Generative KI als Kostensenker im Asset Management

Vier wesentliche Hürden behindern die Umsetzung

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Vermögensverwalter können mit Generative KI ihre Kosten senken. Aufgrund verschiedener Faktoren sind dem Einsatz von GenKI im Asset Management jedoch enge Grenzen gesetzt. Konkret behindern vier Faktoren eine erfolgreiche Umsetzung.

Generative Künstliche Intelligenz im Asset Management

Einsatz von Generativer Künstliche Intelligenz im Asset Management.

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Durch die Flaute an den globalen Aktienmärkten im Jahr 2022 gerieten nahezu alle Vermögensverwalter erheblich unter Druck. Laut einer Studie von Strategy&, der Strategieberatung von PwC, fielen die verwalteten Vermögen (Assets under Management, AuM) weltweit um durchschnittlich elf Prozent. Der Umsatz der Branche ging um 15 Prozent zurück, die Gewinne um 16 Prozent. Gleichzeitig stiegen die Kosten aufgrund von Lohndruck, regulatorischen Anforderungen sowie Investitionen in Zukunftstechnologien. Seit der Erholung des Aktienmarktes im ersten Quartal 2023 haben die verwalteten Vermögen und Umsätze zwar wieder zugenommen. Richtig erholt hat sich die Branche jedoch noch nicht.

Viele Vermögensverwalter setzen daher auf Sparmaßnahmen wie Personalrückbau oder Outsourcing. Weiteres Potenzial sehen die Studienautoren in einer Verschlankung des Portfolios und der IT-Strukturen sowie in der Senkung der Immobilienkosten durch hybride Arbeitsmodelle.

Einsparpotenziale durch Generative KI im Asset Management

Auch der Einsatz von generativer KI kann Asset Managern helfen, ihre Kosten zu senken – laut der Studie um fünf Prozent bis 15 Prozent. Für deutsche Vermögensverwalter bedeutet das: Sie könnten zwischen 433 Millionen und 1,9 Millarden Euro pro Jahr einsparen – vor allem in den Bereichen Sales und Operations (jeweils 10 bis 15 Prozent), gefolgt von Portfolio- und Business-Management (5 bis 10 Prozent) sowie IT (5 bis 15 Prozent). Viele Vermögensverwalter nutzen zudem LLMs (Large Language Models), um personalisierte Investitionsempfehlungen aus Kundendaten abzuleiten, einfache Beratungsleistungen per Chatbots anzubieten oder um Medienberichte und Social-Media-Beiträge auszuwerten.

Das klingt nach einem guten Plan. Bei genauerem Hinsehen wird jedoch klar, wie schwer der Einsatz von generativer KI im Asset Management in der Europäischen Union ist und welche Hindernisse bei Aufsichtsbehörden, Regierungen und Kunden noch zu überwinden sind. Zum jetzigen Zeitpunkt erscheint die Verwendung von generativer KI daher als äußerst mühsamer Marsch durch die Instanzen.

Vier Hürden für die Umsetzung von GenKI

Dafür gibt es vier wesentliche Gründe:

  1. Die Einführung von Generative KI ist aufwändig;
  2. Die Aufsichtsbehörden haben Bedenken gegenüber generativer KI;
  3. Haftungsfragen bei Fehlern der KI sind ungeklärt;
  4. Erst mit Retrieval Augmented Generation wird der Durchbruch gelingen.

1. Die Einführung von Generative KI ist aufwändig

Um generative KI so umfassend und nachhaltig einzuführen, dass sie die oben genannten Effizienzvorteile bringt, gibt es einiges zu tun. Die Vermögensverwalter müssen zunächst eine solide, verlässliche und strukturierte Datenbasis schaffen, Vektordatenbanken aufbauen und die Daten anschließend migrieren. Sie müssen also bestehende Datensilos abbauen und in eine einheitliche Dateninfrastruktur investieren. Zudem müssen sie ihre Mitarbeiter entsprechend schulen oder Fachkräfte neu einstellen.

All das kostet erst einmal viel Zeit – und Geld. Und das ist in der Regel nicht vorhanden. Denn der CIO einer Bank ist üblicherweise nur ein paar Jahre im Unternehmen, er braucht schnelle Erfolge, und dazu zählen zurzeit vor allem Einsparmaßnahmen. Die Einführung einer komplett neuen Technologie passt nur selten zu seinen Zielen.

2. Die Aufsichtsbehörden haben Bedenken gegenüber generativer KI

Generative KI in der Finanzbranche gilt aus Sicht der Aufsichtsbehörden grundsätzlich als problematisch, da die Technologie wenig Transparenz für den Kunden bietet und fehleranfällig ist. LLMs wie ChatGPT präsentieren immer wieder sogenannte Halluzinationen – also überzeugend klingende Informationen, die komplett erfunden sind. Hinzu kommt das Risiko der Diskriminierung bestimmter Personengruppen – etwa bei der Kreditvergabe.

Viele dieser Bedenken werden im AI Act der Europäischen Union adressiert. Die darin geforderten Ziele, wie beispielsweise hohe Transparenz und robuste Beschaffenheit von KI-Systemen, sollen diese Probleme verhindern oder zumindest deren Auswirkungen eingrenzen. Es steht allerdings zu vermuten, dass diese Regelungen noch für reichlich Diskussionsstoff und rechtliche Unsicherheiten sorgen werden. Es dürfte daher noch einige Zeit ins Land gehen, bis es hier in der EU eine KI-gestützte oder gar KI-initiierte Anlageberatung gibt.

3. Haftungsfragen bei Fehlern der KI sind ungeklärt

Fehler und Halluzinationen durch LLMs sind im gesamten Finanzbereich ein enormes Risiko, vor allem aber bei der KI-gestützten Anlageberatung. Beschwerden des Kunden, ihm sei die falsche Anlage empfohlen worden, werfen Haftungsfragen auf, die bislang nicht hinreichend geklärt sind: Wer kommt für das Geld auf, das der Kunde durch die KI-gestützte Empfehlung verloren hat – etwa weil das LLM der Bank halluziniert hat?

In den meisten Gesetzesvorlagen, so auch in der KI-Haftungsrichtline, die in diesem Jahr in Kraft treten soll, wird hier der Anbieter in die Pflicht genommen. Auch wegen dieser schwierigen Rechtslage stehen sowohl die Vermögensverwalter als auch die Aufsichtsbehörden dem Thema Gen AI berechtigterweise noch sehr skeptisch gegenüber.

4. Erst mit Retrieval Augmented Generation wird der Durchbruch gelingen

Es ist zwar praktisch, repetitive und standardisierte Aufgaben an die KI zu übergeben. Wirklich spannende Use Cases sind aber erst mit dem nächsten Technologiesprung zu erwarten – Stichwort Retrieval Augmented Generation (RAG). Das Internet mithilfe von Gen AI zu befragen, ist zwar komfortabler und schneller als die Ergebnisse selbst zu googeln. Richtig interessant und hilfreich wird der Einsatz aber erst dann, wenn Unternehmen auf ihre eigenen Daten zugreifen und individuelle Abfragemodelle nutzen können.

Vermögensverwalter wären damit zu fundierten Analysen auf der Grundlage ihrer eigenen historischen Datenbasis in der Lage. Ein möglicher Use Case wäre zum Beispiel, dass ein Asset Manager herausfinden will, welche Kunden zwischen 30 und 40 Jahren in den letzten zwölf Monaten weniger als den Durchschnitt in einen Rentensparplan eingezahlt haben. Dies könnte dann analog Chat GPT komfortabel von Mitarbeitern per Spracheingabe in Erfahrung gebracht werden – ohne auf SQL-Abfragen oder Ähnliches zurückgreifen zu müssen. RAG steckt noch in den Kinderschuhen. Aber sobald die Technologie ausgereift ist, werden Unternehmen und Banken deutlich davon profitieren.

Einsatz von GenKI bleibt Herausforderung

Auch wenn generative KI in der Vermögensverwaltung Einsparpotenziale bietet, ist ihr Einsatz in vielen Bereichen noch mit großen Herausforderungen verbunden. Und aufgrund ihrer Neigung zu Halluzinationen, ungeklärten Haftungsfragen und Compliance-Risiken wird es noch eine ganze Weile dauern, bis eine rein auf generative KI basierende Anlageberatung in der EU möglich ist.

Über den Autor

Tom Hartung

Tom Hartung ist Experte für Financial Services bei InterSystems und verfügt über 25 Jahre Erfahrung im Finanzdienstleistungsumfeld – darunter im Risikomanagement und Treasury von Banken sowie im Vertrieb von Technologie-Lösungen für Finanzinstitute. Zuvor war er unter anderem bei Thomson Reuters, Finastra und der PPI AG beschäftigt.

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