperlich fit, sagt dazu im Sommer-Interview inmitten einer Gruppe von Freeglidern: „Gerade habe ich die grenzenlose Freiheit über den Wolken erlebt – in der Wirtschaft brauchen wir die gleiche grenzenlose Freiheit vor den amerikanischen Finanzaggressoren“.

Geldanlagen im Jahr 2035

Nachdem die USA bis 2022 erfolgreich alle Steueroasen außerhalb der US-Grenzen ausgetrocknet haben, strömt das Geld der Welt verstärkt nach Delaware und Wyoming, Nevada und South Dakota. US-Präsident Leonardo DiCaprio warb erst kürzlich wieder vor der UN-Vollversammlung für diesen „world freedom trail for money“. Damit konnten die USA die führende Rolle des Dollars verteidigen und die inhärente Exportschwäche durch Kapitalzuflüsse gut kompensieren. TTIP-2 war bekanntlich in 2023, TTIP-3 in 2032 gescheitert.

Wohin fließt das Anlagekapital in Deutschland? In der Negativ-Zinsperiode von 2016 bis 2023 wurden Hunderte von Milliarden Euro bar gehortet. Die Bundesbank war gerne bereit – auch um ein Zeichen gegenüber der EZB zu setzen – ihre LZB-Standorte mit den riesigen Tresoranlagen an Sparkassen und Genossenschaftsbanken zu vermieten. Privat- und Firmenkunden, die bisher Sparkonten hielten, deponierten Bargeld in den Banktresoren der Filialen. In vielen Filialen entstandene sogar neue Tresoranlagen; dies schuf eine Atempause beim Filialabbau und einen Boom im Sicherheitsgewerbe. Die EZB versuchte, mit dem Verbot der 200-Euro-Note und später der 100-Euro-Note dagegen zu halten, was aber nur zur Vergrößerung der Tresore führte. Der Versuch, private Tresore über einer bestimmten Größe zu verbieten, scheiterte.

FinTech ist Geschichte

Die FinTech-Welle von 2013 bis 2018 ist schon lange Geschichte. Der FinTech Curro und zwei Konkurrenten haben mit ETF-basierten Anlagen einen ernst zu nehmenden Marktanteil aufgebaut. Aber die Banken konnten durch Übernahme attraktiver digitaler Frontends den überwiegenden Teil des Geschäfts verteidigen. Der Traum der modular zusammengesetzten Finanzdienstleistungen mit einem Frontend-Integrator am Kunden wurde für viele zum Alptraum, als zwei solche FinTech-Integratoren zusammenbrachen.

Wer gewinnt den Wettlauf um die Gunst der Bankkunden?
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Aber ETFs dominieren inzwischen das Neugeschäft; das Volumen aktiv gemanagter Fonds ist kontinuierlich zurückgegangen. So hat die FinTech-Welle zwar nur wenige überlebende FinTechs hinterlassen, aber allen Akteuren ein nachhaltig gesenktes Ertragsniveau beschert, insbesondere den etablierten Banken. Dies beschleunigte den Erosionsprozess der Banken weiter, mit Halbierung der Mitarbeiterzahl zwischen 2015 und 2035. Am Ende, so zeigt der Bundesbank-Bericht von Ende 2034, hat – trotz des zwischenzeitlichen Tresorausbaus – nur jede vierte Filiale überlebt.

Roboter haben die Anlageberatung übernommen

Selbstberatung ist für Anlagevolumen bis 50.000 Euro die Regel, gefördert durch das seit 2030 obligatorische Schulfach „Finanz-Management“. Viele arbeitslose Banker haben zu Wirtschaftskunde-Lehrern umgeschult. Kunden sind zunehmend bereit, ihre Daten den Anlage-Robotern zur Verfügung zu stellen. Das liegt auch daran, dass Europa im Datenschutz einen Gegenpol zu den USA aufgebaut hat: Persönliche Daten sind geschützt und werden nur im Rahmen des Permission Marketing zeitlich und nach Zweck begrenzt zur Verfügung gestellt. Dabei leisten Technologien wie Blockchain hervorragende Dienste. Dieses Gegenmodell hat zu einer Erosion bei Google und Facebook außerhalb der USA geführt; auch der Merger zum neuen Konzern „Alphaface“ konnte daran nichts ändern.

Ausgewählte internationale Trends bis 2035

Noch ein paar Worte zu anderen internationalen Entwicklung der letzten 20 Jahre:

China hat seit 2024 einige heftige Rückschläge erlitten, da es seine Infrastruktur nicht in den Griff bekam. Nur ein Beispiel: Chongqing, in 2015 größte Bevölkerungs-Agglomeration der Welt mit weit über 30 Millionen Einwohnern, ist durch die Auswirkungen der Luftverschmutzung auf zwei Drittel der Bevölkerungszahl zurückgefallen. Aber 65 Millionen Bürger der neuen chinesischen Mittelklasse haben inzwischen Zweitsitze in Melbourne und Manila, Vancouver und Miami, London, Frankfurt und Marrakesch und fühlen sich dort gut aufgehoben.

Die Immobilienpreise in stabilen Rechtsräumen sind global weiter rasant gestiegen, trotz der permanenten Blasen-Warnungen der Zentralbanken. Diese Warnungen haben klar unterschätzt, wie wichtig vielen Menschen eine Rückzugsmöglichkeit in einen stabilen Rechtsraum ist. Der Bedarf an Immobilienfinanzierungen bleibt in Europa enorm, nicht zuletzt durch die Folgewirkungen der 21 Millionen Flüchtlinge, die seit 2015 in den Kontinent geströmt sind. Bei der EZB ist eine Lastenausgleichsbank entstanden, die einen „Burden Sharing Fund“ etabliert hat und Zahlungen an Länder leistet, die überdurchschnittlich viele Flüchtlinge aufnehmen.

Europa lebt

Europa hat sich trotz vieler Schwierigkeiten nicht schlecht geschlagen. Der N-Euro ist inzwischen deutlich gestärkt, nachdem die Niedrigzinsphase 2023 zu Ende gegangen ist. Der S-Euro tut sich nach wie vor etwas schwerer. Sollten Sie sich nicht erinnern: Man musste für die Süd-Länder einen modifizierten Süd-Euro einführen, da die europäischen Politiker sich nicht auf eine gemeinsame, zielorientierten Fiskal- und Arbeitsmarktpolitik einigen konnten. Andererseits hat Großbritannien nach der 2016er Brexit-Entscheidung die Abspaltung von Schottland und Nordirland nur dadurch verhindert, dass es in 2022 eine Pendelbewegung zurück in die EU vollzog. Das Land hat später sogar den N-Euro als Parallelwährung zum englischen Pfund akzeptiert. Die große Pfundkrise von 2027 – kurz nachdem Thronfolger Charles die Regentschaft vorzeitig auf seinen Sohn William übertragen hatte – wird als entscheidender Auslöser angesehen. Das Sondergesetz zur Parallelwährung wurde nach Verabschiedung im Europäischen Parlament von Martin Schulz, dem erstmalig in 2028 gewählten europäischen Kanzler unterzeichnet.


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